# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Guatemala: Das größere Übel | |
> Alejandro Giammattei heißt der neue Präsident Guatemalas. Der | |
> Rechtskonservative ist für die Wiedereinführung der Todesstrafe. | |
Bild: Der neue Präsident Alejandro Giammattei steht für eine rigide Sicherhei… | |
Hamburg taz | Viel Hoffnung, dass das vermeintlich kleinere Übel [1][die | |
Präsidentschaftswahl] gewinnen würde, hatte kaum jemand in Guatemala-Stadt. | |
Der Vorsprung von Alejandro Giammattei in den Umfragen war zuletzt auf rund | |
20 Prozentpunkte angewachsen. Auf rund 58 Prozent der Stimmen kam der | |
ultrakonservative Kandidat, der in den Wochen vor der Wahl nicht davor | |
zurückgeschreckt hatte, seine Gegenkandidatin Sandra Torres als Kommunistin | |
zu titulieren. | |
Torres werde das mittelamerikanische Land ins Chaos stürzen. „Ein Kniff, | |
der in der Linken des Landes zwar nur ein müdes Lachen ausgelöst hat, aber | |
in den Armenvierteln der großen Städte verfing“, meint der Dokumentarfilmer | |
Sergio Valdes Pedroni. | |
In den Städten hat Torres, Kandidatin der einst sozialdemokratisch | |
orientierten Nationalen Einheit der Hoffnung (UNE), die | |
Präsidentschaftswahl verloren. Dort konnte sie wie schon 2015 nicht | |
punkten. Auf dem Land genießt die ehemalige Frau von [2][Ex-Präsident | |
Álvaro Colom (2008–2012)] dank der von ihr verantworteten Sozialprogramme | |
hingegen einen guten Ruf. Hilfen für die arme Bevölkerungsmehrheit hatte | |
sie in ihrem Wahlprogramm denn auch ganz oben angesiedelt. Geschadet haben | |
ihr die Ermittlungen gegen ihre Partei wegen illegaler Parteienfinanzierung | |
und deren stillschweigende Unterstützung im Parlament für die Regierung des | |
noch bis Januar amtierenden Jimmy Morales. | |
„Sandra Torres zählt de facto zum Pakt der Korrupten, der Allianz von | |
Militärs, konservativen Unternehmern und Politikern [3][hinter Jimmy | |
Morales], und für das politische Establishment. Genau das wollten die | |
Wähler abwählen und haben wie 2015 auf den konservativen Kandidaten | |
gesetzt“, so Michael Mörth. Für den deutschen Juristen, der seit Mitte der | |
1990er in Guatemala lebt und eine Menschenrechtskanzlei berät, ist | |
Alejandro Giammattei das größere Übel. | |
## Versprechen von Wirtschaft und Todesstrafe | |
Der 63-Jährige, der im kommenden Januar in den Präsidentenpalast einziehen | |
wird, kandidierte bereits zum vierten Mal für die Präsidentschaft, diesmal | |
für die neugegründete Partei Vamos. Er versprach, die Wirtschaft des | |
größten mittelamerikanischen Landes anzukurbeln. Dabei setzt er auf | |
internationale Investitionen. Neue Konzessionen für den Bergbau und die | |
Energiegewinnung sollen ausgegeben werden sollen. | |
Zudem steht Giammattei für eine rigide Sicherheitspolitik. Als ehemaliger | |
Direktor der Gefängnisverwaltung hat er einschlägige Erfahrungen: Wegen der | |
blutigen Niederschlagung eines Aufstandes in der berüchtigten Pavón | |
Justizanstalt 2007 saß er in Untersuchungshaft. Zwölf Tote hatte es damals | |
gegeben, die Gerichte sprachen Giammattei schließlich frei. | |
An seinem repressiven Sicherheitsansatz hat das nichts geändert, wie sein | |
Wahlkampf und seine guten Kontakte zu den Militärs zeigen. Die Todesstrafe | |
will er laut Wahlprogramm wieder einführen und die extrem gewalttätigen | |
Banden in Guatemala, die Maras, wie „Terroristen“ behandeln. Dafür sollen | |
Militärs und Polizei mit mehr Mitteln ausgestattet werden. | |
Allerdings hat Giammattei im Anschluss an seine Wahl auch mit kritischen | |
Aussagen zum [4][Migrationsabkommen mit den USA] überrascht. „Wenn wir | |
nicht die Kapazitäten haben, für unsere eigene Bevölkerung zu sorgen, | |
stellen Sie sich vor, wie das für Ausländer sein wird“, erklärte er. Mit | |
bis zu 250.000 Flüchtlingen aus Honduras und El Salvador rechnen | |
Migrationsexperten wie Danilo Rivera. | |
Es ist unstrittig, dass Guatemala weder über Unterbringungsmöglichkeiten | |
noch über Mittel für deren Versorgung verfügt. „Davon haben sich gerade | |
Nancy Pelosi und Norma Torres aus dem US-Repräsentantenhaus vor Ort | |
überzeugt. Von ihnen erhoffe ich mir Initiativen zur Änderung des | |
Abkommens, denn Giammattei wird sich kaum mit Donald Trump anlegen“, meint | |
Rivera. Für ihn steht der neue Mann im Präsidentenpalast für die | |
Fortsetzung der konservativen, auf Vetternwirtschaft basierenden Politik | |
der Eliten. | |
12 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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