| # taz.de -- Kolumne Eier: Patriarchat smashen für die Umwelt | |
| > US-Forscherinnen untersuchen umweltfreundliches Verhalten und dessen | |
| > Genderkonformität. Das Ergebnis ist so überraschend wie trügerisch. | |
| Bild: Männer kümmern sich gern um Reifen – auch für die Umwelt! | |
| Hand heben: Wer trägt Greta [1][Thunberg] im Herzen und hat auf eine | |
| Flugreise verzichtet? Einen fleischlosen Monat ausgerufen? Ist zu einer | |
| Fridays-Demo gegangen? Ich weiß, wir sind eigentlich ja alle | |
| ultraklimabewusst, aber Bahn fahren, da verliert man einen Tag Urlaub, und | |
| immer nur Bulgurbowls essen … Sie kennen das, alle diese Gründe, warum man | |
| nicht einfach umsteigt auf ein Verhalten, mit dem wir dieses Jahrhundert | |
| überleben. Alles echt schwierig. Zusätzlich hat eine Gruppe | |
| Wissenschaftlerinnen aus den USA eine weitere Klimaschutzbremse gefunden. | |
| Sie ahnen es: Männlichkeit. | |
| In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals „Sex Roles“ steht ein | |
| Paper von Forscherinnen des Penn-State-Psychologieinstituts über | |
| umweltfreundliches Verhalten und dessen Genderkonformität. Die Studie ist | |
| interessant, denn zwar ermittelt sie das Offensichtliche, nämlich dass es | |
| starke Männlich-weiblich-Assoziationen mit Umweltschutz gibt. Aber sie tut | |
| es eben auch genau zur richtigen Zeit. Sie wissen schon, diese | |
| Klimaproteste, die überwiegend von jungen Frauen besucht werden und an | |
| deren Spitze junge Frauen [2][stehen]. | |
| Die Autorinnen stellen zunächst in einem absurden Versuchsaufbau fest, dass | |
| Umweltschutz gegendert ist: Den Reifendruck am Auto regelmäßig checken ist | |
| männlich, Wäsche aufhängen statt in den Trockner werfen weiblich. Sie | |
| erzählten ihren Testpersonen Geschichten über ausgedachte Frauen und | |
| Männer, die dies und jenes tun, um die Umwelt zu schonen. Im Anschluss | |
| mussten die Testpersonen die sexuelle Orientierung dieser erfundenen | |
| Figuren erraten. | |
| So kam auf unnötig komplizierte Weise heraus: Sorge ums Klima, um die Natur | |
| wird als etwas Weibliches gesehen, im Patriarchat ist das ganze Thema | |
| abgewertet. Irrational, sentimental, bisschen hysterisch, diese | |
| Klimaleute. Und selbst wenn man das Problem erkennt, muss man es durch | |
| technischen Fortschritt lösen (m) statt durch umsichtiges Haushalten (w). | |
| Auf keinen Fall darf man das [3][Autofahren] und [4][Fleischessen] | |
| einschränken! | |
| ## Und Onkel Manfred? | |
| Ich mache mich zwar lustig über die US-Forscherinnen, weil sie Testsubjekte | |
| mit Fragen verwirren, um rauszukriegen, wozu man auch Onkel Manfred ein | |
| Faltrad und Salat mit Mungbohnensprossen in die Hand hätte drücken können. | |
| Dennoch ist das Forschung an der richtigen Stelle. Natur gilt als | |
| Frauensache (zumindest heute), darum wird Umweltpolitik depriorisiert als | |
| Nebensache, um die sich Frauen kümmern sollen und deren Auswirkungen Frauen | |
| als Erste zu spüren kriegen. Wenn man also fragt: Wie machen wir | |
| Umweltschutz cool?, dann fragt man implizit immer auch: Wie machen wir | |
| Umweltschutz männlicher? | |
| Wahrscheinlich ist das der falsche Weg. Wahrscheinlich müssen viel eher | |
| alle ein bisschen weiblicher, schwuler, queerer, mehr trans und regenbogig | |
| werden, was unser Verhältnis zur Umwelt angeht. | |
| Ich weiß, ich weiß, als feministisches Argument ist das fürchterlich | |
| 70er-retro. | |
| 9 Aug 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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