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# taz.de -- Hashtag #dichterdran: Knausgårds eisblaue Augen
> Ihre Frisur oder das Altern – Autorinnen werden oft auf Themen reduziert,
> die nichts mit ihrer Arbeit zu tun haben. Jetzt drehen sie den Spieß um.
Bild: Wären dies die Augen einer Autorin – wer könnte noch über ihr Werk …
Macht Mann einen Vorschlag, muss der Rest der Welt sich dazu verhalten.
Dementsprechend verwundert es nicht, dass in den sozialen Medien heftig
diskutiert wird, wenn die [1][Tönnies] und [2][Linnemanns] mit ihren
Vorschlägen die Welt nicht verschonen können. Prompt trenden auf Twitter
Rassismus und Identität. Neuerdings auch hoch im Kurs: #Fleisch.
Da kommt [3][#dichterdran] leiser daher. Seit Tagen veröffentlichen
User*innen unter diesem Hashtag rege Tweets, die sehr lesenswert sind. Das
Konzept: Sie schreiben so über Autoren, wie sonst Männer über Autorinnen
schreiben.
„Man kommt nicht umhin anzunehmen, dass Rilke hier vor allem von sich
selbst spricht; auch wenn sich die ‚geschmeidig starken Schritte‘ nur
schwer mit der zarten Konstitution des Dichters vereinbaren lassen“,
[4][schreibt beispielsweise Melanie Pfändler], Journalistin. „Sie sehen
blendend aus für Ihr Alter, Chapeau! Verraten Sie uns Ihre drei
Must-Have-Körperpflege-Produkte, Frank Schätzing?“, [5][stellt sich Autorin
und Regisseurin Güzin Kar eine Interviewfrage] für den gefeierten
Thriller-Autor vor.
Was ausgedacht blöd klingt, ist für Autorinnen Alltag: Ob in Porträts,
Rezensionen oder Interviews – immer wieder werden sie auf ihren Mann, ihr
Äußeres oder ihr Weiblichsein reduziert. Das war auch der Auslöser für den
Hashtag: Eigentlich wollte Nadia Brügger sich nicht aufregen, weil es so
„dermaßen peinlich“ sei.
[6][In einem Tweet] kritisierte die Schweizer Literaturwissenschaftlerin
dann aber doch einen Journalisten: Er hatte im Schweizer Tagesanzeiger die
irische Schriftstellerin Sally Rooney als „aufgeschrecktes Reh mit
sinnlichen Lippen“ beschrieben. Außerdem gebe es in Rooneys Werk „Szenen,
die von Marivaux abgeschAutrieben sein könnten“. Ob sie nicht das nächste
Mal die Rezension schreiben könne, und zwar „ohne die Autorin unnötig zu
sexualisieren und ihre Leistung großväterlich zu schmälern?“, fragt Brügg…
in ihrem Tweet.
„Oder wir schreiben einfach alle mal so über Autoren“, [7][antwortete
Simone Meier], Schriftstellerin und Journalistin, und löste damit ein
Gedankenspiel aus, das seit Tagen unter #dichterdran seinen Lauf nimmt.
[8][Prechts Haare], [9][Knausgårds eisblaue Augen], [10][Thomas Manns
Dasein im Schatten seiner Frau] – kaum einer bleibt verschont in diesem
unterhaltsamen Spiel. Davon kann man nur lernen.
7 Aug 2019
## LINKS
[1] /Skandal-auf-Schalke/!5616566
[2] /Grundschul-Forderung-aus-der-CDU/!5611031
[3] https://twitter.com/hashtag/dichterdran?src=hashtag_click
[4] https://twitter.com/M_Pfaendler/status/1159026270409232386
[5] https://twitter.com/Guzinkar/status/1157931089698140160
[6] https://twitter.com/NadiaBruegger/status/1157213503821877249
[7] https://twitter.com/SimoneMeier3/status/1157230790473846786
[8] https://twitter.com/FrauFrohmann/status/1158647028093730816
[9] https://twitter.com/beritmiriam/status/1158802267560189953
[10] https://twitter.com/SimoneMeier3/status/1157948580021358592
## AUTOREN
Helena Werhahn
## TAGS
Twitter / X
Hashtag
Feminismus
Netzkultur
Theater
Literatur
Schriftstellerin
Schwerpunkt Rassismus
Friedel54
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