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# taz.de -- Christopher Street Day in Berlin: Leicht bekleidet mit Anspruch
> Berlin feiert den Christopher Street Day. Trotz Bemühungen um mehr
> historische und politische Bezüge gibt es weiterhin Kritik am Kommerz.
Bild: Zwischen Anspruch und Kommerz: CSD-Wagen vor der Berliner Gedächtniskirc…
Berlin taz | Es ist Christopher Street Day (CSD) in Berlin und das bedeutet
sogar für die eventverwöhnte und -geplagte Hauptstadt einen lauten,
grell-bunten und, wenn überhaupt, leicht bekleideten Ausnahmezustand.
2019 ist zudem ein besonderes Jahr für die LGBTIQ*-Community: „50 Jahre
Stonewall – Jeder Aufstand beginnt mit deiner Stimme“ steht als Motto über
der Parade, um an die radikalen politischen Anfänge der Bewegung in der New
Yorker Christopher Street zu erinnern. Auch 40 Jahre Berliner CSD sind zu
feiern.
Nicht nur die Temparaturen klettern im Jubiläumsjahr auf Rekord-Niveau:
Mehr als 600.000 Besucher*innen zähle man, etwa 40 Fußgruppen und 90
Fahrzeuge hätten sich in die Parade eingereiht, sagt CSD-Sprecherin Karina
Thinius am Nachmittag der taz.
Parteien und LGBTI-Organisationen haben eigene Demo-Wägen gestaltet, aber
auch die evangelische Kirche, Berliner Clubs und Unternehmen wie Ebay,
Amazon und Bayer machten sich mit bunten Gefährten und mit lauter Musik
gegen 12.00 Uhr vom Kurfürstendamm auf in Richtung Straße des 17. Juni.
Magdalena Rogl fährt auf dem Wagen ihres Arbeitgebers Microsoft mit. Sie
meint, das Unternehmen unterstütze seit 30 Jahren LGBTI-Belange. „In
München fährt Microsoft schon viele Jahre beim CSD mit, dort ist unser
deutscher Hauptsitz. Dieses Jahr wollen wir zum ersten Mal auch beim
größten CSD in Deutschland Flagge zeigen“, so Rogl beim Paradestart am
Ku'damm.
## Mühe um politischen Anspruch
„Zumindest fragwürdig“ findet einige Meter weiter Lisa-Marie Gerlach die
Teilnahme von großen Unternehmen wie Microsoft am CSD. „Das stinkt nach der
Kommerzialisierung von Problemen marginalisierter Gruppen“, sagt Gerlach.
Sie selbst ist Teil der Amnesty-International-Hochschulgruppe der Berliner
Humboldt-Universität, die die Parade nutzen möchte, um auf
Menschenrechtsverletzungen gegen LGBTIQ*s – etwa in Russland – aufmerksam
zu machen.
Paul van Barneveld wiederum ist hier um „Farbe, Energie und heiße Männer zu
erleben“, sagt der Australier, der mit Freunden Europa bereist und für den
CSD nach Berlin gekommen ist. Aber auch „Community“ sei ihm wichtig, sagt
van Barneveld an einem Bierstand vor dem Brandenburger Tor, wo das
Abschlussprogramm stattfindet. „Israel – driven by diversity“ steht auf
einer Reklame, aber auch eine Autovermietung und koffeinhaltige
Erfrischungsgetränke werden mit dem Regenbogen beworben.
Auf dem Festgelände ist auch zu erkennen, dass sich die CSD-Veranstaltenden
um mehr historischen und politischen Anspruch bemühen, wie es
Kritiker*innen seit Langem fordern. Das Stonewall-Motto [1][wurde erst
gewählt], nachdem Kritik am ursprünglich beschlossenen und wenig
politischen Slogan laut geworden war.
Jetzt überragen auf der Straße des 17. Juni hohe Transparent-Türme die
Feiernden – darauf Porträts und Dokumente zu den radikalen und linken
Anfängen vor 50 bzw. 40 Jahren.
Zu physischen Auseinandersetzungen wie damals vor dem Stonewall-Inn kommt
es 2019 in Berlin nicht. Zumindest seien „bis jetzt keine größeren Vorfälle
bekannt“, so Heidi Vogt, Sprecherin der Berliner Polizei am späten
Nachmittag.
27 Jul 2019
## LINKS
[1] /Queere-Politik-des-Landes-Berlin/!5608982
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
## TAGS
50 Jahre Stonewall
Schwerpunkt LGBTQIA
Christopher Street Day (CSD)
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Dirk Behrendt
Christopher Street Day (CSD)
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
LGTBI
Schwerpunkt Landtagswahlen
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