# taz.de -- Bootsunglück auf dem Mittelmeer: Leichen vor der Küste Libyens | |
> Noch immer werden 150 Migrant*innen vermisst. Überlebende berichten von | |
> Toten im Wasser. Und Salvini verschärft die Strafen für Seenotretter. | |
Bild: Verlassenes Schlauchboot im Mittelmeer: Im Juni rettete das Hilfsschiff �… | |
BERLIN taz | Während Italien noch höhere Strafen für Seenotretter | |
beschließt, hat sich im Mittelmeer vor der libyschen Küste das wohl | |
schwerste Bootsunglück dieses Jahres ereignet: 150 Migrant*innen werden | |
[1][derzeit noch vermisst], wie ein Sprecher der libyschen Küstenwache | |
mitteilte. Dass viele von ihnen ertrunken sind, gilt als wahrscheinlich. | |
Überlebende des Unglücks, die derzeit von der Organisation Ärzte ohne | |
Grenzen versorgt werden, berichteten von Leichen im Wasser. | |
Um die 300 Menschen sind am Donnerstag in zwei Booten von der libyschen | |
Küstenstadt Al-Khums aus in Richtung Europa aufgebrochen. Als sie in Seenot | |
gerieten, konnten lokale Fischer und die libysche Küstenwache [2][laut | |
Ärzte ohne Grenzen] 135 Menschen retten und nach Al-Khums zurück bringen. | |
Dort seien sie medizinisch versorgt worden. Viele von ihnen hätten unter | |
Schock gestanden oder wegen der lange Zeit unter Wasser an Unterkühlung und | |
Sauerstoffmangel gelitten. | |
Private Rettungsschiffe waren zur Zeit des Unglücks nicht auf dem | |
Mittelmeer unterwegs. Ihnen wird das Retten von Menschenleben dort immer | |
schwerer gemacht. Kurz vor der Tragödie vor der libyschen Küste hat Italien | |
am Donnerstag horrende Strafen für private Seenotretter*innen auf den Weg | |
gebracht: Bis zu eine Milliarde Euro soll zahlen, wer ein Schiff unerlaubt | |
in italienische Hoheitsgewässer lenkt. | |
Schon seit Juni verhängt Italien in diesen Fällen Strafen von 10.000 bis | |
50.000 Euro. Kurz danach [3][steuerte Carola Rackete mit der „Sea Watch 3“ | |
auf Lampedusa]. Nach Angaben von Sea Watch soll sie dafür 16.666 Euro | |
Strafe zahlen. Dagegen hat Rackete Berufung eingelegt. Die Vereinten | |
Nationen kritisierten Italien daraufhin. Das Recht auf Leben und der | |
Grundsatz der Nichtzurückweisung sollten vor nationalen Rechtsvorschriften | |
immer Vorrang haben, forderte etwa UN-Menschenrechtsexperte Felipe González | |
Morales. | |
## Überlebende kommen in libysche Auffanglager | |
Der neue Gesetzentwurf über höhere Strafzahlungen geht auf Innenminister | |
Matteo Salvini zurück, der das [4][Retten im Mittelmeer weiter erschweren | |
will]. Die Abgeordnetenkammer stimmte diesem mit großer Mehrheit zu, nun | |
muss es noch durch den Senat bestätigt werden. Hier hat die Regierung aus | |
Salvinis rechter Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung allerdings die Mehrheit. | |
Das Dekret besagt weiter, dass Behörden die Schiffe in italienischen | |
Gewässern konfiszieren dürfen. | |
„Das neue Schiffsunglück zeigt einmal mehr, wie dringend Rettungsschiffe im | |
Mittelmeer benötigt werden“, sagt Florian Westphal, Geschäftsführer von | |
Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. Außerdem äußerte er in einer Mitteilung | |
ernsthafte Sorgen um die Überlebenden, die nun in libysche | |
Internierungslager gebracht werden. „Alle Flüchtlinge und Migranten, die in | |
Lagern in Libyen festgehalten werden, müssen dringend und umgehend aus | |
diesen evakuiert werden.“ | |
Laut UNHCR hat die libysche Küstenwache 84 der geretteten Migranten in das | |
bei Tripolis liegende Internierungslager Tadschura gebracht. Dieses liegt | |
in der Nähe des Frontverlaufs zwischen rivalisierenden libyschen | |
Fraktionen. Bei einem Luftangriff Anfang des Monats wurden laut Ärzte ohne | |
Grenzen 60 dort einsitzende Migrant*innen getötet, 70 wurden verletzt. (mit | |
dpa) | |
26 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Schweres-Bootsunglueck-im-Mittelmeer/!5613435 | |
[2] https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/schiffsunglueck-libyen-versorgung-ueberl… | |
[3] /Sea-Watch-Kapitaenin-festgenommen/!5608445/ | |
[4] /Fluechtlingspolitik-der-EU/!5613026&s=italien+seenotrettung/ | |
## AUTOREN | |
Jana Lapper | |
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