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# taz.de -- Parlamentswahl in der Ukraine: Selenskyjs Partei wird klar Sieger
> Die Partei „Diener des Volkes“ des prowestlichen Präsidenten kommt auf
> knapp 44 Prozent. Das geht aus Prognosen kurz nach Schließung der
> Wahllokale hervor.
Bild: Wolodymyr Selenskyj (rechts) geht mit seiner Partei als deutlicher Sieger…
Kiew dpa | In der [1][krisengeschüttelten Ukraine] ist die Partei des
Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der in die EU und in die Nato will, bei
der Parlamentswahl Prognosen zufolge als Sieger hervorgegangen. Die Partei
Diener des Volkes (Sluha narodu) des prowestlichen Präsidenten kam demnach
auf knapp 44 Prozent der Stimmen. Das ging aus den am Sonntagabend in Kiew
kurz nach Schließung der Wahllokale veröffentlichen Prognosen her. „Heute
kann unser Team entspannen, aber nur etwas, weil wir morgen arbeiten
müssen“, sagte Selenskyj am Abend in Kiew nach einem ruhigen Wahltag. Seine
Partei trat mit dem Versprechen an, den Krieg im Osten des verarmten Landes
zu beenden und die Korruption zu bekämpfen.
Fünf Jahre nach dem Sturz des moskaufreundlichen Präsidenten Viktor
Janukowitsch und dem Triumph der proeuropäischen Proteste in Kiew schnitt
aber auch die prorussische Opposition wieder stark ab. Die
moskaufreundliche Oppositionsplattform kam demnach auf rund 11,5 Prozent
der Stimmen. Fünf der insgesamt 22 Parteien schafften wohl den Sprung über
die Fünfprozenthürde.
Insgesamt konnten die rund 30 Millionen Wahlberechtigten über die Vergabe
von 424 Sitzen im neuen Parlament – der Obersten Rada – in Kiew abstimmen.
Die genaue Verteilung war zunächst unklar. Erste aussagekräftige Ergebnisse
werden in der Nacht zum Montag erwartet.
Die Wahlbeteiligung war mit knapp 50 Prozent geringer als vor fünf Jahren –
wohl auch, weil der Termin für die vorgezogene Wahl in die Sommerferien
fiel. Ursprünglich hatte die Abstimmung erst im Oktober sein sollen.
Selenskyj hatte aber im Parlament in Kiew keine eigene Machtbasis. Weil es
zudem keine handlungsfähige Koalition mehr gab und der Präsident nichts
bewegen konnte, hatte er das Parlament nach seiner Amtseinführung im Mai
aufgelöst.
## Keine Abstimmung in der Ost-Ukraine
Es wird damit gerechnet, dass der Präsident eine Koalition eingehen muss,
um mit einer Mehrheit in der Rada die dringend nötigen Reformen in der
Ex-Sowjetrepublik anzugehen. Den Posten des Regierungschefs will Selenskyj
mit einem Wirtschaftsexperten besetzen. „Ich finde, dass sollte ein absolut
professioneller Ökonom, ein absolut unabhängiger Mensch sein, der niemals
Regierungschef, Parlamentssprecher oder irgendein Fraktionschef war“, sagte
der 41-Jährige bei der Stimmabgabe. Er habe bereits Vorgespräche mit
potenziellen Kandidaten geführt.
Der frühere Schauspieler gewann mit seiner Partei in der Hauptstadt Kiew
überraschend alle Direktmandate. Er benötigt die Parlamentsmehrheit auch,
um den Krieg im Osten des Landes zu beenden. Die Rada muss zum Beispiel
Schritte beschließen, die eine Umsetzung des Minsker Friedensplans
ermöglichen. Nach UN-Schätzungen sind bei dem Konflikt seit 2014 rund
13.000 Menschen gestorben.
Nicht abgestimmt wurde in den umkämpften Gebieten in der Ostukraine. Die
selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk hatten in der
Vergangenheit eigene und international nicht anerkannte Wahlen abgehalten.
Es handelt sich um Regionen, die von prorussischen Separatisten
kontrolliert werden.
In der Kriegsregion galt seit kurz nach Mitternacht am Sonntag eine neue
Waffenruhe. Sie wurde nach offiziellen Angaben aus der Hauptstadt Kiew und
aus den Separatistengebieten weitgehend eingehalten. Die Waffenruhe war
zuvor immer wieder gebrochen worden. Sie ist Teil des in der weißrussischen
Hauptstadt Minsk ausgehandelten Friedensplans.
## Sehnsucht nach Neustart
Durch die Wahl in der Ukraine soll das unter Vermittlung von Deutschland,
Frankreich und mit Beteiligung Russlands ausgehandelte Abkommen
wiederbelebt werden. Zuletzt hatte es auch nach Einschätzung der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erstmals
seit langem kleinere Fortschritte geben.
Koalitionspartner von Selenskyj könnten die nationalliberale Partei [2][des
Rocksängers Swjatoslaw Wakartschuk] oder die Vaterlandspartei von
Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko werden. In die Rada zog auch die
Partei Europäische Solidarität von Ex-Präsident Petro Poroschenko ein. Er
war im April abgewählt worden.
Den Erfolg der Selenskyj-Partei erklären sich viele Wähler und Beobachter
mit der Sehnsucht nach neuen Gesichtern und einem Neustart in dem
Krisenland. Die Partei hatte demonstrativ auf aktive und ehemalige
Politiker verzichtet. Teils verdanken der Präsident und seine Bewegung
ihren Zuspruch auch der populären Fernsehserie „Sluha Narodu“ – „Diene…
Volkes“. Dort hatte Selenskyj als Komiker viele Jahre einen forschen
Präsidenten gespielt, der mit der von einflussreichen Oligarchen
gesteuerten Machtelite aufräumt. Bis zum eigentlichen Beginn der neuen
Parlamentsarbeit können noch weitere Wochen vergehen.
21 Jul 2019
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