# taz.de -- Verfassungsschutzchefin über Polizei: „Höchste Aufmerksamkeit g… | |
> Rechtsradikale Vorfälle in der Polizei häufen sich. Strukturen will Beate | |
> Bube, Chefin des Verfassungsschutzes Baden-Württemberg, aber nicht | |
> erkennen. | |
Bild: Rechtsextremistische Netzwerke bei der Polizei seien dem Verfassungsschut… | |
taz: Müssen wir mit [1][Rechtsextremist*Innen bei der Polizei] leben? | |
Beate Bube: Nein, Beamte sind zur Verfassungstreue verpflichtet. Besonders | |
bei den Sicherheitsbehörden ist dies wichtig. Die Bevölkerung würde das | |
Vertrauen in die Polizei verlieren, wenn dort Verfassungsfeinde tätig | |
wären. Es bestünde dann auch die Gefahr, dass sicherheitsrelevantes Wissen | |
in die falschen Hände gerät. | |
Gesinnungsgenossen könnten gewarnt und politische Gegner ausgespäht werden | |
… | |
Ja, hier ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Extremisten bei der Polizei | |
darf es nicht geben. | |
Existieren in der baden-württembergischen Polizei tatsächlich keine | |
rechtsextremistischen Netzwerke? | |
Es gab zwar Einzelfälle von Rechtsextremisten bei der Polizei, Netzwerke | |
sind aber keine bekannt. | |
Was ist mit den Polizisten, die beim [2][Ku-Klux-Klan] waren? Einer der | |
beiden war ja Gruppenführer der 2007 in Heilbronn vom NSU erschossenen | |
Polizistin Michèle Kiesewetter. | |
Auch bei diesem Fall aus den Jahren 2001/2002 handelte es sich um | |
Einzelerkenntnisse im Zusammenhang mit Polizisten, nicht aber um eine | |
rechtsextremistische Struktur innerhalb der Polizei. | |
Sind Sie sicher, dass Sie heute alles wissen? | |
Natürlich nicht. Das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet | |
extremistische Bestrebungen, und wenn uns dabei ein Polizist auffällt, | |
sagen wir seinem Dienstherrn Bescheid. Aber wir beobachten extremistische | |
Gruppierungen und suchen nicht systematisch bei der Polizei nach | |
Extremisten. | |
Sie sind doch der Verfassungsschutz … | |
Unsere Aufgaben sind beschränkter, als viele denken. Zunächst muss jede | |
Institution – auch die Polizei – für sich selbst bestrebt sein, dass keine | |
extremistischen Strukturen entstehen. Das ist eine wichtige Aufgabe auch | |
für jede Führungskraft. Bei Bedarf hilft der Verfassungsschutz dann mit | |
Informationen und Einschätzungen. | |
Warum so bescheiden? Nie war der Ruf nach dem Verfassungsschutz so laut wie | |
heute. | |
Eine überzogene Erwartungshaltung führt absehbar zu vermeintlichen | |
Misserfolgen. Und dann heißt es wieder: „Der Verfassungsschutz hat | |
versagt.“ Da will ich rechtzeitig gegensteuern. Wir haben in | |
Baden-Württemberg rund 30.000 Polizisten, die können wir nicht alle ständig | |
durchleuchten, das ist weder unsere Aufgabe noch besteht dafür ein Anlass. | |
Es gibt in Baden-Württemberg keinerlei Anlass für einen Generalverdacht. | |
Wird kontrolliert, ob Extremist*Innen bei der Polizei eingestellt | |
werden? | |
In den 1970er Jahren gab es vor jeder Einstellung im öffentlichen Dienst | |
die Regelanfrage an den Verfassungsschutz, ob etwas vorliegt. Dann aber | |
wurde der Radikalenerlass abgeschafft. Allerdings muss ein Polizeianwärter | |
unterschreiben, dass er keiner extremistischen Gruppierung angehört. Dieser | |
Erklärung ist eine Liste mit verfassungsfeindlichen Organisationen | |
beigefügt, damit es keine Missverständnisse gibt. | |
Steht auch die AfD auf dieser Liste? | |
Nein, die AfD als Gesamtpartei ist kein Beobachtungsobjekt für den | |
Verfassungsschutz. Auf der Liste steht seit einigen Monaten allerdings die | |
AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“, die in Baden-Württemberg seit | |
November 2018 beobachtet wird. | |
Wird nicht auch der von Björn Höcke dominierte AfD-„Flügel“ vom | |
baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet? | |
Richtig. Der „Flügel“ ist seit Januar 2019 Beobachtungsobjekt. | |
Und was gilt für die Einstellung von Mitarbeiter*Innen bei Ihrer eigenen | |
Behörde, dem Landesamt für Verfassungsschutz? | |
Hier gibt es bei der Einstellung tatsächlich eine deutlich strengere | |
Sicherheitsprüfung, die alle Mitarbeiter durchlaufen müssen, vom | |
Abteilungsleiter bis zum Pförtner. Wer erpressbar ist oder extremistische | |
Tendenzen hat, wird erst gar nicht eingestellt. Die Prüfung wird auch | |
regelmäßig wiederholt. Solch eine strenge Überprüfung hat auch eine | |
abschreckende Wirkung – die Wahrscheinlichkeit, dass ein Extremist | |
ausgerechnet beim Verfassungsschutz arbeitet, ist also recht gering. | |
18 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Sieg-Heil-Rufe-von-Polizeischuelern/!5605286 | |
[2] /Ku-Klux-Klan-Flashmob-in-Cottbus/!5509941 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Polizei | |
Verfassungsschutz | |
Schwerpunkt Neonazis | |
Rechtsradikalismus | |
So nicht | |
Rechte Gewalt | |
Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Thematisierung rechter Gewalt: Der Sommer kann sehr grausam sein | |
Mordende Rechtsradikale sind keine Einzelfälle, sondern gehören immer mehr | |
zur Normalität. Verdrängen hilft da nicht weiter. | |
Rechte Gewalt in Pirmasens: Entscheidende Details | |
Polizeibekannte Rechte jagen zwei Asylsuchende durch die pfälzische Stadt. | |
Zuerst schildert die Polizei den Fall jedoch etwas anders. | |
Ein Jahr Urteil im NSU-Prozess: Von wegen Aufklärung | |
Etwaige Terrorhelfer von damals sind nicht ermittelt, Spuren in ein rechtes | |
Netzwerk blieben unverfolgt. Jetzt wirft der Fall Lübcke neue Fragen auf. | |
Rechter Terror in Deutschland: Auf der Feindesliste | |
Mitglieder der Preppergruppe Nordkreuz sollen geplant haben, politische | |
Gegner zu töten. Was tut der Staat gegen rechten Terror? |