# taz.de -- Projektreihe „Disappearing Berlin“: Wahnsinn in einem Bärenzwi… | |
> Die Veranstaltungsreihe „Disappearing Berlin“ macht auf den Wandel | |
> Berlins aufmerksam. Ein Interview mit der Projektleiterin Marie-Therese | |
> Bruglacher. | |
Bild: „Pigeon Feather Stick“ erzählt von den Irrungen und Wirkungen mensch… | |
taz: Frau Bruglacher, bei den Veranstaltungen wurde vom Konzert über eine | |
experimentelle Tanzperformance bis hin zur Überquerung des Landwehrkanals | |
ein abwechslungsreiches Programm geboten. Was genau steckt hinter dem | |
Konzept von „Disappearing Berlin“? | |
Marie Therese Bruglacher: Das Projekt befasst sich mit dem Verschwinden von | |
konkreten architekturhistorischen Strukturen, bezogen auf den Abriss oder | |
die Umnutzung von Gebäuden. Aber auch das Verschwinden von Orten in der | |
Stadt, die in der Gesellschaft früher gewisse Funktionen hatten, die sich | |
bereits verändert haben oder die im Begriff sind, sich zu ändern, spielt | |
eine Rolle. Solche Veränderungen beeinflussen das Stadtbild und das | |
gesellschaftliche Leben. „Disappearing Berlin“ setzt hier an und rückt den | |
Dialog zwischen Performance, Architektur und BetrachterIn in den | |
Vordergrund, um so das Bewusstsein für den städtischen Wandel zu schärfen. | |
Es war uns wichtig, Kunstformen zu finden, die einen temporären Charakter | |
haben und die für einen gewissen Zeitraum eben die Orte, an die wir mit dem | |
Projekt gehen, bespielen können. | |
Also sind nicht alle Orte, die Sie bespielen vom Verschwinden betroffen? | |
Nein, wir hatten die Auftaktveranstaltung auf dem Dach des | |
Postbank-Hochhauses am Halleschen Ufer – ein großes Bürogebäude aus den | |
70er Jahren – das wird nicht abgerissen, ist aber ein Emblem für die | |
Berliner Stadtpolitik. Ursprünglich wollte der Investor das Hochhaus in | |
einen Wohnturm umwandeln, wogegen sich das Bezirksamt gestellt hat und | |
einen solchen Umbau letztlich verhindern konnte. Das Hochhaus wird als | |
Gewerbeimmobilie weiterentwickelt, auf den anliegenden Grundstücken | |
entstehen nun sozial geförderte Wohnungen. Das heißt, die Orte, die wir | |
bespielen, sind solche, an denen aktuelle Stadtpolitik offenbar wird – | |
entweder direkt durch den Ort verkörpert oder im Kontext seiner Umgebung. | |
Und diese städtebaulichen Veränderungen wollen Sie sichtbar machen? | |
Wir möchten an speziellen Orten Bewusstsein schaffen und Leute | |
zusammenbringen. Und ja, Kunst bietet uns die Möglichkeit, den Wandel der | |
Stadt aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. | |
Wen hoffen Sie mit diesem Projekt zu erreichen? | |
Wir haben keine klare politische Agenda, sondern möchten vor allem Momente | |
kreieren und den Blick auf die Veränderungen, die Berlin durchlaufen hat | |
und noch durchläuft, schärfen. Dafür wollen wir Menschen zusammenbringen. | |
Es ergaben sich bisher bei jeder Performance tolle Gespräche. Berliner, die | |
die Stadt seit Ewigkeiten kennen, aber auch Zugezogene, die einen neuen | |
Blick auf Berlin haben. Letztendlich, soll es ermöglichen über das, was in | |
der Stadt, in der man lebt, passiert. Ich meine, es reden ja eh alle | |
drüber. Da kann Kunst nach wie vor einen guten Anreiz geben. | |
Wo findet die nächste Veranstaltung statt? | |
Im ungenutzten Bärenzwinger in Mitte. Bis 2015 war dies noch der Wohnort | |
des Berliner Bären, damals ist der Zwinger vom Bezirksamt in einen | |
Ausstellungsraum umgewandelt worden. Dort wird am Dienstag ein Theaterstück | |
mit dem Titel „Pigeon Feather Stick“, der Künstlerin Georgia Gardner Gray | |
aufgeführt. Auf humorvolle und verrückte Art und Weise erzählt sie von den | |
Irrungen und Wirkungen menschlichen Daseins auf Erden. Der Bärenzwinger | |
wird zur Wiege dieses Wahnsinns. | |
30 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Sophia Zessnik | |
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