# taz.de -- Wahlen der Forschungsorganisationen: Die DFG erhält erstmals eine … | |
> Bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) steht erstmals eine Frau | |
> an der Spitze. Satzungsänderung soll Betriebsfrieden sichern. | |
Bild: Tritt zum Jahreswechsel ab: DFG-Präsident Peter Strohschneider | |
BERLIN taz | Zeitenwende bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). | |
Zum ersten Mal wird der größte Finanzgeber für Forschungsprojekte in den | |
deutschen Hochschulen von einer Frau geführt. Die Mitgliederversammlung | |
wählte in dieser Woche in Rostock die Gießener Biochemikerin Katja Becker | |
zur Nachfolgerin von Peter Strohschneider, der der DFG seit acht Jahren | |
vorstand. Auch andere Wissenschaftsorganisationen klärten in diesen Tagen | |
Führungsfragen – allerdings in fortgesetzter Männerdominanz. | |
Becker ist seit 2014 bereits DFG-Vizepräsidentin und tritt ihr neues Amt am | |
1. Januar 2020 für zunächst vier Jahre an. Sie trat in der Wahl gegen den | |
Ingenieurwissenschaftler Wolfgang Marquardt vom Forschungszentrum Jülich | |
und die Informatikerin Dorothea Wagner vom Karlsruher Institut für | |
Technologie (KIT) an und erhielt im zweiten Wahlgang 46 von 77 Stimmen. Die | |
DFG hat 96 Mitglieder, darunter 70 Universitäten sowie außeruniversitäre | |
Forschungsinstitute und Wissenschaftsakademien. 2017 förderte die | |
Organisation über 32.000 laufende Projekte mit rund 3,2 Milliarden Euro, | |
die zu 70 Prozent aus dem BMBF-Etat und zu 30 Prozent von den Ländern | |
stammen. | |
Die DFG-Versammlung traf auch eine organisatorische Entscheidung, die für | |
den „Betriebsfrieden“ von Bedeutung sein dürfte. Mit einer Satzungsänderu… | |
wurde die Richtlinienkompetenz der Präsidenten gestärkt. Bisher war das | |
nicht so klar. Dies führte auch zu Spannungen zwischen DFG-Chef | |
Strohschneider und seiner Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek, was im | |
November zum abrupten Ausscheiden der Generalsekretärin aus ihrem Amt | |
führte. Seitdem brodelte es in der Wissenschaftsorganisation, und vor allem | |
die Hochschulen verlangten mehr Transparenz von ihrer abgehobenen | |
Führungsspitze. | |
Auch bei der Max-Planck-Gesellschaft stand in der vorigen Woche eine | |
Präsidentenwahl an. Die Entscheidung auf der Jahresversammlung der | |
Forschungsorganisation in Hamburg verlief ohne Überraschungen: Amtsinhaber | |
Martin Stratmann war der einzige Kandidat; die Präsidentschaft des | |
Eisenforschers wurde bis 2023 verlängert. | |
Während die Führung der MPG in der Münchener Zentralverwaltung in ruhigen | |
Bahnen verläuft, ist die Atmosphäre in einigen der 80 Max-Planck-Institute | |
durchaus angespannt. Das zeigte eine Befragung unter den 9.000 | |
MPG-Beschäftigten, die nach den Mobbing-Skandalen des letzten Jahres | |
durchgeführt wurden. Danach hatten rund 10 Prozent der Befragten schon | |
einmal Mobbing-Erfahrungen bei Max Planck gemacht. Etwa 8 Prozent der | |
jungen Frauen bis 29 Jahre und etwa 10 Prozent der Frauen zwischen 30 und | |
Mitte 40 fühlen sich am Arbeitsplatz sexuell belästigt oder diskriminiert. | |
## Null-Toleranz-Politik | |
Die Führung der Forschungsorganisation sieht sich herausgefordert. „Wir | |
haben eine Null-Toleranz-Politik in Bezug auf Mobbing und sexuelle | |
Belästigung“, erklärte Stratmann. Besonders erschreckt habe ihn die | |
Aussage, „dass sich viele ausländische Mitarbeiter der | |
Max-Planck-Gesellschaft nicht richtig integriert fühlen“. | |
Vergleichsweise ruhig läuft es dagegen bei der Helmholtz-Gemeinschaft | |
Deutscher Forschungszentren, dem Verbund der 19 überwiegend | |
BMBF-finanzierten Großforschungseinrichtungen. Ebenfalls in der vorigen | |
Woche erhielt der bisherige Präsident, der Mediziner Otmar Wiestler, das | |
Verlängerungs-Ticket für eine zweite Amtszeit. | |
Ausgestellt wurde es nicht durch die Mitgliederversammlung, sondern durch | |
das extern besetzte Kontrollgremium des Helmholtz-Senats. „Dieses | |
großartige Amt für weitere fünf Jahre zu bekleiden ist mir eine große Ehre | |
und Freude“, erklärte Wiestler, der ebenfalls ohne Gegenkandidat war. | |
Stress hat Helmholtz derzeit mit der Finanzierung seines | |
4,7-Milliarden-Euro-Budgets. Wegen einer schleppenden Ausgabenpolitik und | |
der Ansammlung immer höherer Kassenbestände hatte der Bundestag den | |
Forschern im letzten November einen Teil der Zuwendungen gesperrt. Gerade | |
sind die Verhandlungen über den Bundesetat 2020 angelaufen. Da könnte es | |
zum nächsten Tauziehen um die Helmholtz-Gelder kommen. | |
4 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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