# taz.de -- Diskriminierung von Frauen an den Unis: Mehr Professorinnen nur mit… | |
> Die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin fordert festgeschriebene | |
> Frauenquoten. Eine Studie gibt ihr Recht: Informelle Netzwerke | |
> benachteiligen Frauen. | |
Bild: Einge der wenigen Frauen in akademischer Führungsposition: Jutta Allemen… | |
BERLIN taz Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin | |
(WZB), fordert eine Festschreibung von Frauenanteilen bei der Besetzung von | |
Professuren in der Wissenschaft. "Ich bin dezidiert für Quoten", sagte sie | |
am Samstag auf dem Frauenkongress der Grünen-Bundestagsfraktion. In | |
Deutschland wird nur jede zehnte Professur mit einer Frau besetzt. | |
Mit ihrer Forderung reagierte Allmendinger auf einen Beschluss der | |
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in der vergangenen Woche, der Quoten | |
ablehnt. Vielmehr sollten freiwillige Selbstverpflichtungen an den Unis und | |
Forschungseinrichtungen Frauen fördern, hatte der DFG-Präsident Matthias | |
Kleiner verkündet. | |
Jutta Allmendinger hält das für unzureichend. Man müsse Quoten für | |
Professuren einführen, die sich nach der Frauenzahl bei Habilitationen oder | |
äquivalenten Leistungen je Fach richten. "Was die DFG beschlossen hat, ist | |
nicht das, was wir heute brauchen", so Allmendinger. Sie erlebe in | |
Berufungsverfahren an Universitäten, denen sie als Externe beiwohnt, eine | |
"extreme Offenheit in der Diskriminierung von Frauen". | |
Die Forderung der WZB-Präsidentin wird durch eine aktuelle Studie mit dem | |
Titel "Wie werden Professuren besetzt?" unterstützt, die vom | |
Bildungsministerium gefördert wurde und im Campus-Verlag erschien. Die | |
Gleichstellungsexpertin Christine Färber befragte Mitglieder von | |
Kommissionen sowie Bewerberinnen und Bewerber. Ihre Ergebnisse zeigen, dass | |
"männerdominierte Auswahlgremien" immer noch "informelle Netzwerke stärken, | |
die Frauen tendenziell ausschließen". Oft suchen Kommissionsmitglieder | |
unter ihnen bekannten Forschern im Vorfeld nach geeigneten Bewerbern und | |
passen die Stellenausschreibung an den Wunschkandidaten an. Frauen seien | |
weniger in diesen Netzwerken verankert, so die Studie, und hätten hier | |
schon vor der eigentlichen Bewerbung Nachteile. | |
Oft würden dann bei der tatsächlichen Entscheidung Punkte wie das | |
Lebensalter, die Publikationszahl oder das Mitbringen von Drittmitteln als | |
"scheinobjektive Kriterien" genutzt, um männliche Kandidaten zu | |
bevorteilen. Eine Kandidatin wurde sogar wegen ihrer "Pieps-Stimme" | |
aussortiert, berichtete eine Frauenbeauftragte. | |
Solche Ablehnung spüren die Kandidatinnen: Die in der Studie befragten | |
Frauen nannten häufig eine "besonders unhöfliche, abwertende Behandlung" | |
bei ihrer Bewerbung als irritierend - und sahen den Grund darin, dass sie | |
außerhalb der Netzwerke stehen. Dieses Wissen und dass den Kandidatinnen | |
kaum Frauen in den Berufungskommissionen gegenübersitzen, wirke | |
verunsichernd, so dass sich die Frauen im Bewerbungsgespräch weniger | |
positiv darstellen könnten. | |
Im krassen Gegensatz zu der Beschreibung der Befragten steht die | |
Selbsteinschätzung von Berufungskommissionen: Die Mitglieder empfinden sich | |
als neutral und berichten, dass sie Chanchengleichheit sehr wohl beachten. | |
Deswegen fordert die Studie eine Reform der Einstellungsverfahren. Nur | |
"Ergebnisquoten" könnten den Frauenanteil an Professuren über die | |
bisherigen 10 % anheben: Wenn Quoten vorgeschrieben sind, müssen die | |
Kommissionen gezielt nach qualifizierten Wissenschaftlerinnen suchen und | |
sie informell zur Bewerbung auffordern. Gleichzeitig müsste aber auch der | |
Frauenanteil in den Berufungskommissionen in Zukunft radikal angehoben | |
werden. NICOLE JANZ | |
7 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Nicole Janz | |
## TAGS | |
DFG | |
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