# taz.de -- Kommentar Fachkräftemangel: Akademikerinnen nicht vergessen | |
> Der weltweite Kampf um die besten Experten ist für Deutschland schwer zu | |
> gewinnen. Dabei gibt es hierzulande bereits eine große Gruppe mit | |
> erstklassigen Uniabschlüssen: Frauen. | |
Keine schlechte Idee: Die Bundesregierung will hochqualifizierte Akademiker | |
aus dem Ausland anwerben, um den Mangel an Spitzenkräften zu beheben. So | |
sollen ausländische Hochschulabsolventen bleiben dürfen, die hier studiert | |
haben - ein sinnvoller Schritt, nachdem deutsche Unis den Kandidaten | |
kostenlos ausgebildet haben. Weniger erfolgreich dürfte allerdings die Idee | |
sein, Akademiker aus dem Ausland anzulocken, indem man die Einkommensgrenze | |
herabsetzt, die ihnen eine spezielle Prüfungsprozedur durch die | |
Bundesagentur für Arbeit ersparen soll. Wer im Jahr 63.000 Euro verlangen | |
kann, der dürfte auch international so begehrt sein, dass er leicht einen | |
attraktiven Job in den USA oder England findet. | |
Der weltweite Kampf um die besten Experten ist für Deutschland schwer zu | |
gewinnen. Daher wird langfristig gar nichts anderes übrig bleiben, als auch | |
das Potenzial im Inland zu fördern. So wird völlig vergessen, dass es eine | |
große Gruppe mit erstklassigen Uniabschlüssen in Deutschland bereits gibt: | |
Frauen. | |
Rund die Hälfte der deutschen Uni-Abschlüsse entfällt auf weibliche | |
Studierende - viele von ihnen haben Bestnoten. Zwar ist der Anteil der | |
Akademikerinnen in den Naturwissenschaften, Informatik und | |
Ingenieurwissenschaften noch immer relativ gering - aber an Ehrgeiz fehlt | |
es den Frauen nicht. Eine Studie der Zeitschrift Brigitte hat ergeben, dass | |
junge Frauen heute mehr denn je nach Führungsverantwortung streben: Jede | |
vierte Schülerin kann sich vorstellen, Chefin zu werden. Gleichzeitig | |
zeigen alle Langfristprognosen, dass die Erwerbstätigkeit der Frauen stark | |
zunehmen muss, um den demografischen Wandel und den damit verbundenen | |
Mangel an Arbeitskräften in den nächsten Jahrzehnten ausgleichen. | |
Dennoch werden die Frauen trotz aller Girls Days und Frauenförderprogramme | |
der Wissenschaftsministerin noch immer benachteiligt. Das | |
Ehegattensplitting fördert die Ein-Verdiener-Ehe. Berufsrückkehrerinnen | |
müssen damit rechnen, dass an ihnen vorbei befördert wird. Die Gehälter von | |
Frauen liegen immer noch unter denen gleich qualifizierter Männer. Zu wenig | |
Angebote zur Kinderbetreuung behindern, dass sich Beruf und Familie | |
vereinbaren lassen. | |
An den Universitäten sieht es kaum besser aus als in der freien Wirtschaft: | |
Nur 10 Prozent aller Professuren entfallen auf Frauen, und die Deutsche | |
Forschungsgemeinschaft weigert sich, Frauenquoten einzuführen. Die | |
Studentinnen - viele mit Bestnoten - sehen also schon im Unialltag, wie die | |
Geschlechterverteilung aussieht. Die Chefs sind männlich. Das kann kein | |
Ansporn für den weiblichen Elitenachwuchs sein. | |
6 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Nicole Janz | |
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