# taz.de -- Kapitänin Carola Rackete: Rackete frei, Salvini in Wut | |
> Eine Untersuchungsrichterin hat die Seenotretterin in allen | |
> Anklagepunkten freigesprochen. Für Matteo Salvini ist das eine schwere | |
> Schlappe. | |
Bild: Solidarität in ganz Europa – in Wien forderten Demonstranten Racketes … | |
[1][Carola Rackete] ist frei. Am Dienstagabend hob die zuständige | |
Untersuchungsrichterin im sizilianischen Agrigent den Haftbefehl auf und | |
erklärte in ihrer Begründung sämtliche Anschuldigungen gegen die Kapitänin | |
der Sea Watch 3 für haltlos. | |
Gehorsamsverweigerung gegenüber einem Kriegsschiff, Widerstands- oder | |
Gewaltakte gegen ein Kriegsschiff, verbotswidrige Navigation in | |
italienischen Hoheitsgewässern: Dies waren die Vorwürfe, aufgrund derer | |
Rackete verhaftet worden war, nachdem sie in der Nacht zum Samstag mit 41 | |
Migranten an Bord im Hafen von Lampedusa angelegt und dabei ein | |
Patrouillenboot der Finanzpolizei gerammt hatte. Die Staatsanwaltschaft | |
hatte daraufhin die Bestätigung des [2][Haftbefehls], zugleich aber seine | |
Aussetzung beantragt, unter der Auflage, dass Rackete sich nicht in der | |
Provinz Agrigent – zu der auch Lampedusa gehört – aufhalten dürfe. | |
Doch die Untersuchungsrichterin Alessandra Vella wies die Anklage in allen | |
Punkten zurück. Zunächst einmal handele es sich bei dem Boot der | |
Finanzpolizei nicht um ein Kriegsschiff, hielt sie fest. Vor allem aber | |
habe die Kapitänin bis hin zum Anlegemanöver im Hafen nichts anderes getan, | |
als ihrer Pflicht zur Rettung von Menschen in Seenot nachzukommen. Gewiss, | |
dieses Manöver sei gefährlich gewesen, doch ein eventuelles Verbrechen | |
liege schon deshalb nicht vor, weil Rackete „in Erfüllung einer Pflicht | |
gehandelt“ habe. | |
Die Pflicht zur Seenotrettung nämlich sei nicht schon damit erledigt, dass | |
Schiffbrüchige an Bord genommen werden, sondern schließe ihren Transport in | |
einen sicheren Hafen ein. Und dieser Hafen sei nun einmal Lampedusa | |
gewesen, da weder die libyschen Häfen noch Tunis als sichere Häfen gelten | |
könnten. | |
## Schwere Schlappe für Salvini | |
Weitergehend führte die Untersuchungsrichterin aus, dass das von der | |
Regierung am 14. Juni verabschiedete „Sicherheitsdekret 2“ keine Anwendung | |
auf NGO-Schiffe finden könne. Dieses Dekret legt fest, dass den | |
Rettungsschiffen die Einfahrt in italienische Hoheitsgewässer verweigert | |
werden kann und dass bei Zuwiderhandeln Geldbußen von bis zu 50.000 Euro | |
sowie im Wiederholungsfall die Beschlagnahmung des Schiffs fällig werden. | |
Da aber NGO-Schiffe mit ihren völlig legalen Rettungsaktivitäten nicht | |
gegen Gesetze verstießen, könnten sie nicht zum Objekt solcher Sanktionen | |
werden, führt Vella aus. | |
Eine schwere Schlappe ist dieser Beschluss vor allem für den Innenminister | |
und Lega-Chef Matteo Salvini, der seit Tagen gegen die „reiche deutsche | |
Kriminelle“ hetzt, für die es nur eine Lösung gebe: „Ins Gefängnis!“ | |
Salvini sprach umgehend von einem „schändlichen und politischen Urteil, das | |
eine Verbrecherin auf freien Fuß setzt und Italien schadet“. | |
Er will jetzt seinerseits die sofortige Ausweisung Racketes aus Italien | |
verfügen. Doch auch dafür braucht er eine richterliche Zustimmung – und die | |
dürfte wenigstens in den nächsten Tagen kaum erteilt werden, denn Rackete | |
hat am 9. Juli einen weiteren Anhörungstermin in Agrigent in einem zweiten | |
Ermittlungsverfahren gegen sie. | |
## Justiz stellt sich hinter Seenotretterin | |
Dort lautet der Vorwurf, sie habe sich der Beihilfe zur illegalen | |
Einwanderung schuldig gemacht. Die Kapitänin der Sea Watch 3 muss jedoch | |
keineswegs fürchten, dass die Staatsanwalt Agrigent sich in diesem Punkt | |
Salvinis Position zu eigen macht. Dies wurde gestern deutlich, als der | |
Leitende Staatsanwalt Agrigents, Luigi Patronoaggio, bei einer Anhörung im | |
italienischen Abgeordnetenhaus auftrat. | |
Stück für Stück nahm er zentrale Positionen der Regierung auseinander. Es | |
gebe keinerlei Belege für Kontakte zwischen NGOs und libyschen Schleppern, | |
erklärte er. Die libyschen Häfen seien nicht sicher, die libysche | |
Küstenwache sei nicht in adäquater Weise in ihrer Such- und Rettungszone | |
präsent. Damit sind alle Voraussetzungen dafür gegeben, dass auch dieses | |
Verfahren gegen Rackete mit einer Einstellung endet. | |
3 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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