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# taz.de -- Wirtschaftspolitik mit Boris Johnson: Der Donald von Großbritannien
> Boris Johnson erinnert nicht nur in seinem Populismus an den
> US-Präsidenten Donald Trump. Auch bei ökonomischen Fragen ticken sie
> ähnlich.
Bild: Johnson inszeniert sich gerne als starker Mann, hier mithilfe eines Milit…
Berlin taz | Wer ist Boris Johnson? Diese Frage bewegt ganz Europa, ohne
dass es klare Antworten gäbe. Johnson selbst vergleicht sich am liebsten
mit [1][Winston Churchill, dem Premier im Zweiten Weltkrieg]. Aber diese
Analogie ist schon deswegen falsch, weil die Nazis fehlen, die er bekämpfen
könnte.
Viele konservative Johnson-Fans sehen in ihm auch eher eine männliche
Variante von Margaret Thatcher. Sie hoffen auf einen erneuten „Big Bang“,
die große Deregulierung, die die Reichen noch reicher macht. Doch auch
diese Analogie trifft nicht zu, weil sich Geschichte nicht wiederholen
lässt.
[2][Thatcher entmachtete die Gewerkschaften], privatisierte das
Staatsvermögen, baute Großbritannien zur Steueroase aus und deregulierte
den Finanzsektor. Thatcher war dabei so gründlich, dass es jetzt kein
Staatsvermögen mehr gibt, das Johnson verscherbeln könnte. Den Finanzsektor
kann er ebenfalls nicht mehr deregulieren, denn der dreht schon frei. Was
also ist von dem neuen Premier ökonomisch zu erwarten?
Es hilft ein Blick über den Atlantik: Johnson erinnert nicht an Thatcher,
sondern an US-Präsident Donald Trump. Gleich fünf Eigenschaften haben die
beiden Blonden gemeinsam, wenn es um die Wirtschaft geht.
## Alles finanzieren mit Nichts
Erstens: Sie stammen aus dem Establishment, werden aber vor allem von
sozial Deklassierten gewählt. Zweitens: Sie zetteln [3][sinnlose
Handelskriege] an, was bei den Briten [4][„Brexit“] heißt. Drittens: Beide
wollen die Steuern senken – und zwar vor allem für die Reichen. Viertens:
Gegen Staatsschulden haben sie nichts, solange sie selbst diese Defizite
machen. Fünftens: Inhaltliche Widersprüche sind kein Problem, sondern
[5][garantieren Erfolg bei den Wählern].
Diese unbekümmerte Widersprüchlichkeit ließ sich in den vergangenen Tagen
bestens beobachten, als Johnson erst in der Downing Street und dann im
Parlament auftrat. Jedes Mal trug er eine lange Liste vor, wo überall er
investieren will: in das Gesundheitswesen, das Internet, die Bildung, die
Polizei und den Wohnungsbau. Alles soll besser werden, aber die
Finanzierung fehlt, weil die Steuern ebenfalls sinken sollen. Ein
kohärentes Programm sieht anders aus.
Auch Trump ist nicht entgangen, wie groß die Ähnlichkeiten zwischen ihm und
Johnson sind. „He will be great“, twitterte der US-Präsident begeistert. Es
dürfte nicht mehr lange dauern, bis er Johnson ins Weiße Haus einlädt. Er
wird dem Briten einen „Deal“ anbieten.
Nichts könnte Johnson besser gebrauchen als diesen Imageerfolg, um weiter
am Brexit zu werkeln. Johnson wird die Legende verbreiten, man könne auf
den Handelspartner Europa bestens verzichten, da man die Supermacht USA auf
seiner Seite hat.
## Johnson braucht die Kehrtwende
Mit diesem Unsinn dürfte Johnson die eigenen Anhänger durchaus begeistern.
Boris-Fans wird nicht auffallen, dass in jedem „neuen“ Handelsvertrag mit
den USA ungefähr das Gleiche stehen dürfte wie in den alten Abkommen.
Zwischen Europa und Amerika herrscht längst Freihandel. Das lässt sich kaum
noch toppen.
Zum Glück sind die [6][Brexit-Fans inzwischen eine Minderheit]. Die
quälenden Debatten im Unterhaus waren nicht umsonst: Viele Briten ahnen
inzwischen, dass der Traum vom „truly global Britain“ schon deswegen absurd
ist, weil die weltweiten Märkte längst aufgeteilt sind. Niemand wartet auf
die Briten.
So bitter es für die englischen Nationalisten ist: Die Kunden der
britischen Firmen sitzen zumeist in Europa. Ein harter Brexit war daher nie
eine Option. Es wird also spannend, wann und wie Boris Johnson seine
Kehrtwende organisiert. Denn auch diesen Wesenszug hat er mit Trump
gemeinsam: Er besitzt ein pragmatisches Verhältnis zur Macht. Zum Premier
wurde Johnson, weil er als Hardliner posierte. Langfristig kann er aber in
diesem Amt nur bleiben, wenn er sich von einem harten Brexit wieder
verabschiedet.
27 Jul 2019
## LINKS
[1] /Historiendrama-ueber-Churchill/!5475417
[2] /Kommentar-Magaret-Thatcher/!5069820
[3] /Handelskrieg-zwischen-USA-und-China/!5606972
[4] /Schwerpunkt-Brexit/!t5313864
[5] /Amtsantritt-von-Boris-Johnson/!5608543
[6] /Warum-die-Briten-fuer-den-Brexit-stimmten/!5579705
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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Wirtschaftspolitik
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