| # taz.de -- Umweltaktivistin flieht aus Russland: Alexandra Korolewas Kampf | |
| > Die Klimakrise ist in Moskau kaum ein Thema. Eine Frau wollte das ändern. | |
| > Nachdem sie das Land verlassen musste, gibt sie sich weiter kämpferisch. | |
| Bild: „Ich habe das Gefühl, über Deutschland mit einem Fallschirm abgesprun… | |
| „Für mich gibt es nichts Wertvolleres als die Freiheit“, sagt Alexandra | |
| Korolewa. Die russische Umweltaktivistin fixiert ihr Gegenüber mit wachem | |
| Blick, in dem etwas Aufmunterndes liegt. Dabei müsste es umgekehrt sein. | |
| Denn sie steht mit einem Bein im Gefängnis, ihr drohen bis zu zwei Jahre | |
| Haft. | |
| Anfang Juni erhielt die 65-Jährige Post von der Staatsanwaltschaft, dass | |
| gegen sie ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Einer ersten | |
| Vernehmung entzog sie sich und flüchtete nach Deutschland. Hier hat sie | |
| einen Antrag auf politisches Asyl gestellt. | |
| Korolewa wurde in Kaliningrad geboren. Dort hatte sich ihre Mutter nach dem | |
| Zweiten Weltkrieg niedergelassen. Deren Vater, ein Ingenieur, war 1936 im | |
| Zuge der Stalin’schen Repressionen erschossen worden. „Das werde ich diesem | |
| Staat nie verzeihen“, sagt Korolewa. | |
| ## Weniger Freiräume für zivilgesellschaftliches Engagement | |
| Zum Studium der Biologie ging sie nach Leningrad, wo sie auch ihre Tochter | |
| zur Welt brachte. Ende der 70er Jahre kehrte Korolewa nach Kaliningrad | |
| zurück, arbeite zunächst an der Hochschule und wechselte dann ins | |
| Ministerium für Naturschutz. 1993 stieß sie zu Ekodefense – der ältesten | |
| russischen Nichtregierungsorganisation für Umweltschutz, deren Leiterin sie | |
| wurde. „In den 90er Jahren wurden unzählige NGOs gegründet. Für uns war das | |
| eine unvergessliche Zeit“, sagt sie. | |
| In den 2000er Jahren bot Ekodefense dem Giganten Lukoil, der Ölvorkommen im | |
| baltischen Schelf fördern wollte, erfolgreich Paroli. 2012 brachten | |
| Korolewa und ihre MitstreiterInnen Pläne für den Bau eines Atomkraftwerks | |
| zu Fall – „unser Sieg“, wie sie sagt. | |
| Spätestens ab 2014 unter Wladimir Putins zweiter Präsidentschaft wurden die | |
| Freiräume für zivilgesellschaftliches Engagement empfindlich beschnitten. | |
| Ekodefense, wie andere fremdfinanzierte NGOs auch, wurden als „ausländische | |
| Agenten“ gebrandmarkt. | |
| ## Unfreiwillig in der Rolle einer Beobachterin aus der Ferne | |
| Korolewa beugte sich dem nicht, genauso wenig wie sie der Zahlung von | |
| Geldstrafen nachkam, die seitdem regelmäßig gegen die Organisation verhängt | |
| werden. Ende 2018 wurde das Konto von Ekodefense eingefroren. Insgesamt | |
| belaufen sich die ausstehenden Zahlungen der NGO an den russischen Staat | |
| auf 1,2 Millionen Rubel (umgerechnet rund 16.900 Euro). | |
| Genau für diese „Unterlassungssünden“ soll Korolewa jetzt zur Verantwortu… | |
| gezogen werden, wobei es vor allem darum geht, die UmweltschützerInnen | |
| mundtot zu machen. Doch die geben nicht klein bei. Gerade arbeiten sie an | |
| einem Projekt zum Klimawandel in Kaliningrad – ein Thema, das bislang in | |
| Russland noch keins ist. | |
| Korolewa ist jetzt unfreiwillig in die Rolle einer Beobachterin aus der | |
| Ferne geschlüpft. „Ich habe das Gefühl, über Deutschland mit einem | |
| Fallschirm abgesprungen zu sein. Ich verstehe nur zu gut, dass mich hier | |
| niemand braucht“, sagt Korolewa. Aber nicht deswegen weint sie manchmal, | |
| sondern aus Rührung ob der Reaktionen vieler Menschen in Russland, die ihr | |
| schreiben oder Geld sammeln. „Der Staat ist mich losgeworden“, sagt sie, | |
| „aber eigentlich hat er verloren.“ | |
| 11 Jul 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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