# taz.de -- Russische Umweltaktivistin im Exil: Vielleicht kann sie bald zurück | |
> Weil sie in Russland von Haft bedroht ist, verließ Alexandra Korolewa das | |
> Land. Nun gab ihr ein russisches Gericht recht. | |
Bild: Ging wegen drohender Gefängnisstrafe nach Deutschland: Umweltaktivistin … | |
Zuletzt hatte Alexandra Korolewa gesagt, dass sie das Gefühl habe, auf | |
einer Schaukel zu sitzen. „Ich schwinge zwischen Verzweiflung und | |
Hoffnung“, erzählte die russische Umweltschützerin, die in Deutschland | |
politisches Asyl erhielt, im Gespräch mit der taz. Jetzt dürfte sie neue | |
Hoffnung schöpfen. Denn sie hat in ihrer Heimat einen wichtigen Sieg | |
errungen. | |
Vor wenigen Tagen gab ein Gericht des Kaliningrader Gebiets einer Berufung | |
von Korolewas Verteidigung gegen die Anordnung einer untergeordneten | |
Instanz statt. Diese hatte die Einleitung mehrerer Strafverfahren gegen die | |
66-Jährige als gesetzeskonform bezeichnet. Jetzt muss der Fall neu geprüft | |
werden. | |
Korolewas Vergehen: Die Nichtregierungsorganisation (NGO) Ekodefense, deren | |
Co-Vorsitzende sie in Kaliningrad ist, hatte sich geweigert, gegen sie | |
verhängte Geldstrafen zu bezahlen. Das kann in Russland mit mehreren Jahren | |
Haft geahndet werden. [1][Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen], war | |
Korolewa im Juni nach Deutschland geflohen. | |
Korolewa wurde in Kaliningrad geboren. Dort hatte sich ihre Mutter nach dem | |
Zweiten Weltkrieg niedergelassen. Deren Vater war 1936 im Zuge der | |
Stalin’schen Repressionen erschossen worden. „Das werde ich diesem Staat | |
nie verzeihen“, sagt Korolewa. | |
Zum Studium der Biologie ging sie nach Leningrad. Ende der 70er Jahre | |
kehrte Korolewa nach Kaliningrad zurück, arbeite an der Hochschule und | |
wechselte dann ins Ministerium für Naturschutz. 1993 stieß sie zu | |
Ekodefense, der ältesten russischen Nichtregierungsorganisation für | |
Umweltschutz, deren Leiterin sie wurde. „In den 90er Jahren wurden viele | |
NGOs gegründet. [2][Für uns war das eine unvergessliche Zeit]“, sagt sie. | |
## Sie hat ein gutes Gefühl | |
In den 2000er Jahren bot Ekodefense dem Giganten Lukoil, der Ölvorkommen im | |
baltischen Schelf fördern wollte, erfolgreich Paroli. 2012 brachten | |
Korolewa und ihre Mitstreiter*innen Pläne für den Bau eines Atomkraftwerks | |
zu Fall – „unser Sieg“, wie sie sagt. | |
Spätestens unter Wladimir Putins zweiter Präsidentschaft ab 2014 wurden die | |
Freiräume für zivilgesellschaftliches Engagement massiv beschnitten. | |
Ekodefense, wie andere fremdfinanzierte NGOs auch, wurde als „ausländische | |
Agenten“ gebrandmarkt. | |
Korolewa beugte sich dem nicht, genauso wenig, wie sie der Zahlung von | |
Geldstrafen nachkam. Ende 2018 wurde das Konto von Ekodefense eingefroren. | |
Insgesamt beliefen sich die ausstehenden Zahlungen der NGO an den | |
russischen Staat auf 1,2 Millionen Rubel (rund 16.900 Euro). | |
Nach ihrer Ankunft in Deutschland verbrachte Korolewa mehrere Monate in | |
einer Erstaufnahmestelle in Dresden, bevor sie zu einer Freundin zog. Ihre | |
Tätigkeit für Ekodefense setzte sie fort. Jetzt hofft sie, vielleicht | |
wieder nach Russland zurückkehren zu können. Mit dieser | |
Gerichtsentscheidung, sagt sie, „habe ich ein gutes Gefühl. Die Tür, die im | |
Juni vergangenen Jahres hinter mir zugeschlagen wurde, hat sich wieder ein | |
kleines Stück geöffnet.“ | |
13 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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