| # taz.de -- Hybrid-Kreuzfahrtschiff aus Norwegen: Halbwegs elektrisch durchs Eis | |
| > Norwegen stellt das erste Kreuzfahrtschiff mit Batterieantrieb vor. Für | |
| > manche Umweltschützer ein Durchbruch – aber nicht für alle. | |
| Bild: Das Hybrid-Kreuzfahrtschiff „Roald Amundsen“ – voll öko? Eher so n… | |
| Stockholm taz | Nach monatelanger Verspätung war es endlich so weit. Vom | |
| nordnorwegischem Tromsø aus startete am vergangenen Mittwoch die „Roald | |
| Amundsen“ zu ihrer Jungfernfahrt. Die soll sie erst entlang der | |
| norwegischen Küste und bis Donnerstag auch nach Hamburg führen. Es ist das | |
| weltweit erste – auch – batteriebetriebene Kreuzfahrtschiff. Die | |
| Hurtigruten-Reederei, die es bauen ließ, spricht stolz von einem „neuen | |
| Zeitalter“. | |
| Das kommt allerdings zunächst in kleinen Schritten daher. In der Praxis | |
| bedeutet der Hybrid-Antrieb des Schiffes, dass vier möglichst ständig mit | |
| optimaler Drehzahl laufende Dieselmotoren den Strom für die elektrisch | |
| betriebenen Schrauben und die übrige Schiffstechnik liefern sowie die | |
| Batterien laden. Die können auch per Landstrom aufgeladen werden. Die Akkus | |
| können bei höherem Strombedarf dazugeschaltet werden oder zeitweise | |
| ausschließlich als Schiffsantrieb dienen. | |
| Dafür reichen die gegenwärtig installierten Batteriepakete von 1,36 | |
| Megawattstunden allerdings nicht länger als für 20 bis maximal 30 Minuten. | |
| In naher Zukunft soll das Schiff mit zusätzlichen Akkus mit einem Effekt | |
| von rund 5 Megawattstunden nachgerüstet werden, was einen reinen | |
| Batteriebetrieb von 3 bis 4 Stunden möglich machen soll. Zusammen mit | |
| weiteren technischen Neuerungen wie einem veränderten Rumpf-Design will man | |
| damit auf eine Verminderung des gesamten Treibstoffverbrauchs um immerhin | |
| etwa 20 Prozent im Vergleich zu anderen Schiffen dieser Größenordnung | |
| kommen. | |
| Konkret rechnet man mit einer jährlichen CO2-Reduktion von rund 3.000 | |
| Tonnen. Man erreiche so eine Verringerung des Klimagasausstoßes „auf ein | |
| Niveau, das es bislang bei Kreuzfahrtschiffen nicht gab“, so | |
| „Hurtigruten“-Konzernchef Daniel Skjeldam anlässlich der Inbetriebnahme der | |
| „Roald Amundsen“ vor der Presse. | |
| Sigurd Enge, Schifffahrtsexperte bei der norwegischen | |
| Umweltschutzorganisation Bellona, spricht von einem wichtigen Schritt nach | |
| vorn, vor allem was Energieeffektivität und Hybridtechnik angehe: „Wir | |
| haben ja die Vision einer Zukunft für die Schifffahrt, die vorwiegend im | |
| Elektroantrieb liegen soll. Auch wenn die Schritte dorthin erst einmal | |
| klein scheinen mögen, so könnte die „Roald Amundsen“ der Startschuss für | |
| eine Konkurrenz um den Titel der grünsten Schiffe und Reedereien sein.“ | |
| ## „Von ‚grün‘ kann keine Rede sein“ | |
| Thor Haakon Bakke, Vorstandsmitglied der norwegischen Miljøpartiet De | |
| Grønne ist weniger beeindruckt: „Es ist natürlich schön, dass die ,Roald | |
| Amundsen' einen geringeren Klimagasausstoß als vergleichbare Schiffe hat. | |
| Aber von ‚grün‘ kann keine Rede sein.“ Auch mit ihrem Hybridantrieb werde | |
| sie dazu beitragen, dass die globale CO2-Belastung weiter steigen werde. | |
| Berücksichtige man außerdem, dass ihr geplantes Einsatzgebiet in polaren | |
| Gewässern liege und Kreuzfahrten in die Antarktis und durch die | |
| Nordwestpassage angeboten werden, so müsse man auch die Flugreisen | |
| mitrechnen, mit denen die Passagiere zu und von den Start- und Zielhäfen | |
| solcher Kreuzfahrten transportiert werden. Die Klimabilanz solcher Reisen | |
| sei katastrophal. | |
| „Das gesamte Geschäftsmodell der Kreuzfahrtbranche ist unvereinbar mit den | |
| Klimazielen, die wir haben“, betont Bakke. So, wie diese Kreuzfahrten | |
| durchgeführt werden, werde so viel Energie verbraucht, „dass sie niemals | |
| umweltfreundlich werden können“: Der ganze Hype um ein Schiff wie die | |
| „Roald Amundsen“ sei „reiner Technologie-Optimismus“. Natürlich könne… | |
| Einwände gegen die Kreuzfahrt-Branche haben, gesteht auch Sigurd Enge ein: | |
| „Aber das hilft nicht weiter. Sie verschwindet deshalb ja nicht wieder.“ | |
| Hurtigruten glaubt jedenfalls an einen weiteren Kreuzfahrtboom. Mit der | |
| „Fridtjof Nansen“ soll im kommenden Jahr ein baugleiches Schwesterschiff | |
| bei 140 Meter Länge, einer Tonnage von 20.889 Bruttoregistertonnen und | |
| Platz für 530 Passagiere den Betrieb aufnehmen. Und die Batterietechnik, | |
| die im Hochseeverkehr bisher recht begrenzt einsatzfähig ist, kann bald im | |
| küstennahen Verkehr beweisen, wie leistungsfähig sie sein kann. In den | |
| kommenden Jahren sollen die Häfen entlang der norwegischen Küste mit | |
| Ladestrom ausgerüstet und neue Schiffe mit einer Kombination von | |
| Flüssiggas- und Elektro-Antrieb zum Einsatz kommen. Techniken, die sich im | |
| innernorwegischen Fährverkehr bewährt haben. | |
| Staatliche Gelder seien eine Voraussetzung für den Bau von „Roald Amundsen“ | |
| gewesen, sagt Ola Oftedal, Hurtigruten-Projektingenieur. Oslo hat ein | |
| umfangreiches Programm für die Forschung und Entwicklung neuer Klima- und | |
| Energietechnologien aufgelegt, aus dem Unternehmen staatliche Unterstützung | |
| für die Mehrkosten energieeffizienter und die Emissionen reduzierender | |
| Investitionen erhalten können. Wie jetzt schon im Straßenverkehr will | |
| Norwegen auch bei der Elektrifizierung der Schifffahrt eine Vorreiterrolle | |
| spielen. Das Land hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 den Klimagasausstoß | |
| der nationalen Schifffahrt und der Fischerei zu halbieren. | |
| 8 Jul 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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