# taz.de -- Afghanische Friedensbemühungen: Eisbrechen mit den Taliban | |
> Katar und Deutschland wollen die afghanischen Taliban mit der Regierung | |
> an einen Verhandlungstisch bekommen. Zunächst gibt es informelle | |
> Gespräche. | |
Bild: Eine Delegation der Taliban trifft sich zu Gesprächen mit VertreterInnen… | |
Am Sonntag hat in Katars Hauptstadt Doha ein zweitägiges sogenanntes | |
intraafghanisches Dialogtreffen begonnen, bei dem [1][erstmals Vertreter | |
der Regierung aus Kabul mit denen der Taliban an einem Tisch] sitzen. | |
Allerdings nur jeweils in privater Funktion, um die Position der Taliban | |
formal aufrechtzuerhalten, dass sie noch nicht mit der Regierung sprechen. | |
Trotzdem fügt das Treffen den Friedensbemühungen für Afghanistan ein neues | |
Element hinzu. Die Regierungen Katars und Deutschlands haben als gemeinsame | |
Ausrichter etwa 60 Afghanen geladen, ein Fünftel davon Frauen. Als | |
Einzelpersonen sollen sie zwei Tage lang in geschlossener Sitzung ein | |
Prozedere und Themen für Friedensverhandlungen besprechen. | |
Sultan Barakat vom Zentrum für Konflikt- und Humanitäre Studien in Doha, | |
das im Auftrag Katars das Treffen organisierte, teilte per Tweet mit, | |
Samstagabend habe es schon ein gemeinsames Abendessen gegeben, „um das Eis | |
zu brechen“. Dabei war auch Washingtons Afghanistan-Chefverhandler Zalmay | |
Khalilzad. Er nimmt in Doha gerade an der siebten Runde der Verhandlungen | |
der USA mit den Taliban teil. Diese wurden für das Dialogtreffen | |
unterbrochen. | |
## Diversität bei Teilnehmenden | |
Am Sonntagvormittag eröffneten der katarische und der deutsche | |
Sondergesandte für Afghanistan, Mutlaq Al-Qahtani und Markus Potzel, die | |
Konferenz offiziell, mussten dann aber wie abgesprochen den Raum verlassen. | |
Bleiben durften Mediatoren der deutschen Berghof-Stiftung, die im Auftrag | |
Berlins die Konferenz begleiten. | |
Eine offizielle Teilnehmerliste wurde nicht veröffentlicht, eine | |
Tagesordnung sollten die Beteiligten selbst vereinbaren. Aus dem | |
Auswärtigen Amt hieß es vorab, die Teilnehmenden kämen aus Politik, | |
Gesellschaft und verschiedenen Regionen des Landes. Viele hätten oder | |
hatten Funktionen in Afghanistans Regierung. Die Regierung in Kabul war | |
jetzt offenbar nicht in Einzelheiten eingeweiht, legte dem Treffen aber | |
keine Steine in den Weg. | |
Bilder vom Abflug der Gruppe sowie von der Eröffnung in Doha in den | |
sozialen Medien zeigen viele TeilnehmerInnen. Der taz liegt die | |
vollständige Liste vor, mit früheren Parlamentsmitgliedern und | |
Mudschaheddinführern, aber auch Menschen- und FrauenrechtlerInnen. | |
Prominenteste Teilnehmer von Regierungsseite sind Nader Naderi, Ex-Mitglied | |
der unabhängigen Menschenrechtskommission, und Abdul Matin Bek, Sohn eines | |
nordafghanischen Warlords und mit Hochschulabschluss aus Delhi. Beide | |
stehen heute wichtigen Regierungsbehörden vor. Wie einige der teilnehmenden | |
Frauen stehen sie für die neue, modern gebildete Generation Afghanistans. | |
Dazu kommen 15 Taliban mit Chefverhandler Scher Muhammad Abbas Stanaksai an | |
der Spitze. | |
## Misstrauen abbauen | |
Anarkali Hunarjar, Ex-Abgeordnete und Aktivistin der kleinen, | |
nichtmuslimischen Sikh-Gemeinschaft, erklärte, sie würde in Doha im Namen | |
jener großen Bevölkerungsmehrheit sprechen, die einen „dauerhaften und | |
gerechten Frieden“ wolle und will die Taliban zu einem Waffenstillstand | |
drängen. Ferner wolle sie, dass der intraafghanische Dialog in reguläre | |
Verhandlungen übergeleitet werde. | |
Konkrete Beschlüsse sind jetzt nicht zu erwarten. Doch kann das Treffen | |
helfen, auf allen Seiten vorhandenes Misstrauen abzubauen und die | |
afghanischen Parteien konstruktiv auf das Wie von Friedensgesprächen zu | |
fokussieren. | |
Zu den Parallelverhandlungen zwischen den [2][USA und den Taliban], die | |
bisher ohne Beteiligung Kabuls stattfinden, gab es widersprüchliche | |
Angaben. US-Unterhändler Khalilzad sprach von Fortschritten bei allen | |
besprochenen Themen, auch zu intraafghanischen Verhandlungen. Die Taliban | |
beharren jedoch darauf, das solche erst stattfinden können, wenn die USA | |
öffentlich einen verbindlichen Zeitplan für einen Truppenabzug aus | |
Afghanistan vorlegen. | |
Nach einem schweren Taliban-Anschlag mit einer Autobombe auf eine | |
Geheimdiensteinrichtung in Kabul am letzten Montag gab es in der | |
afghanischen Zivilgesellschaft Boykottaufrufe für das Doha-Treffen. Diese | |
nahmen noch zu, nachdem sich am Sonntag in der südostafghanischen Stadt | |
Ghasni ein ähnlicher Anschlag ereignete. 12 Menschen wurden getötet, mehr | |
als 100 verletzt, darunter viele SchülerInnen. Doch gab es von den 60 nach | |
Doha Eingeladenen nur zwei Absagen „aus persönlichen Gründen“. | |
7 Jul 2019 | |
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[1] /Afghanische-Friedensbemuehungen/!5588206 | |
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## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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