| # taz.de -- Podcasterinnen über „Hart Unfair“: „Unser Ansatz ist aktivis… | |
| > Ari Christmann, Anna Dushime und Yelda Türkmen sprechen in ihrem Podcast | |
| > über Beyoncé, Duschen und Politik. Auch aus nicht weißer Perspektive. | |
| Bild: Einmal pro Woche podcasten Anna Dushime, Ari Christmann und Yelda Türkme… | |
| taz: Seit knapp drei Monaten haben Sie den wöchentlichen Podcast „Hart | |
| Unfair“. Sind Sie drei unfair, Frau Türkmen, Frau Dushime und Herr | |
| Christmann? | |
| Yelda Türkmen: Der Name rührt aus unseren Erfahrungen. Wenn ich als PoC | |
| weiße Deutsche dafür kritisiere, dass sie etwas Rassistisches gesagt oder | |
| gemacht haben, meinen diese häufig, dass der Vorwurf nicht fair sei. Dabei | |
| ist doch genau das Gegenteil der Fall – ihr rassistisches Verhalten ist | |
| nicht fair. | |
| Also keine Anspielung auf die Talkshow „Hart aber fair“? | |
| Anna Dushime: Es ist keine direkte Kritik an „Hart aber fair“, aber wir | |
| wollen schon eine Gegenperspektive zu deutschen Talkrunden darstellen, die | |
| immer nur die gleichen weißen Menschen zu Wort kommen lassen. | |
| Ari Christmann: Wir stoßen uns auch daran, dass viele Medien sich scheuen, | |
| Dinge explizit als rassistisch zu bezeichnen. Das wollen wir tun: Sagen, | |
| was wir denken, ohne davor zurückzuschrecken, dass wir jemanden verletzen. | |
| Denn Nazis und Sexisten sollten wir verletzen. | |
| Es ist also ein dezidiert politischer Podcast? | |
| Christmann: Es soll eine Mischung aus Politik und Popkultur, aus Plauderei | |
| und ernsteren Themen sein. Spannend finde ich, dass ich der einzige weiße | |
| Mann in diesem Projekt bin und die beiden Frauen die starken Stimmen sind. | |
| Und zwar keine weißen – sondern schwarze, PoC und geflüchtete Frauen. | |
| Dadurch haben wir bei egal welchem Thema, sei es Beyoncé, Trumps neuster | |
| Twitter-Fail oder innenpolitische Fragen, immer unterschiedliche | |
| Perspektiven. | |
| Dushime: Wir haben einen aktivistischen Ansatz, der ist untrennbar mit uns | |
| verbunden, wenn wir unsere Perspektiven als PoC, schwarze oder geflüchtete | |
| Frau einbringen. Das heißt nicht, dass wir ständig Häuser besetzen oder | |
| täglich auf Demonstrationen gehen, doch wir sind eben im Netz aktivistisch. | |
| Die [1][Podcast-Szene] erfährt in Deutschland gerade einen regelrechten | |
| Boom. Wieso wollten Sie einen machen? | |
| Dushime: Mit „Rice and Shine“, „Feuer und Brot“ oder „Kanackische Wel… | |
| gibt es schon gute diverse Podcasts, da möchten wir uns gerne einreihen. | |
| Doch bisher ist ein Großteil in der deutschen Podcastlandschaft immer noch | |
| von weißen Männer gemacht. | |
| Türkmen: Ich hatte schon lange Lust, einen Podcast zu machen, und habe dann | |
| einfach Anna und Ari gefragt. Wir kennen uns über unsere Arbeit und sitzen | |
| seitdem eh ständig privat zusammen und diskutieren über Politik. Da macht | |
| es auch keinen Unterschied, wenn man Mikrofone dazustellt. | |
| Arbeiten Sie also ohne Konzept und nachträglichem Schnitt? | |
| Türkmen: Wir besprechen davor, über welche Themen wir reden möchten, und | |
| überlegen uns dann einen groben roten Faden, damit wir nicht zu wirr | |
| durcheinanderreden. | |
| Dushime: Das ist in den ersten Folgen manchmal passiert, da haben wir vor | |
| Aufregung ein bisschen zu viel getrunken und reden alle durcheinander. | |
| Jetzt darf jeder nur noch ein alkoholisches Getränk dabei trinken. | |
| Christmann: Wir schneiden nur selten etwas raus. Es gehört aber auch zu | |
| unserem Charme, dass nicht alles perfekt ist. | |
| Türkmen: Wenn man mal etwas sagt, das jemand von uns nicht gut findet, | |
| widersprechen wir direkt im Gespräch. Anna ist beispielsweise sehr | |
| sprachsensibel und kritisiert uns, wenn wir diskriminierende Sprache | |
| benutzen. Und da diskutieren wir dann darüber. | |
| Hatten Sie Hemmungen bei der ersten Aufnahme? | |
| Dushime: Ich habe mir am Anfang schon überlegt, wie ehrlich darf ich sein | |
| und was ich mit unseren Hörer*innen teilen möchte. Doch uns war es von | |
| Beginn an wichtig, mit Klarnamen zu agieren. Vielleicht auch um ein | |
| bisschen Fame abzugreifen (lacht). | |
| Wäre eine YouTube-Sendung dafür nicht besser gewesen? | |
| Dushime: Einen Podcast kann man auch ungeduscht machen. | |
| Türkmen: Vor allem ist es barrierefreier und kostet uns nichts – außer | |
| Zeit, die wir gerne einsetzen. Für YouTube bräuchte man mehr finanzielle | |
| Mittel. Aber wir wollen auch nicht ausschließen, dass wir bald mal Videos | |
| produzieren. | |
| Unter Freund*innen erzählt man sich manchmal auch Dinge, von denen man nur | |
| halb Bescheid weiß. Ihr Podcast dagegen ist öffentlich, wie sehen Sie da | |
| Ihre Verantwortung gegenüber den Hörer*innen? | |
| Dushime: Im Idealfall ist natürlich alles faktisch korrekt, doch in der | |
| Realität passieren uns natürlich auch mal kleine Fehler, die wir dann | |
| richtigstellen müssen. | |
| Türkmen: Die müssen einem aber natürlich erst mal auffallen. Im Vorhinein | |
| alles sauber zu recherchieren, ist genau das, was sehr viel Zeit kostet. | |
| Aber es ist mir sehr wichtig, da Gespräche sonst schnell auf ein | |
| Stammtischniveau geraten. In unserer ersten Folge haben wir einfach viel | |
| gelabert, wie man das unter Freund*innen so macht. Aber jetzt stecken wir | |
| schon deutlich mehr Recherche rein. | |
| An wen richtet sich Ihr Podcast? | |
| Dushime: Ich stelle mir unsere Zielgruppe vor wie eine Party. Da gibt es | |
| die Menschen, mit denen man die meiste Zeit spricht und mit denen man | |
| meinungsmäßig auf einer Linie ist. Aber manchmal geht man dann auch ins | |
| benachbarte Zimmer und spricht mit BWL-Justus oder Kfz-Micha. So kann man | |
| einen Dialog entstehen lassen über Dinge, über die Justus und Micha | |
| vielleicht noch gar nicht nachgedacht haben. | |
| Christmann: Ich bin zufrieden, wenn ein paar Menschen über unsere Themen | |
| nachdenken und vielleicht ein bisschen was davon in ihren Alltag mitnehmen | |
| können. | |
| Und wie viele hören den Podcast momentan regelmäßig? | |
| Christmann: Exakte Zahlen der verschiedenen Plattformen kennen wir nicht, | |
| aber sie bewegen sich im dreistelligen Bereich. | |
| Und bekommen Sie Feedback von Ihren Hörer*innen? | |
| Dushime: Vor allem von Freunden, aber auch über Instagram oder Twitter. | |
| Viele schreiben uns ihre Meinung zu bestimmten Themen. Einmal haben wir | |
| darüber gesprochen, ob wir uns unsere Beine waschen, wenn wir duschen. Das | |
| Thema hat polarisiert. Das freut mich und ich hoffe, dass sie noch weiter | |
| zugehört haben, als wir über das Leben von trans Frauen in den USA | |
| gesprochen haben. Genau das ist unser Ziel, dass wir mit unserem | |
| kontroversen Duschthema die Leute reinziehen und ihnen dann auch etwas zu | |
| einem ernsten Thema mitgeben können. | |
| Türkmen: Mein Lieblingsfeedback kam bisher von Bekannten aus Köln. Unsere | |
| erste Podcast-Folge zu rassistischen Karnevalskostümen hat bei ihnen eine | |
| große Diskussion im Freundeskreis ausgelöst. Das finde ich super. | |
| In Ihrem Podcast nehmen Sie klar antirassistische und feministische | |
| Haltungen ein, gerade im Netz provozieren solche Meinungen. Bekommt ihr | |
| auch Hassnachrichten von Hörer*innen? | |
| Türkmen: Bisher zum Glück noch nicht. | |
| Dushime: Ich hoffe auch, dass Hater vielleicht zu faul sind, sich eine | |
| Stunde anzuhören, was wir zu erzählen haben, nur damit sie uns | |
| Hassnachrichten schreiben können. | |
| 29 Jun 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Podcasterinnen-ueber-Identitaet/!5573253 | |
| ## AUTOREN | |
| Carolina Schwarz | |
| ## TAGS | |
| Geflüchtete Frauen | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| People of Color | |
| Podcast-Guide | |
| Lesestück Interview | |
| Toxische Männlichkeit | |
| Podcast-Guide | |
| Finanzen | |
| Podcast-Guide | |
| Michelle Obama | |
| Sascha Lobo | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Initiative kämpft für Women of Color: „Emanze war ich schon immer“ | |
| Martha Dudzinski arbeitet dafür, dass sich mehr Frauen mit | |
| Migrationshintergrund eine Karriere zutrauen. Sie hat die Initiative SWANS | |
| mitbegründet. | |
| Interview mit „Männerkitsch“-Podcastern: „Was von der Männlichkeit ist … | |
| Podcaster Ansgar Riedißer und Max Deibert sprechen über Flirten und | |
| toxische Männlichkeit. Und darüber, welche Verantwortung sie als junge | |
| Männer haben. | |
| Podcastkritik „schon gehört?“: Instagram zum Anhören | |
| Promipodcasts sind oft so wie die Podcasts von früher, vor dem Hype: im | |
| Prinzip belanglos. So auch „Ja, ja, nee nee“ von Stuckrad-Barre und Bauer. | |
| Podcastkritik „schon gehört?“: Let's talk money | |
| Dauernd gibt es neue Podcasts. Schwer, da den Überblick zu behalten. | |
| Deshalb stellen wir in „schon gehört?“ unsere Entdeckungen vor. Diesmal | |
| geht's um Geld. | |
| Podcast „Paardiologie“: Charlotte Roche wird intim | |
| Gewalt, Eifersucht und alltägliche Freuden. Autorin Charlotte Roche seziert | |
| künftig mit ihrem Ehemann Martin Keß in einem Podcast ihre Ehe. | |
| Ex-Präsident der USA und Spotify: Die Obamas sehen und hören | |
| Nach Netflix schließt auch Spotify einen Vertrag mit dem Ehepaar Obama. Es | |
| geht um Popkultur gegen Trump. | |
| Digitalkonferenz Republica in Berlin: Zehn Dinge, die wir gelernt haben | |
| Die Republica ist das europaweit größte Treffen in Sachen Digitales. Wir | |
| waren dabei und haben unsere Erkenntnisse aufgelistet. |