Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Osnabrück bekommt grüne Landrätin: Das grüne Wunder
> Anna Kebschull gewinnt die Stichwahl gegen den langjährigen CDU-Landrat.
> Sie ist bundesweit die erste grüne Frau in einem solchen Amt.
Bild: Jubel in Osnabrück: Anna Kebschull (Grüne) nach ihrem Sieg gegen CDU-Ur…
Hannover taz | Die Grünen können auch Landrat: In Osnabrück setzte sich am
Sonntag bei der Stichwahl die grüne Kandidatin Anna Kebschull mit über 52
Prozent der Stimmen gegen den CDU-Kandidaten und bisherigen Landrat Michael
Lübbersmann durch. Er kam auf nicht ganz 48 Prozent. Damit errang Kebschull
für die Grünen nicht nur den ersten Landratsposten in Niedersachsen (in
Bayern gibt es bereits zwei grüne Landräte), sie ist außerdem bundesweit
die erste grüne Frau in dieser Funktion.
Vor drei Wochen, als in Niedersachsen gleichzeitig mit der Europawahl auch
Bürgermeister und Landräte gewählt wurden, lag Lübbersmann noch vorn. Jetzt
hat sich das Blatt gewendet, die Grünen jubeln. „Das ist ein sensationeller
Wahlsieg, der zeigt, Grüne können auch auf dem Land überzeugen“, sagte
Volker Bajus, Fraktionschef der Grünen im Osnabrücker Stadtrat.
Damit haben die Grünen einen Lauf, der anhält. Mit 22,6 Prozent konnte die
Öko-Partei bei der Europawahl am 26. Mai die SPD und die anderen Parteien
weit hinter sich lassen. Nur die CDU lag mit nicht ganz 30 Prozent noch vor
den Grünen.
Die Landratsstichwahl in Osnabrück am Sonntag war – so wie in 22 anderen
niedersächsischen Kommunen auch – nötig geworden, weil weder Kebschull noch
Lübbersmann die absolute Mehrheit gewinnen konnte. Für die grüne
Fraktionsvorständin ist das aktuelle Ergebnis ein Zeichen dafür, dass die
„Menschen Veränderung wollen“. Klassisch grüne Themen wie Klima-, Luft-,
Gewässer- und Artenschutz, weniger Autos und mehr Fahrräder und Bahnen
sowie Solarenergie haben gerade Konjunktur – und die Grünen enormen Zulauf.
Mehr als 10.000 neue Mitglieder verzeichnet die Partei in den vergangenen
Wochen bundesweit, wie Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte. Das
politische Berlin spricht gar schon von einer oder einem Grünen im
Bundeskanzleramt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts emnid
am Wochenende hängen die Grünen mit 27 Prozent des Wählerzuspruchs
mittlerweile sogar die Union ab, die bei 25 Prozent liegt.
Der Bundestrend wirkt sich direkt auf die Kommunalebene aus. Der Landkreis
Osnabrück war seit dem Zweiten Weltkrieg fest in der Hand der CDU,
Lübbersmann regierte seit 2011. Der nahm es – zumindest nach außen –
gelassen und bedauerte, es nicht mehr vermocht zu haben, seine Wähler zu
mobilisieren. Er sagt: „Das ist Demokratie.“
Die Niedersachsen-CDU interpretiert die Stichwahlen als „ganz ordentlich“,
wie CDU-Wirtschaftsminister und Vizeministerpräsident Bernd Althusmann
sagte: „Die CDU bleibt die Niedersachsen-Partei.“ Das ist im Agrarland
Niedersachsen nicht verwunderlich – die stark männlich geprägte CDU wird
hier vornehmlich von Landwirten gewählt.
Aber selbst in ihren Reihen gibt es ein zartes Umdenken. So sagte eine
Bäuerin in einem Dorf im Landkreis Lüchow-Dannenberg, die ihren Namen aus
Konkurrenzgründen nicht in der Zeitung lesen will, kürzlich am Rande einer
Kulturveranstaltung, dass sie überlege, nicht nur weniger zu düngen,
sondern stellenweise komplett auf chemischen und biologischen Dünger zu
verzichten: „Da, wo es geht.“
Und die SPD? Hat wieder verloren. In Neustadt, Burgdorf und Lehrte mussten
die Sozialdemokraten den Bürgermeisterposten an die CDU und an die Grünen
abgeben. Im Landkreis Lüneburg verlor die SPD das Landratsamt an die CDU,
wenn auch äußerst knapp mit 176 Stimmen. Damit gibt es mit Jens Böther nach
13 Jahren wieder einen CDU-Landrat. Zuvor hatte der SPD-Mann Manfred
Nahrstedt das Amt inne.
Zurück zum „grünen Wunder“ Kebschull in Osnabrück. Die 46-jährige
Ingenieurin mit Schwerpunkt Umwelt- und Naturschutz hat viel vor. Am
liebsten würde sie den ÖPNV kostenfrei gestalten, massiv in Bildung
investieren und den geplanten Autobahnausbau der A33 von Osnabrück nach Bad
Wünnenberg in Nordrhein-Westfalen stoppen.
Das Landratsamt gilt als anspruchsvoller Posten. Landräte vertreten ihren
Landkreis sowohl nach außen als auch nach innen. Diese „Doppelrolle“
verlangt viel Verwaltungskenntnis ab, die viele Landräte nicht mitbringen.
Kebschull ist Inhaberin der Nachhilfeschulen „Schulkompass“.
18 Jun 2019
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Osnabrück
Grüne Niedersachsen
Agrarpolitik
Kommunen
Niedersachsen
Grüne Niedersachsen
Osnabrück
Niedersachsen
Niedersachsen
Grüne Niedersachsen
Naturschutz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Grüne über ihren Job als Landrätin: „Die Loyalität ist enorm“
Anna Kebschull ist die neue Landrätin im Landkreis Osnabrück – und damit in
Deutschland die erste Grüne in dieser Position.
Protest gegen Bau der A33 Nord: Familienfest inklusive
Bei Osnabrück soll eine neue Autobahn gebaut werden. Die Initiative „Stoppt
A33 Nord“ kämpft dagegen – mit aktiver Unterstützung der Bevölkerung.
Streit um Wahlzettel in Niedersachsen: Grüner Zettel, grüne Landrätin?
Ein Mann legt Widerspruch gegen die Landratswahl in Osnabrück ein. Er
glaubt, die Farbe der Wahlunterlagen habe den Grünen geholfen.
Stichwahl um Landkreis Osnabrück: Erstmals gewinnt eine Grüne
In Osnabrück hat Anna Kebschull die Landratswahl gewonnen. Sie ist die
erste Nicht-CDUlerin seit Kriegsende in dem Amt.
Landratswahl im Kreis Osnabrück: Eine historische Chance
CDU-Landrat Michael Lübbersmann bekommt im Kreis Osnabrück erstmals echte
Konkurrenz: Die grüne Kandidatin Anna Kebschull zwingt ihn in die
Stichwahl.
Jeder Quadratmeter Düngung zählt: Wenn der Bauernchef reingrätscht
Der Osnabrücker Kreistag bremst seine eigene Naturschutzbehörde aus – und
knickt beim Gewässerschutz vor den Bäuer*innen ein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.