# taz.de -- Wirtschaftsminister in China: Leise Töne in lauten Zeiten | |
> Wirtschaftsminister Altmaier ist fasziniert von Chinas Industriepolitik. | |
> Er will von Peking lernen – und kritisiert zugleich dessen | |
> Industriepolitik. | |
Bild: Bereits die zweite China-Reise in diesem Jahr: Peter Altmaier | |
HONGKONG taz | Peter Altmaier ließ sich seine gute Laune nicht verderben. | |
Dabei hatte erneut eine Regierungsmaschine versagt. Kurz vor dem Start in | |
Tegel musste sein Flug nach Peking abgesagt werden, er selbst und die ihn | |
begleitende Wirtschaftsdelegation mussten in eine Linienmaschine umsteigen. | |
Probleme mit der Crew, hieß es zur Begründung. Altmaier strahlte dennoch, | |
als er am Zielort vor die Presse trat. | |
Der Bundeswirtschaftsminister von der CDU hat in den vergangenen Monaten | |
mehrfach zu erkennen gegeben, dass er eine gewisse Faszination für Chinas | |
Modell hegt: Staatskapitalismus mit starken marktwirtschaftlichen | |
Elementen. Auch wenn er zuletzt auf einer Pressekonferenz in Berlin | |
explizit betont hatte, dass er keinen Systemwechsel wünsche, sondern | |
lediglich Deutschland fit machen wolle für „die Herausforderung China“. | |
Mit seinem Ruf nach einer „strategischen Leitlinie für eine deutsche und | |
europäische Industriepolitik“ und die Förderung von „Champions“ hat er | |
zuletzt jede Menge Kritik einstecken müssen. Vor allem der deutsche | |
Mittelstand fürchtet, bei einer gezielten Unterstützung großer Unternehmen | |
unter die Räder zu kommen. Chinas Führung macht genau das: Sie schafft | |
Weltmarktführer. Auf seiner dreitägigen China-Reise – es ist die bereits | |
zweite in diesem Jahr – will Altmaier sich derzeit ein genaues Bild machen. | |
Offiziell lautet sein Regierungsauftrag allerdings, auf die Kehrseiten von | |
Chinas Industriepolitik einzugehen: die Benachteiligung ausländischer | |
Unternehmen etwa. Bei seinen ersten Gesprächen mit der chinesischen | |
Regierung forderte er denn auch vom chinesischen Handelsminister Zhong Shan | |
gleiche Wettbewerbsbedingungen und eine „Art Fahrplan“ mit festen Zielen. | |
„Ich habe weder Drohungen auf den Tisch gelegt noch Dinge verharmlost“, | |
versicherte der Minister. | |
Für Altmaier ist China ein zentrales Thema. Vom Umgang mit der | |
Volksrepublik hängt aus seiner Sicht die Zukunft Deutschlands ab. Bislang | |
wollten die Chinesen von der deutschen Industrie lernen. Die deutschen | |
Unternehmen haben daran prächtig verdient. Doch das ändert sich rasch: Das | |
Reich der Mitte entwickelt sich zum größten Konkurrenten in | |
Schlüsselbranchen wie Maschinenbau oder Elektromobilität. Altmaier fordert | |
eine gesamteuropäische Antwort darauf. | |
## „Eskalation verhindern“ | |
In Peking traf Altmaier am Donnerstag zudem den chinesischen | |
Chefunterhändler in den festgefahrenen Handelsgesprächen zwischen den USA | |
und China, Vizepremier Liu He. Altmaier äußerte seine Sorge über den sich | |
immer weiter verschärfenden Ton. „Deutschland hat ein Interesse daran, eine | |
Eskalation zu verhindern“, sagte er. | |
Deutschland und China ereilt ein ähnliches Schicksal. Beide Länder stehen | |
am Pranger von US-Präsident Donald Trump, der sie wegen der hohen | |
Exportüberschüsse mit Zusatzzöllen bestrafen will. Nächste Woche werden | |
sich US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping | |
am Rande des G20-Gipfels im japanischen Osaka begegnen. Von dem Treffen | |
wird abhängen, ob der Konflikt nicht doch beigelegt werden kann. | |
Altmaier will sich am Freitag in Schanghai mit dem ebenfalls [1][von den | |
USA unter Druck geratenen chinesischen Telekomriesen Huawei] treffen. Der | |
weltweit führende Netzwerkausrüster hofft, beim Ausbau des neuen | |
5G-Mobilfunknetzes in Deutschland zum Zuge zu kommen. Die US-Regierung | |
wirft Huawei vor, Spionagetechnik einzusetzen, und fordert, dass auch | |
andere Länder auf Huawei-Technik verzichten. Beweise für den | |
Spionagevorwurf haben die USA aber nie vorgelegt. | |
Altmaier betonte in Peking, beim deutschen Mobilfunknetz werde kein | |
Unternehmen diskriminiert, zugleich erklärte er, dass Hard- und Software | |
aus China höchsten Sicherheitsansprüchen genügen müssten. Er zeigte sich | |
aber zuversichtlich, dass „Lösungen im beiderseitigen Interesse“ gefunden | |
werden. | |
20 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Handelskonflikt-mit-China/!5593046 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
## TAGS | |
China | |
Wirtschaftspolitik | |
Peter Altmaier | |
USA | |
Hongkong | |
Carrie Lam | |
Zölle | |
China | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Huawei gegen die USA: Auf in die nächste Runde! | |
Der chinesische Technikkonzern erlebt „schwierige Zeiten“, hat aber eine | |
Strategie gegen Anfeindungen. Das eigene Betriebssystem ist fast fertig. | |
Proteste in Hongkong: Auch die Businesswelt muckt auf | |
Hongkongs Geschäftsleute sind wegen des geplanten Auslieferungsgesetzes | |
alarmiert. Früher hielten sie wegen ihrer Abhängigkeit von China still. | |
Kommentar Hongkong und China: Grüße aus der renitenten Stadt | |
Hongkongs Autonomieformel „Ein Land, zwei Systeme“ lässt viele | |
Interpretationen zu. In der Praxis ist sie eine flexible Mogelpackung. | |
Handelskonflikt zwischen China und USA: Trump erhöht Zölle | |
Noch während der Verhandlungen erhöht der US-Präsident die Sonderzölle | |
chinesische Importe. Jetzt droht Peking mit Gegenmaßnahmen. | |
Beschäftigte der Tech-Industrie in China: Protest gegen die 72-Stunden-Woche | |
Arbeiten von 9 bis 9 Uhr, sechs Tage am Stück – Alibaba-Chef Jack Ma | |
findet, Überstunden seien für junge Leute ein „großer Segen“. Die sehen … | |
anders. |