# taz.de -- Rechtsextreme in Österreich: Strache will nach Brüssel | |
> Der Ex-FPÖ-Chef scheint nun doch sein Mandat im EU-Parlament annehmen zu | |
> wollen. Gleichzeitig holt ihn seine rechtsextreme Vergangenheit ein. | |
Bild: Treibt wohl künftig in Brüssel sein Unwesen: Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christi… | |
WIEN taz | Heinz-Christian Strache will nicht ausschließen, dass er sein | |
Mandat im EU-Parlament annimmt. Mit dieser Mitteilung am Dienstag bringt er | |
seine eigene Partei in Verlegenheit. War Strache nicht am 18. Mai, einen | |
Tag nach Bekanntwerden des berüchtigten [1][Ibiza-Videos] von allen | |
politischen Funktionen zurückgetreten? | |
Dass der damalige Parteichef nach Brüssel geht, war nie vorgesehen. Seine | |
Kandidatur an 42. und letzter Stelle des Wahlvorschlags der FPÖ galt als | |
Solidaritätsgeste. Doch sein Jetzt-erst-recht-Wahlkampf mobilisierte das | |
Parteivolk. 44.750 Wähler trugen am 26. Mai Straches Namen in das Kästchen | |
für die Vorzugsstimmen ein und katapultierten ihn damit an die zweite | |
Stelle der Liste hinter Spitzenkandidat Harald Vilimsky. | |
Ein erstes Facebook-Posting, in dem er die Annahme des Mandats ankündigte, | |
wurde schnell wieder entfernt. In der FPÖ, die bemüht war, vom Inhalt des | |
Skandal-Videos abzulenken, schrillten die Alarmglocken. Nach der Übernahme | |
der Parteiführung durch den gemäßigt auftretenden Norbert Hofer und das | |
Misstrauensvotum gegen die gesamte Regierung von Sebastian Kurz (ÖVP) | |
sprach niemand mehr vom eigentlichen Auslöser der Regierungskrise. | |
Im Juli 2017 war Strache mit seinem Parteifreund Johann Gudenus, damals | |
Vizebürgermeister von Wien, auf Ibiza in eine Falle getappt. Ein | |
siebenstündiges Video dokumentiert, wie Strache einer vermeintlichen | |
russisch-lettischen Oligarchin fette Staatsaufträge und sogar Geschäfte mit | |
Trinkwasser verspricht, wenn sie der FPÖ durch Parteispenden an die | |
Regierung verhilft. | |
## Comeback vorbereitet | |
Wer gedacht hätte, dass Strache nach dem peinlichen Auftritt eine Zeitlang | |
in der Versenkung verschwinden würde, hat sich getäuscht. Ehefrau Philippa, | |
die als Tierschutzbeauftragte der FPÖ auf den Society-Seiten des Boulevards | |
Dauerpräsenz zeigt, ging in Serieninterviews in die Offensive und bereitete | |
den Boden für ihres Gatten Comeback. | |
„Ich würde ihm so sehr wünschen, dass sein politischer Weg noch nicht zu | |
Ende ist“, so Frau Strache im Magazin NEWS. Er habe sich ja nichts | |
zuschulden kommen lassen und sei außerdem „viel zu jung, um nur zu Hause zu | |
sitzen.“ | |
Strache selbst, der am liebsten über die sozialen Medien kommuniziert, | |
sieht seine Aufgabe derzeit vorrangig in der [2][„Aufklärung der | |
Hintergründe und Hintermänner des „Ibiza-Videos“]. Für ihn handelt es si… | |
um „ein politisches Attentat auf meine Person, die FPÖ und eine bis zum | |
17.05.2019 erfolgreich arbeitende Regierung dieses Landes“. | |
Manfred Haimbuchner, der als Vize-Landeshauptmann in Oberösterreich in | |
einer glücklichen Koalition mit der ÖVP lebt, dementierte zwar, er habe | |
Strache mit dem Parteiausschluss gedroht, sollte er das unverhofft | |
ergatterte Mandat annehmen, doch fand er deutliche Worte: „Wer im vollen | |
Bewusstsein seines Handelns gegen diese Werte verstößt, der schadet dem | |
Ansehen unseres Landes, unserer Partei und dem österreichischen Volk“. | |
## Kompromiss ausgehandelt | |
Herbert Kickl, der Strache jahrelang als Redenschreiber und Ratgeber | |
begleitet hatte, ließ seinen ehemaligen Parteichef wissen, er werde auf das | |
Mandat in Brüssel verzichten“. Einen Kompromiss scheint der designierte | |
Parteichef Norbert Hofer ausgehandelt zu haben. Sollte Strache nach Brüssel | |
gehen, werde er „auf sämtliche Funktionen innerhalb der FPÖ“ verzichten �… | |
und zwar „bis zur vollständigen Aufklärung der Umstände rund um das | |
Ibiza-Video“. | |
Der Parteivorstand hat das am Dienstag einstimmig angenommen. Ob mit den | |
Umständen nur die Autorenschaft oder auch der Inhalt gemeint ist, blieb | |
offen. | |
Bevor Strache sein Mandat annimmt, könnte er aber von seiner Vergangenheit | |
eingeholt werden. Denn das Wiener Stadtmagazin Falter veröffentlichte am | |
Mittwoch eine Postkarte vom November 1990, auf der Strache gemeinsam mit | |
einigen Bundesbrüdern der Burschenschaft Olympia „Deutsche Heilgrüße“ und | |
„Heil Deutschland!“ an die Zuhause Gebliebenen schickt. | |
Er firmiert mit seinem Verbindungsnamen Heinrich der Glückliche. Der Fund | |
ist insofern brisant, als Strache immer behauptet hatte, seine | |
Neonazi-Vergangenheit sei eine ferne Jugendsünde. Damals war er aber | |
bereits 21 Jahre alt und FPÖ-Funktionär in Wien. Geschickt wurde die Karte | |
aus der Steiermark an eine Adresse in „Deutsch-Österreich“. | |
5 Jun 2019 | |
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[1] /Regierungskrise-in-Oesterreich/!5596341 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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