# taz.de -- Misstrauensvotum in Österreich: Kurz zieht den Kürzeren | |
> Sebastian Kurz hat den Misstrauensantrag der Opposition nicht | |
> überstanden. Auch der bisherige Koalitionspartner FPÖ stimmte gegen ihn. | |
Bild: Nicht überraschend, aber jetzt ist er wohl nicht mehr Kanzler: Sebastian… | |
WIEN taz | Österreich hat seine Regierung verloren. [1][Sebastian Kurz] | |
beobachtete mit steinerner Miene, wie die Zweite Nationalratspräsidentin | |
Doris Bures am Montag um 16:15 seine Absetzung als Bundeskanzler | |
verkündete. Mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt wurde ihm im | |
Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen. Erstmals in der Geschichte der | |
Zweiten Republik wurde damit ein Misstrauensantrag gegen ein | |
Regierungsmitglied angenommen. | |
Ausgelöst wurde die Krise vor über einer Woche durch die Veröffentlichung | |
[2][eines heimlich aufgenommenen Videos]. Auf dem ist der damalige FPÖ-Chef | |
Heinz-Christian Strache zu sehen, wie er einer vermeintlichen russischen | |
Oligarchin unter anderem Staatsaufträge, Mehrheitsanteile an der | |
einflussreichen Kronen Zeitung und sogar Geschäfte mit dem österreichischen | |
Trinkwasser in Aussicht stellt, wenn sie seine Partei sponsert. | |
Es folgte Straches Rücktritt, danach beantragte Bundeskanzler Kurz beim | |
Bundespräsident Alexander Van der Bellen auch [3][die Entlassung von | |
Innenminister Herbert Kickl]. Mit ihm traten auch die anderen | |
FPÖ-Kabinettsmitglieder zurück und Kurz rief Neuwahlen aus, die im | |
September stattfinden sollen. Die vakanten Posten füllte er mit | |
Technokraten, die fast alle seiner Partei nahestehen. | |
Für die Sondersitzung des Nationalrates am Montag waren zwei | |
Misstrauensanträge angekündigt, einer von der Liste Jetzt gegen den | |
Bundeskanzler und ein zweiter von der SPÖ gegen die gesamte Regierung. | |
Begründung: der Bundeskanzler habe in der Krise das Parlament nicht | |
einbezogen und allein eine ÖVP-Minderheitsregierung installiert. | |
Kurz hatte bei der Bestellung der Interimsminister die Opposition nicht | |
konsultiert und ihnen Kabinettschefs aus seinem politischen Umfeld an die | |
Seite gestellt. SPÖ-Chefin sprach vor dem Einbringen des Misstrauensantrags | |
von einem „schamlosen, zügellosen und verantwortungslosen Griff nach der | |
Macht“. FPÖ-Fraktionschef Herbert Kickl, vor wenigen Tagen noch | |
Innenminister, sprach von Sippenhaft, in die Kurz die ganze Partei nach dem | |
„Fehlverhalten von zwei Personen“ genommen habe. Für ihn war der Zugriff | |
auf das Innenministerium für die ÖVP das wahre Motiv für das Sprengen der | |
Regierung. | |
Peter Pilz von der Liste Jetzt verglich Kurz mit dem seinerzeitigen | |
Finanzminister Karl-Heinz Grasser: „Beide haben größten Schaden | |
angerichtet“. Grasser, gegen den noch ein Korruptionsprozess läuft, habe | |
aus Geldgier gehandelt, Kurz aus Machtgier. Mehrere Redner erinnerten | |
daran, dass Kurz in zwei Jahren bereits zwei Regierungen in die Luft | |
gesprengt habe, nämlich erst als Juniorpartner der SPÖ im Mai 2017. | |
Der Kanzler selbst sieht sich als Opfer der „Rachegelüste“ der SPÖ und | |
deren Versuch, sich für die Wahlen im Herbst eine bessere Ausgangsposition | |
zu verschaffen. | |
Jetzt ist der Bundespräsident am Zug. Laut Verfassung hat er „unverzüglich�… | |
eine geschäftsführende Regierung zu bestellen. Das heißt, er wird wohl im | |
Laufe des Dienstags eine Person seines Vertrauens mit der Regierungsbildung | |
beauftragen. Das Kabinett wird dann vermutlich aus hochrangigen Beamten | |
bestehen. Es muss sich dann einer Vertrauensabstimmung im Parlament | |
stellen. | |
27 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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