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# taz.de -- Fridays for Future und Ende Gelände: Zwei Demos, ein Ziel
> Am 21. Juni ist Großdemo-Tag: Fridays for Future ruft nach Aachen, Ende
> Gelände ins Braunkohlerevier. Radikalisieren sich jetzt die Schüler?
Bild: Aktivist*innen von Ende Gelände auf dem Weg zur Blockade im vergangenen …
Berlin/Hannover taz | An einem kalten Herbstsonnabend vor einer halben
Ewigkeit, als Luisa Neubauer noch eine unbekannte Geografiestudentin aus
Göttingen ist, rennt Nike Mahlhaus in einem weißen Maleranzug auf eine
Polizeikette zu. Ein Strahl Pfefferspray trifft ihr Gesicht, sie rennt
weiter, an einem Wasserwerfer vorbei. Den Hügel hoch, dann über die
gesperrte Autobahn. Völlig außer Atem erreicht sie das Gleis, das die
Kohlekraftwerke von RWE mit dem Tagebau Garzweiler verbindet. Mit etwa
1.000 Aktivist*innen von Ende Gelände [1][blockiert sie über Nacht das
Gleisbett], einige ketten sich an.
Ein paar Wochen später, am 14. Dezember 2018, sammeln sich vor dem Landtag
in Kiel ein paar hundert Schüler*innen. Es ist die erste Demonstration von
Fridays for Future (FFF) in Deutschland. Im Januar organisiert die
Zehntklässlerin Lina Haas, 15 Jahre, mit zwei Freundinnen den ersten
Schulstreik in Hannover. Es wird eine globale Bewegung. Allein in Hannover
gehen vor der Europawahl 12.000 Menschen auf die Straße. Greta Thunberg
wird zur Ikone, Luisa Neubauer wird Talkshowgast. Sie verändern
Wahlergebnisse und verdrängen die AfD von den Titelseiten.
Was die einen mit radikalen Aktionen in den vergangenen vier Jahren nicht
schafften, schaffen die anderen mit braven Demonstrationen. Und trotzdem
will Lina Haas jetzt tun, was Nike Mahlhaus im vergangenen Herbst getan hat
– und nicht andersherum: „Es reicht nicht mehr, nur auf die Straße zu
gehen“, sagt Haas.
Warum nicht? Und was bedeutet das eigentlich für die Zukunft der neuen
Klimabewegung?
Am Mittwoch dieser Woche steht Nike Mahlhaus vor einem ehemals besetzten
Haus in Berlin-Friedrichshain. Sie wartet auf ihre Mitstreiter*innen der
Berliner Ortsgruppe von Ende Gelände, letzte Planungen für die Blockade im
rheinischen Braunkohlerevier am kommenden Wochenende. Mit dem neuen
politischen Rückenwind hoffen sie auf mehr Teilnehmer*innen als in den
vergangenen Jahren. Parallel dazu rufen die Schüler*innen zu einer
zentralen Demonstration in Aachen auf. Wenn der Schülerstreik eine
[2][„Zubringerdemo“ zu den Protesten von Ende Gelände werden sollte], wie
manche sagen, könnten neben erfahrenen Klimaaktivist*innen auch Tausende
Jugendliche die Gleise und Kohlebagger blockieren.
Mahlhaus ist 25 Jahre alt, aufgewachsen in einem grünen Haushalt in
Baden-Württemberg, autofrei. Politisch aktiv war sie lange nicht – bis sie
vor knapp zwei Jahren mit Freund*innen zu ihrer ersten Blockade von Ende
Gelände fuhr. Mahlhaus sagt, sie habe dort das erste Mal erlebt, dass man
etwas tun kann, mit dem eigenen Körper.
## Es gibt einige, die neidisch sind
Heute ist sie Sprecherin des Bündnisses, kommentiert in Interviews den
Kohlekompromiss, von dem sie nichts hält, spricht nach einer
Baggerbesetzung in der Lausitz. Ihr Studium der Sozialwissenschaften, na
ja, eingeschrieben ist sie noch. Ihre Mutter sagt, sie solle bitte ihren
Abschluss machen.
Nach vielen Jahren der umweltpolitischen Apathie war Ende Gelände eine der
ersten linken Bewegungen, die sich des Themas wieder annahm. 2014 schlossen
sich verschiedene Umwelt- und Anti-AKW-Gruppen zu Ende Gelände zusammen,
2015 besetzten sie das erste Mal einen Tagebau. Im Vergleich zum
Schulstreik ist Ende Gelände ein Fossil, hat aber stets weniger
Aufmerksamkeit bekommen. Es gibt einige, die neidisch sind auf die
Schüler*innen. Nike Mahlhaus ist das nicht. „Greta und die Schüler*innen
haben den Diskurs verschoben, das hätten wir nie geschafft“, sagt sie. „Was
heute im Mainstream angelangt ist: sofort raus aus der Kohle, oder auch die
letzte Sonntagsfrage: 27 Prozent für die Grünen, das ist der Hammer!“
Die Schülerstreiks und Ende Gelände. Sind sie Konkurrenz? Oder ist das
Arbeitsteilung?
Freitag vor Pfingsten, Invalidenpark, Berlin-Mitte. Aus allen Seitenstraßen
strömen und radeln bunte Grüppchen mit Plakaten und Fahnen. Vor dem Brunnen
der Grünanlage bauen Jugendliche große Lautsprecherboxen auf, aus denen
später Tim Bendzko „Muss nur noch kurz die Welt retten“ säuselt. Leute
umarmen sich tanzend, man kennt sich mittlerweile. Etwa 800 Menschen,
mehrheitlich Schüler*innen, streiken an diesem Vormittag vor dem
Pfingstwochenende, gut gelaunt, aufgedreht. Im Hintergrund ruft eine
schrille Stimme durch das Mikrofon: „Wer nicht hüpft, der ist für Kohle,
hey, hey“, weiter hinten startet eine Wasserschlacht.
## 5-nach-12-Rhetorik und ziviler Ungehorsam
Marcel Schieferstein studiert Ernährungswissenschaften in Gießen, in Berlin
ist er heute zu Besuch. Seit einigen Monaten geht er sporadisch zu den
Demos, er glaubt, dass das allein nicht ausreicht. „Demonstrationen werden
dann doch relativ schnell langweilig“, sagt Schieferstein, grinst und
schiebt sich die Brille zurecht.
Schieferstein hat sich deshalb Extinction Rebellion angeschlossen, kurz XR.
Ihre Flagge trägt er auf seinem schwarzen Nike-Rucksack. Die Gruppe ist die
jüngste unter den neueren Bewegungen, sie entstand in Großbritannien und
bedient sich einer 5-nach-12-Rhetorik und zivilen Ungehorsams. Im April
[3][blockierten sie stundenlang die Berliner Oberbaumbrücke]. Auch
Schieferstein war dabei.
Verspielen solche Aktionen nicht Sympathien für die Klimabewegung? „Auch
wenn Leute die Blockaden doof finden, setzen sie sich mit unseren Anliegen
auseinander. 100 Blockierende bewirken genauso viel wie 10.000
Demonstrierende“, sagt Schieferstein.
Den Konflikt zwischen Anschlussfähigkeit und Radikalität, den Schieferstein
beschreibt, konnte man in den vergangenen Wochen auch öffentlich
beobachten. Da saß an einem Sonntag Luisa Neubauer im Studio von Anne Will,
gut ausgeleuchtet zwischen Norbert Röttgen und Olaf Scholz. Eigentlich
sollte es um Klimapolitik gehen, es ging dann aber doch um die Krise der
SPD, und Neubauer durfte zwischendurch sagen, dass die Erderhitzung auch
wichtig sei. In den sozialen Medien wurde Neubauer für ihren Auftritt zum
Teil heftig kritisiert – weil sie sich zur Randfigur habe machen lassen.
Der Bewegungsforscher Dieter Rucht glaubt, dass die Schüler*innenstreiks
sich verändern müssen: „Wenn Demos zum Ritual werden, ist das oft
langweilig. Und wenn die Medien das Interesse verlieren, kommen auch
weniger Teilnehmer.“ Dass am Pfingstwochenende in Berlin nur noch 800
Schüler*innen streikten, bestätigt Ruchts These. Und dann droht noch etwas,
worauf sich Schüler*innen normalerweise freuen: Die langen Sommerferien.
„Sie könnten sich seltener treffen, oder sie schalten einen Gang höher“,
sagt Rucht. Was das heißt? „Da gewaltförmiger Protest wohl keine Option
ist, wäre das ziviler Ungehorsam.“
Müssen die Schüler*innen also am kommenden Wochenende mit in die Kohlegrube
steigen, um die Sommerferien zu überleben? [4][Der Tagebau am Hambacher
Wald] könnte für die Klimabewegung dann das werden, was Gorleben für die
Anti-Atomkraft-Bewegung war: ein Symbol des Widerstands, ein jährliches
Happening.
## „Lass dran, sieht geil aus“
Aber eine Radikalisierung bedeutet für eine Bewegung immer auch eine
Gefahr. Wird man radikaler, könnten Bilder von Polizeieinsätzen in den
Vordergrund rücken und Inhalte in den Hintergrund. Das war auch bei G20 so,
erinnert sich der Bewegungsforscher. Er hat es in den Bilderstrecken
gesehen, die viele Medien veröffentlicht haben: brennende Autos statt
Transparenten. „Nicht nur Spiegel Online, auch die taz hat da mitgemacht.“
Trotzdem glaubt Rucht, dass der Schulstreik einen Wandel braucht. „Sie
fordern von der Politik nicht mehr als die Umsetzung der beschlossenen
Ziele. Das ist für eine Bewegung unglaublich bescheiden“, so Rucht. „Das
könnte auch eine Initiative der Jungen Union sein.“ Ende Gelände fordert
dagegen den sofortigen Kohleausstieg, und den Kapitalismus wollen sie am
liebsten auch mit einem Bagger vergraben.
Am Dienstag dieser Woche hängt Marcel Schieferstein am Gartenzaun des
Bundeskanzlerinnenamts. Mit Eisenketten und Vorhängeschlössern haben er und
28 andere Aktivist*innen von Extinction Rebellion sich [5][an die weißen
Metallstreben gekettet]. Die Schlüssel haben sie per Brief an alle
Bundesministerien geschickt, sie fordern, dass die Minister*innen den
Klimanotstand ausrufen. Schieferstein hat seine weißen Sneakers ausgezogen,
trägt eine schwarze Basecap, es ist heiß. Andere Aktivist*innen reichen den
Angeketteten Möhren und Sonnencreme, zusammen wird gesungen. Nach gut zwei
Stunden macht die Polizei von einem Bolzenschneider Gebrauch und nimmt
Personalien auf. Als Schieferstein befreit wird, entlädt sich das
Adrenalin; er streckt die Arme in die Luft, jubelt und verteilt High Fives.
Die Kette samt Schloss hängt noch über seinem verschwitzten T-Shirt. „Lass
dran, sieht geil aus“, ruft ein Aktivist ihm zu.
Marcel ist zufrieden mit seiner ersten Lock-on-Aktion, wie die Gruppe das
Anketten nennt: „Wir wollten positive Bilder erzeugen, das haben wir
geschafft.“ Fast alle großen Medien berichteten, über 4.000 Menschen
verfolgten den Facebook-Livestream.
Kommende Woche fährt Schieferstein zu Ende Gelände. Seine Gruppe
mobilisiert nicht zu den Aktionen im Braunkohlegebiet, sie setzen auf bunte
Bilder. Auf Polizeiketten zuzurennen, das ist nicht so ihr Ding.
Schieferstein fährt trotzdem. Er weiß, dass Ende Gelände nicht den
polizeilichen Welpenschutz hat, den Extinction Rebellion genießt. Die
möglichen Konsequenzen, Festnahmen, Wasserwerfer, sind ihm bewusst. „Es ist
meine moralische Pflicht.“ Glaubt er, dass Ende Gelände größer wird als in
den vergangenen Jahren? „Es muss einfach.“
## Polizei Aachen schickt Briefe an Schulen
Nike Mahlhaus dürfte Schiefersteins Antwort freuen. Die Bewegung ist darauf
angewiesen, dass bereits politisierte Menschen den nächsten Schritt gehen
wollen. Aktionen des zivilen Ungehorsams sind anspruchsvoll, deswegen
ziehen sie auch ein homogeneres Publikum an. Wer bei einstelligen
Temperaturen mehrere Nächte im Zelt und auf dem Gleisbett übernachtet, ist
tendenziell jung, gesund, studentisch, urban. Und Aktionen des zivilen
Ungehorsams werden immer wieder juristisch verfolgt, auch das ist für viele
abschreckend. Deshalb ist der Schulstreik bisher diverser.
„Wir befruchten uns gegenseitig“, sagt Mahlhaus. Es gebe unzählige
Messenger-Gruppen, in denen man sich abspreche.
Auch die Polizei rechnet offenbar damit, dass Schülerstreik und Ende
Gelände am kommenden Wochenende gemeinsame Sachen machen: In der
vergangenen Woche [6][verschickte die Polizei Aachen Briefe an Schulen] in
der ganzen Region, um davor zu warnen, bei den Blockaden von Ende Gelände
mitzumachen.
„Nicht jeder wird am kommenden Wochenende mit in die Grube gehen, das ist
auch okay“, sagt Mahlhaus. Dass 10.000 „Kiddies“, wie Mahlhaus die
streikenden Schüler*innen nennt, plötzlich von der Demo aufbrechen und ohne
Vorbereitung mit in die Grube kommen, ist für sie eine „Horrorvorstellung“.
Natürlich freue sie sich über neue Leute. Aber die Aktion beruhe auf
Vorbereitung. Einfach so mitzurennen, das könnte gefährlich werden.
## Identität und Fingerabdrücke
Donnerstag, Hannover, ein Hinterhof im Allerweg. Acht Tage vor den
Kohleprotesten treffen sich einige Jugendliche in den Räumen des
Jugendverbands „Die Falken“, um ihre Teilnahme an Ende Gelände zu planen.
Alle hier sind Schüler*innen, aber unvorbereitet zu sein, das wollen sie
sich nicht vorwerfen lassen.
Bis alle eintrudeln, essen die pünktlich Gekommenen Nudeln mit Tomatensoße
vom Vortag. Die 15-jährige Lina Haas schmeißt sich auf eines der
durchgesessenen Sofas. Mit zwei Freundinnen hat sie im Januar die ersten
Schülerstreiks in Hannover ins Leben gerufen. „Der Anfang war total
chaotisch“, erinnert sich Haas, die selbstbewusst auftritt und sich
zurückhält, wenn alle durcheinanderreden. Im Februar wurde sie von
Ministerpräsident Stephan Weil in die Staatskanzlei eingeladen, hinterher
war sie enttäuscht: „Von den Politikern heißt es immer: ‚Wir wollen ja
auch, das geht aber nicht, weil …‘ “ Auch die immer gleichen Gesänge auf
den Demos am Freitag kann Haas nicht mehr hören.
Am Dienstag blockierten sie und ihre Freund*innen die Pferdeturmkreuzung
für den Feierabendverkehr. Als ein Streifenwagen anrückte, setzte sich die
Gruppe auf den Boden und stimmte den Rauch-Haus-Song von Ton Steine
Scherben an.
Ende Gelände wird Lina Haas’ erste „krasse Aktion“. Sie fürchtet sich v…
Ärger mit der Polizei, deshalb will sie auch nicht, dass ihr richtiger Name
in der Zeitung steht. „Aber ich bin so genervt und sauer, dass ich die
Angst in Kauf nehme.“ Ihre Eltern unterstützen sie bei dem Vorhaben, finden
das politische Engagement ihrer Tochter gut.
Bevor die Jugendlichen über die finale Planung sprechen, legen allen ihre
Handys in einen anderen Raum. Dann stellt sich jeder mit seinem selbst
gewählten Aktionsnamen vor. Ein Junge mit schulterlangen Haaren und
Zahnspange hat willkürlich die Seite seines Pflanzenbestimmungsbuchs
aufgeschlagen und nennt sich „Bellis“, nach dem Gänseblümchen Bellis
perennis.
Viele, die an Ende Gelände teilnehmen, verweigern bei Polizeikontrollen,
ihre Identität preiszugeben. Auch Nike Mahlhaus in Berlin heißtanders.
Letzten Herbst verklebte sie ihre Fingerkuppen mit Sekundenkleber. Es
funktionierte: Als die Polizei alle Aktivist*innen, die mit dem Sonderzug
aus Berlin gekommen waren, überprüfen wollte, konnten sie Mahlhaus’
Fingerabdrücke nicht ablesen. Und weil zu viele mitmachten, konnte die
Polizei sie nicht festhalten.
Aber Mahlhaus will nicht nur deshalb anonym bleiben, um juristische
Konsequenzen zu vermeiden. Sie will auch den Personenkult vermeiden, den es
bei den Schülerstreiks gibt. „Bist du die Luisa Neubauer von Ende
Gelände?“, wurde sie mal von Schüler*innen gefragt. Sie versteht, dass
Symbolfiguren wie Thunberg und Neubauer wichtig sind: „Eine junge Frau, die
sagt, was Sache ist, das transportiert etwas, das ist eben nicht die
Vergangenheit, der alte weiße Mann.“ Aber den größeren Effekt habe immer
die Gruppe. „Da kann man denken: Hey, da könnte ich dabei sein.“
## Mit Rednerinnenliste und Handzeichen
Auf der Agenda in Hannover stehen noch die An- und Abreise („Habt ihr
endlich alle gebucht?“), Polizei („Wann werden Fingerabdrücke genommen“?…
Finanzen („Wie viel Bargeld nehmt ihr so mit?“) und Ausrüstung („Können…
Gaffa-Band schnorren?“). Zwischendurch fällt einem Mädchen auf, dass für
das öffentliche Picknick nach der Fahrraddemo der Schüler*innen am nächsten
Tag noch keine Lebensmittel gesammelt wurden. Zwei kurze Anrufe; Alnatura
hat nur vergessen, zu antworten, und spendet sogar extra nachhaltige
Lebensmittel. Der Einwurf „Wieso nicht die, die sonst weggeschmissen
werden?“ wird übergangen. Haas ruft ihre Mutter an: „Das mit dem Auto geht
klar.“ – Das Picknick ist gerettet.
Zurück in Berlin-Friedrichshain, wo das Bündnis von Ende Gelände die
letzten Vorbereitungen fürs nächste Wochenende trifft. Mahlhaus sitzt unter
einem Plakat, das auf Spanisch die Freiheit aller politischen Gefangenen
fordert, um sie herum etwa 40 Aktivist*innen. Die Tagesordnung ist lang.
Anders als bei den Schüler*innen ist hier alles sehr organisiert. Keiner
quatscht rein, zwei moderieren, alle benutzen Handzeichen, um sich leise zu
verständigen. Es gibt Arbeitsgruppen für Mobilisierung, Logistik, Finanzen.
Einmal war Mahlhaus bei einem Plenum der Schülerinnen, erzählt sie
flüsternd, um die anderen nicht zu stören. „Das hat mich an die Schule
erinnert. Total hierarchisch, aber chaotisch.“ Als noch Plakate geklebt
werden sollten und keiner Lust und Zeit hatte, hieß es dort: Keiner
verlässt den Raum. Ein paar Aktivist*innen von Ende Gelände haben dann das
Plenum der Schüler*innen moderiert, mit Rednerinnenliste und Handzeichen.
Skillsharing nennt Mahlhaus das.
Bleibt zum Schluss die Frage, ob die Klimabewegung nach dem kommenden
Wochenende so harmonisch sein wird, wie sie jetzt den Eindruck vermittelt.
Insbesondere, wenn es zu Polizeigewalt, Verhaftungen oder Ausschreitungen
kommt.
Diese Angst haben auch manche bei Fridays for Future. Schließlich laufen
bei den Streiks auch Kitagruppen mit. Die will niemand in der Grube haben –
weder Fridays for Future noch die Aktivist*innen von Ende Gelände.
Wenn alles gut läuft, kommt es am Wochenende nicht zu einer Spaltung der
Bewegung. Dann könnte sich langfristig etwas etablieren, was
Bewegungsforscher Dieter Rucht „Arbeitsteilung“ nennt. In der
englischsprachigen Literatur gibt es den radical flank effect Luisa
Neubauer verhandelt dann also mit Anne Will, später mit dem neuen Kanzler
Robert Habeck, während die radikale Bewegung auf der Straße und in der
Grube den nötigen Druck ausübt. „Das ist eine prekäre Verbindung, kann aber
funktionieren“, sagt Rucht.
„Wir werden das Rheinland pickepackevoll machen“, sagt Mahlhaus. „Wenn ich
nicht hinfahre, ärgere ich mich den Rest des Jahres“, sagt Schieferstein.
„Wir sind ungeduldig“, sagt Haas.
18 Jun 2019
## LINKS
[1] /Ende-Gelaende-gegen-RWE/!5543592
[2] /Klimaproteste-im-Rheinland/!5599519
[3] /Kommentar-1-Aktion-von-Extinction-Rebellion/!5586881
[4] /Umfrage-zum-Hambacher-Forst/!5603041
[5] /Klimaprotest-am-Berliner-Kanzleramt/!5599170
[6] /Blockaden-im-Braunkohlerevier/!5598258
## AUTOREN
Kersten Augustin
Simon Wörz
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