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# taz.de -- NSU in Brandenburg: Ermittler ignorierten Hinweise
> Der NSU-Untersuchungsausschuss in Brandenburg legt seinen
> Abschlussbericht vor. Demnach versandeten entscheidende Tipps.
Bild: Seit 2016 hatte der NSU-Ausschuss die Brandenburger Verwicklung an der Te…
Berlin taz | Auch Brandenburg trage „eine Mitverantwortung dafür, dass der
NSU Jahre lang raubend und mordend durch Deutschland ziehen konnte“. So
heißt es im Abschlussbericht des Brandenburger
NSU-Untersuchungsausschusses, der am Montag im Landtag präsentiert wurde.
Auf den Hinweis eines dortigen Spitzels zum NSU-Trio habe der
Verfassungsschutz nur mit „Stückwerk“ reagiert, es habe „systematische
Rechtsbrüche“ gegeben. Womöglich hätten „die Informationen aus Brandenbu…
die letztlich entscheidenden sein können, um das Bombenbauer-Trio zu
finden“.
[1][Seit Anfang 2016 hatte der NSU-Ausschuss die Brandenburger Verwicklung]
an der Terrorserie beleuchtet. Mord- oder Gewalttaten des
„Nationalsozialistischen Untergrunds“ gab es in Brandenburg nicht. Dafür
aber „Piatto“, den Top-Spitzel des Verfassungsschutz, der früh einen
Hinweis auf das Trio gab.
Eine gemeinsame Bewertung der Fraktionen gibt es nicht – nur einzelne
Sondervoten. Doch im Fall Carsten „Piatto“ Szczepanski ist die Meinung
einhellig: Dieser hätte „nie als Quelle geführt werden dürfen“. Sein
Einsatz habe mehr Schaden als Ertrag beschert.
## „Fall der Extreme“
[2][Szczepanski war 1995 wegen eines Mordversuchs an einem Nigerianer] zu
acht Jahren Haft verurteilt worden. Noch im Gefängnis wurde er vom
Verfassungsschutz als Informant angeworben. Aus der Zelle konnte er ein
Neonazi-Fanzine herausgeben, wurde frühzeitig entlassen. 1998, kurz nach
dem Abtauchen des NSU-Trios, verwies er den Geheimdienst auf die
Untergetauchten. Er teilte mit, dass diese Überfälle begingen, benannte
Kontaktleute. Hinweise, die versandeten.
Der Brandenburger Verfassungsschutz hätte darauf alles unternehmen müssen,
um ihnen nachzugehen, urteilen die Grünen. Dies aber sei nicht passiert.
Die Linke spricht gar von einem „rechtswidrigen Unterlassen“. Dem
Geheimdienst sei es nur um Quellenschutz gegangen. Eine Ergreifung des
Trios sei dadurch „zumindest erschwert“ worden.
Der kriminelle „Piatto“ hätte gar nicht erst angeworben dürfen, befindet
auch die SPD. „Besonders kritisch“ sei zudem, wie er unter den Augen des
Geheimdienstes die Szene mit Propagandamaterial belieferte. Die Grünen
sprechen von einem „Fall der Extreme“.
Ähnlich fällt das Urteil zu einem weiteren Brandenburger V-Mann, Toni
Stadler, aus. Dieser hatte neben seiner Spitzeltätigkeit die berüchtigte
Neonazi-CD „Noten des Hasses“ produziert. Ein Ex-Abteilungsleiter des
Verfassungsschutz nannte dies im Ausschuss selbst einen „veritablen
Verfassungsschutzskandal“.
## Laufender Streit
Nicht einigen konnten sich die Fraktionen, welche Schlussfolgerungen daraus
zu ziehen sind. Der Verfassungsschutz habe sich nicht bewährt, auf V-Leute
sei künftig zu verzichten, fordert die Linke. Die Koalitionspartnerin, die
SPD, sieht dagegen die „Sicherheitsarchitektur nicht grundlegend infrage
gestellt“. Das dürfte den laufenden Streit über eine
Verfassungsschutzreform in Brandenburg weiter anheizen.
Mit dem Abschlussbericht schließt sich auch ein weiteres Kapitel der
NSU-Aufklärung. [3][Bereits vor einem Jahr endete der NSU-Prozess.] Auch
die Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern haben ihre Arbeit beendet
oder stehen kurz davor. In Mecklenburg-Vorpommern startete dagegen erst
Ende Januar ein neuer Ausschuss.
4 Jun 2019
## LINKS
[1] /NSU-Aufklaerung-in-Brandenburg/!5287535
[2] /Anschlaege-in-Neukoelln/!5485972
[3] /Urteile-im-NSU-Prozess/!5517273
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
NSU-Prozess
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Rechtsextremismus
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