# taz.de -- Ehrung für Michel Foucault: Philosoph an der Alster | |
> 1959/60 lebte der spätere Archäologe von Sex und Wissen in Hamburg. Daran | |
> soll ab dieser Woche eine Gedenktafel erinnern. | |
Bild: Keiner für irgendwelche Elfenbeintürme: Michel Foucault (im hellen Anzu… | |
taz | HAMBURG Wenn heutzutage von einem „intellektuellen (Pop-)Star“ die | |
Rede ist, dann ist damit, wenn es gut geht, jemand wie [1][Slavoj Žižek] | |
gemeint (wenn es sehr viel schlechter geht, jemand wie [2][Richard David | |
Precht]). Es geht da also um einen bestimmten Typus des Wissenden, der aber | |
auch mit ganz normalen Leuten kann, im Fernsehen, zum Beispiel. In Hamburg | |
wird kommende Woche ein Mann geehrt, der auch schon so bezeichnet worden | |
ist: Michel Foucault, Philosoph und Psychologe, Archäologe des Wissens und | |
des Wahns, und wenn nicht Erfinder, so doch Motor des Diskurses über den | |
Diskurs. | |
Den [3][1984 Verstorbenen] kennen heute vermutlich mehr Menschen denn je. | |
Denn so lange es etwa bei den örtlichen, den Hamburger Uni-Philosophen | |
gedauert hat, bis sie seine Bücher in ihre Regale ließen: Irgendwann, da | |
war er lange tot, war es dann doch so weit (und wer sich vorher behelfen | |
musste, der ging zu Literatur- oder Erziehungswissenschaften: Die haben | |
sich längst nicht so angestellt). | |
## Relativer Ruhm | |
Andererseits beschränkt sich dieser relative Ruhm wohl auf die Akademie und | |
die sie Durchlaufenden – selbst beim Delmenhorster Popstar (ohne Klammer) | |
Sarah Connor stehen ja ein paar einschlägige Vorlesungen dahinter, wenn | |
sie, [4][im Gespräch mit der taz], Foucault als quasi kanonisierten | |
Philosophen nennt. | |
Philosophie führte ihn 1959 auch nach Hamburg; ein Buch über Immanuel Kant | |
entstand dort. Nebenher war Foucault Chef des [5][örtlichen französischen | |
Kulturinstituts], zuvor hatte er solchen Häusern schon länger im | |
schwedischen Uppsala sowie kurz in Warschau vorgestanden. Noch wichtiger | |
war aber wohl das andere Buch, an dem er an der Alster arbeitete: „Folie et | |
déraison“, 1969 auch auf Deutsch erschienen: „Wahnsinn und Gesellschaft“. | |
Nun also bekommt er eine Gedenktafel, dieser große, nie unumstrittene Sohn | |
der französischen Geistesnation (und Elitebildungsstätten): | |
Mittwochnachmittag wird enthüllt, am französischen Konsulat, durch | |
Generalkonsul Laurent Toulouse und im Beisein von Botschafterin Anne-Marie | |
Descôtes (und Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda, SPD, ist auch da). | |
## Nie nur bloßer Geist | |
Und so sehr es Foucault, seinem Schreiben nach, darum ging, als | |
Schreibender irgendwie verschwinden zu können hinterm Text, so sehr | |
fasziniert, dass da einer sehr wohl einen Körper hatte, nie bloß Geist war | |
oder sein wollte; dass er schwul war und über so etwas wie Sadomasochismus | |
nicht nur nachdachte. | |
„In Hamburgs Kultur-, Wissenschafts- und Schwulengeschichte“, [6][schrieb | |
2016] bereits der örtliche Historiker Rainer Nicolaysen, habe der | |
Aufenthalt „keinen Niederschlag gefunden“. Er spricht nun am Mittwoch auch | |
über des Philosophen kurzes Hamburger Leben. | |
9 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Philosoph-iek-in-Hamburg/!5248110/ | |
[2] /Richard-David-Precht-ueber-Fleisch/!5361916/ | |
[3] /Zum-30-Todestag-von-Michel-Foucault/!5039258/ | |
[4] /Sarah-Connor-ueber-ihr-neues-Album/!5601054/ | |
[5] https://hamburg.institutfrancais.de/ | |
[6] https://progressivegeographies.com/2018/03/09/foucault-in-hamburg-article-i… | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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