# taz.de -- Kommentar Europas Rechte: Schlimm, aber nicht schicksalhaft | |
> Ja, die Rechten haben bei der EU-Wahl zugelegt, in den einzelnen Ländern | |
> ist das gefährlich. Für ein EU-Bündnis aber sind sie zu widersprüchlich. | |
Bild: Die Anti-Europäer mögen dazugewonnen haben, sind sich aber alles andere… | |
[1][Schicksalswahl], so wurde die Abstimmung zur Europawahl in den | |
vergangenen Wochen und Monaten oft genannt. Ganz so, als stünden die Herren | |
der Finsternis kurz vor der Auslöschung des Lichts. Doch diese Vorstellung | |
war wohl eher den Wunschträumen von Salvini, Orban und Co entsprungen – und | |
manch einer auf der pro-europäischen Seite ist dem in Sorge um die Zukunft | |
der EU aufgesessen. | |
Ja, die Rechtsparteien haben [2][bei der Europawahl dazu gewonnen], doch | |
weniger stark als befürchtet. Und ja, sie werden ihre destruktive Kraft im | |
Europaparlament ausspielen. Ob sie dies in einer vereinten rechten Fraktion | |
tun werden, die ihnen mehr Ressourcen, mehr Redezeit und mehr Einfluss | |
bringt, ist noch ungewiss. Jenseits von Hetze gegen Flüchtlinge, Islamhass | |
und dem Wunsch, die EU von Innen zu sprengen, sind die Widersprüche | |
zwischen den Parteien groß – egal ob es um Geld, die Verteilung von | |
Geflüchteten oder das Verhältnis zu Russland geht. Das große rechte Bündnis | |
ist vor allem erst mal der große Traum der Rechten selbst. | |
Viel wichtiger aber ist: Die große Mehrheit der WählerInnen hat | |
proeuropäisch votiert. Und: In Ländern wie Dänemark und Österreich haben | |
die Rechten im Vergleich zu letzten Europawahl verloren (auch wenn schwer | |
erträglich ist, wie viele WählerInnen der FPÖ nach dem Ibizagate die Treue | |
halten), in anderen Staaten wie Finnland, den Niederlanden und Deutschland | |
sind sie zumindest deutlich hinter den Erwartungen zurück geblieben. Dass | |
die Rechtspopulisten immer stärker werden, ist kein Naturgesetz, dem | |
DemokratInnen hilfslos ausgeliefert sind. Der Trend ist zu bremsen und | |
umkehrbar. | |
## Gefährliche Entwicklung in einzelnen Mitgliedsstaaten | |
Ein Grund zur Entwarnung aber ist das nicht: Viel gefährlicher für die EU, | |
für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa, ist die Entwicklung in | |
einzelnen Mitgliedsstaaten. In Ungarn und Polen haben Orbans Fidesz und | |
Kaczynskis PiS zugelegt und dürfen dies als Zustimmung zu ihrer Politik | |
werten. In Polen wird dies als Signal für die nationalen Wahlen im Herbst | |
gesehen – der Hoffnung, ein Oppositionsbündnis könne die PiS schlagen, hat | |
das einen Dämpfer versetzt. | |
Ganz besonders beunruhigend aber ist die Entwicklung in zwei | |
EU-Gründerstaaten: In Frankreich ist der Rassemblement National, von Marine | |
Le Pen etwas weichgespült, stärkste Kraft geworden. Dass die | |
proeuropäischen WählerInnen in Frankreich die Mehrheit haben, wie noch beim | |
Zweikampf Macron/Le Pen bei den Präsidentschaftwahlen 2017, droht vorbei zu | |
sein. Und Matteo Salvini hat die Lega, vor fünf Jahren noch eine | |
norditalienische Kleinstpartei, mit rassistischer und | |
flüchtlingsfeindlicher Politik zur stärksten Kraft in Italien gemacht – und | |
könnte bald zum nächsten Ministerpräsident Italiens aufsteigen. | |
Rechte EU-Feinde an der Spitze großer, europäischer Kernländer: Das würde | |
die EU im Kern erschüttern. Und ihre Macht im Rat weiter stärken, die | |
Blockade verschärfen und eine lösungsorientierte Politik zum Beispiel in | |
der Flüchtlingsfrage noch schwieriger machen als bislang schon. Ein | |
Konjunkturprogramm für neuen EU-Verdruss. | |
Das ist beunruhigend. Aber schicksalhaft ist es nicht. | |
27 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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