# taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Was ist fremd, was ist vertraut? | |
> Das muslimische Zuckerfest, Wechselwirkungen zwischen Peking und Berlin | |
> und neue Debatten im Humboldt Forum. | |
Bild: Baklava satt bereiten Berlin türkische und arabische Bäckereien für da… | |
Es ist dies eine Woche, wo man sich in Berlin mal wieder richtig in | |
Weltoffenheit üben kann. Die muslimische Community feiert ihr Zuckerfest: | |
Am Dienstag ist die Fastenzeit vorbei und viele Menschen hier werden sich | |
wieder große Mengen an Süßigkeiten kaufen und gegenseitig schenken. Wer | |
noch keine Einladung zum Fest hat, das leider nur im engsten Familienkreis | |
gefeiert wird, kann sich damit trösten, dass man auf den Karneval der | |
Kulturen ausweichen kann, der am Freitag beginnt. | |
Dass vieles in dieser Stadt nur vermeintlich „fremd“ ist und in Wahrheit | |
viel mit dem zu tun hat, was „vertraut“ erscheint, kann man sich am | |
Dienstag vergegenwärtigen, anlässlich des 30. Jahrestags des Massakers auf | |
dem Pekinger Platz des Himmlischen Friedens. In einigen Medienbeiträgen | |
wurde anschaulich darauf verwiesen, was aus der Demokratiebewegung in China | |
wurde – wie wenig sie heute dort noch eine Rolle spielt. Dabei wurde | |
allerdings meist vergessen, wie folgenreich dieser Tag auch für Deutschland | |
war. Ab 18 Uhr geht es in der Stasi-Zentrale in Lichtenberg deshalb um die | |
Reaktion der DDR auf das Massaker. | |
Während andere Regierungen des Ostblocks dem brutalen Vorgehen Chinas | |
kritischer gegenüberstanden, hieß das DDR-Regime die Niederschlagung der | |
„konterrevolutionären Unruhen“ gut, DDR-Politiker wie Hans Modrow und Egon | |
Krenz besuchten China, um ihre Unterstützung zu demonstrieren. Trotzdem | |
versammelten sich Kirchen zum Klagetrommeln, um der zahlreichen Opfer zu | |
gedenken. Viele Oppositionsgruppen der DDR verstanden die harte Linie ihrer | |
Regierung aber auch als Warnung vor einer möglichen Gewaltanwendung. | |
Es gibt sogar Bürgerrechtler, die meinen, die Haltung der offiziellen DDR | |
sei einer der Gründe für die massenhafte Fluchtwelle aus dem Land im Sommer | |
1989 gewesen. Wer weiß, wie die Friedliche Revolution in Deutschland | |
verlaufen wäre, wenn es den 4. Juni 1989 nie gegeben hätte? | |
## Entscheidende Weichenstellung | |
Ähnlich interessant wie auf dieser Veranstaltung dürfte es in dieser Woche | |
nur noch bei einem Gespräch der ganz anderen Art werden, nämlich zwischen | |
Vertretern des Humboldt Forums und der Omaha Nation in Berlin im Rahmen der | |
Langen Nacht der Ideen am Donnerstag, ab 17:30 Uhr in der Berliner | |
Bauakademie am Schinkelplatz. Thema sind 60 Objekte der Omaha, einer | |
indigenen Nation aus Nordamerika, mit denen gerade das Humboldt Forum, das | |
Ethnologische Museum, das Nebraska Indian Community College und Angehörige | |
der Nation der Omaha eine Ausstellung konzipieren, die 2020 eröffnen soll. | |
Gesammelt hat diese Objekte „seiner eigenen Kultur“ (der Omaha) der | |
amerikanische Ethnologe Francis La Flesche, und zwar in den Jahren 1894 | |
bis 1898 im Auftrag des Berliner Museums für Völkerkunde, dem heutigen | |
Ethnologischen Museum. | |
Wie heute über diese Objekte mit Experten aus ihrem Herkunftszusammenhang | |
diskutiert wird: Das dürfte eine kleine, aber entscheidende Weichenstellung | |
im Humboldt Forum sein. Oft genug wurde dessen Machern vorgeworfen, man | |
kümmere sich nicht genug um die Erforschung der Provenienzien seiner | |
Objekte. | |
In der Bauakademie nehmen am Donnerstag nicht nur Vertreter der Ohama und | |
des Humboldt Forums teil, sondern es sind auch Interessierte herzlich | |
eingeladen, mit Filmbeiträgen die Sprache und Kultur der Ohama kennen zu | |
lernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. | |
2 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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