# taz.de -- Kommentar Gewalteskalation im Sudan: Die Feuerprobe steht noch bevor | |
> Im Sudan gibt es Hoffnung auf Demokratie. Doch das Militär ist mächtig, | |
> die Zivilbevölkerung wird alleingelassen. | |
Bild: Sudans Demokraten bleiben auf sich gestellt, und sie haben Angst | |
Sudans Revolution ist an einem kritischen Punkt angelangt. Die zivile | |
Opposition, die mit monatelangen Massenprotesten das Gewaltsystem des alten | |
Diktators Bashir [1][zum Einsturz gebracht hat], steht kurz vor einer | |
Einigung mit den hohen Generälen, die durch ihren Putsch gegen Bashir im | |
April die wichtigste Forderung der Protestbewegung erfüllten und zugleich | |
ihre eigene Haut retteten. Es wäre ein grandioser Sieg einer arabischen | |
Volksbewegung, sollte es tatsächlich zu einer gemeinsamen | |
Übergangsregierung kommen, die freie Wahlen und eine Überwindung des | |
sudanesischen Unterdrückungssystems aus repressiven Gesetzen und | |
mörderischen Milizen organisiert. | |
Aber bis es so weit ist, bleibt Sudans Gewaltapparat intakt. Das haben die | |
bislang nicht identifizierten uniformierten Kräfte in Erinnerung gerufen, | |
die in der [2][Nacht zum Dienstag] Demonstranten und Soldaten in Khartum | |
angriffen und manche von ihnen erschossen. Der skrupellose Angriff ist ein | |
Warnsignal an Militär und Opposition, dass jeder neuen Übergangsstruktur | |
die Feuerprobe erst noch bevorsteht – und dass jede bewaffnete Streitkraft | |
im Sudan die Mittel hat, ihre Interessen mit der Waffe zu verteidigen. | |
Die im Entstehen befindlichen Übergangsinstitutionen brauchen jetzt | |
internationale Unterstützung, um sich zu halten, und die politischen und | |
militärischen Akteure brauchen sichtbare Anreize, um eine Demokratisierung | |
zuzulassen. Die Afrikanische Union hat sich bisher darauf beschränkt, den | |
Umsturz im Sudan als verfassungswidrig abzulehnen und das Militär zur | |
Machtübertragung an Zivilisten aufzufordern – zunächst innerhalb von 15 | |
Tagen, nach deren Verstreichen mit weiteren 60 Tagen Frist, ohne zu sagen, | |
was sie machen wird, wenn auch diese Frist verstreicht. Die Vereinten | |
Nationen unterstützen dies. | |
Im Klartext heißt das alles – nichts. Sudans Demokraten bleiben auf sich | |
allein gestellt, und sie haben Angst. Muss im Sudan erst ein neuer | |
Bürgerkrieg toben, damit eine internationale Vermittlung in Gang gesetzt | |
wird? Dann wäre es vermutlich zu spät. | |
15 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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