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# taz.de -- Besetzung Rummelsburger Bucht: Protest in schönster Uferlage
> Die Wagengruppe DieselA besetzt eine Brachfläche an der Rummelsburger
> Bucht – aus Protest gegen Investorenpläne. Geräumt wird vorerst nicht.
Bild: Besetzer*innen wollen hier den Kiezraum „Wider-Strand“ eröffnen
„Wir richten uns langsam ein“, erklärt Paula, eine der Besetzer*innen, die
ihren Nachnamen nicht nennen möchte, „wir wollen dauerhaft hier bleiben“.
Tatsächlich sieht die zwischen der Hauptstraße 1 und dem
Paul-und-Paula-Ufer der Rummelsburger Bucht gelegene Brachfläche schon
etwas weniger brach aus. Hinter den mit Transparenten behangenen Bauzäunen
wird fleißig gebaut. Es gibt schon eine aus Holzpaletten
zusammengeschusterte Küche, Pavillons und eine Feuertonne mit
Sitzgelegenheiten. Seitdem die Wagengruppe DieselA das Grundstück in
Lichtenberg am Samstagmorgen besetzt hat, sind noch ein paar
Bewohner*innen dazugekommen. Zehn Wägen und ein Zelt stehen bisher hier.
DieselA ist eine neu gegründete queer-feministische Wagengruppe aus zehn
Personen, die bisher auf der Suche nach einem Wagenplatz war. Die
Besetzer*innen kritisieren, dass es angesichts der Gentrifizierung immer
weniger Freiräume für alternative Wohnformen gäbe: „Es gibt noch viele
Brachen“, so Paula, „aber an die kommt man nicht ran, das sind meistens
Spekulationsobjekte“. Die Besetzung versteht sich daher auch als
Protestaktion gegen Verdrängung alternativer Wohn- und Lebensformen. „Wir
solidarisieren uns ausdrücklich mit anderen Projekten in Berlin“, erklärt
Paula im Hinblick auf das Hausprojekt Liebig34, das Jugendzentrum Potse und
die linken Szenekneipen Meuterei und Syndikat, die seit Anfang des Jahres
akut räumungsbedroht sind.
Die Wagengruppe besetzte das Grundstück nicht nur aufgrund der schönen
Wasserlage – die Fläche ist Teil des umstrittenen [1][Bebauungsplans
Ostkreuz], der Ende April in einer hitzigen Sitzung von der
Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Lichtenberg beschlossen wurde. Gegen
den B-Plan, der die Bebauung der letzten noch unentwickelten Flächen an der
Rummelsburger Bucht regeln soll, hatte es monatelange Proteste gegeben.
Kritisiert wird vor allem das Aquarium Coral World, aber auch der geringe
Anteil an bezahlbarem Wohnraum, Gemeinschaftsflächen sowie Schul- und
Kitaplätzen und der Verkauf landeseigener Flächen an private Investoren.
„Der Ort ist beispielhaft für die Entwicklungen in Berlin“, kritisiert
Paula, „die Stadtplanung rennt den Geldströmen und Kapitalinteressen
hinterher.“
## Fläche offiziell noch in Landesbesitz
Dass die Besetzung auch nach fünf Tagen noch steht, scheint nicht wenige
der Besetzer*innen zu überraschen. Die Polizei war zwar am Samstag mit 30
Beamten vor Ort, allerdings nur, um die angemeldete Kundgebung zu sichern.
Besetzer*innen und Unterstützer*innen konnten das Gelände ungehindert
betreten, Auseinandersetzungen gab es keine. Samstagabend beendete die
Polizei den Einsatz und ist seitdem nicht mehr vor Ort.
Grund für die Zurückhaltung ist offenbar, dass die Fläche offiziell noch in
Landesbesitz ist. Damit unterliegt sie der Zuständigkeit der von Katrin
Lompscher (Linke) geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Wohnen. „Es gab ganz klar die Ansage, dass nicht geräumt wird“, teilte eine
Pressesprecherin der Senatsverwaltung der taz am Dienstag mit. Das besetzte
Grundstück wurde zwar schon 2017 vom Land an die Investa GmbH verkauft, die
Verträge wurden aber erst rechtskräftig, als der Bebauungsplan nach vielen
Verzögerungen beschlossen worden ist. Laut Senatsverwaltung ist die
Grundstücksübertragung bis spätestens Anfang Juli abgeschlossen. Es ist
nicht unwahrscheinlich, dass Investa dann räumen lässt. Die
Immobiliengruppe will hier vor allem höherpreisige Wohnungen errichten, hat
aber in Verhandlungen mit dem Senat einen Anteil von 25 Prozent
mietpreisgebundenen Wohnungen zugesagt.
Die Besetzer*innen haben aber andere Pläne. Neben dem Wagenplatz wollen sie
auf der Brache einen „Wider-Strand“ genannten Kiezraum eröffnen. „Wir ha…
gesehen, dass die Politik nicht auf die Forderungen der Menschen in der
Bucht eingegangen ist,“ heißt es in einer Pressemitteilung der Wagengruppe,
„Anstatt weiter zu hoffen, handeln wir und holen uns die Bucht zurück!“
Geplant ist, die Brache gemeinsam mit Anwohner*innen und verschiedenen
Initiativen zu gestalten, die am Protest gegen den Bebauungsplan Ostkreuz
beteiligt sind. Denkbar seien Urban-Gardening-Projekte und Raum für
Kulturveranstaltungen. Eine Einweihungsfeier für den Kiezraum ist am
Mittwoch um 18 Uhr geplant.
28 May 2019
## LINKS
[1] http://www.bebauungsplan-ostkreuz.de/
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
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