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# taz.de -- Leiterin Höhne über Kurzfilm-Festival: „Ich will Kulturwandler …
> Maike Mia Höhne ist die neue künstlerische Leiterin des Hamburger
> Kurzfilm Festivals. Ein Gespräch über die Schwerpunkte Zensur, Freiheit
> und Porno.
Bild: Dreht auch selbst Filme: Maike Mia Höhne
taz: Frau Höhne, Sie haben zwölf Jahre lang die Kurzfilmsektion der
Berlinale gestaltet. Nun leiten Sie in Hamburg das Kurzfilm Festival. Gibt
es da grundlegende Unterschiede?
Maike Mia Höhne: Natürlich ist die Berlinale ein viel größerer
Multiplikator. Wenn Leute da ihre Filme zeigen, verändert das ihr Leben.
Und nach Berlin machen Filme dann ihre Runde zu anderen Festivals. Wenn ein
Film woanders schon gelaufen war, dann war der für die Berlinale verbrannt.
In Hamburg zeigen wir dagegen keine oder nur wenige Premieren. So können
wir ganz anders auswählen. Da guckt man bei den Sichtungen mit einer ganz
anderen Ruhe.
Was haben Sie gleich im ersten Jahr geändert?
Wir haben das Programm ein wenig gestraft und aus fünf Wettbewerben drei
gemacht. Dadurch, dass es keinen Hamburger Wettbewerb mehr gibt, und die
fünf Hamburger Produktionen, die wir zeigen, nun im deutschen Wettbewerb
laufen, bekommen sie auch Referenzpunkte von der Filmförderanstalt.
Mit solchen Punkten wird berechnet, ob ein Film so erfolgreich war, dass
auch das Folgeprojekt des Filmemachers oder der Filmemacherin gefördert
wird. Gibt es also nur taktische Gründe für diese Umstrukturierung?
Nein, wir haben geguckt, ob fünf Wettbewerbe wirklich nötig sind. Oder ist
es nicht besser, wenn es ein konzentriertes Wettbewerbsprogramm gibt, das
sich dann auch mehr Zuschauer*innen ansehen und das das Herz des Festivals
ist? Wir haben jetzt eine Fünfer-Jury für den internationalen Wettbewerb
und eine Dreier-Jury für den deutschen. Das ist schon viel Zeit, die diese
Leute uns schenken.
Gibt es denn dadurch jetzt auch weniger Filme im Programm?
Nicht wirklich, denn ich habe gleich auch das „Labor der Gegenwart“
aufgemacht. Es gibt ja immer Fragen, die uns beschäftigen. Und meine These
ist, dass man mit Kurzfilmen solche gesellschaftlichen Fragen ganz anders
beantworten kann, weil man in einem Programm gleich fünf verschiedene
Ansichten zu einer Frage vorstellen kann. Und beim „Labor der Gegenwart“
passiert das zu den Programmschwerpunkten Pornografie, Zensur und Freiheit.
Was ist die Philosophie hinter diesem Konzept ?
Ich will zum Beispiel Kulturwandler und Kulturwandlerinnen vorstellen. Denn
ohne die Kultur zu verwandeln, kommen wir ja heute nicht mehr besonders
weit. Wir haben ja gerade bei den Europawahlen gesehen, wie mit den Grünen
Kulturwandel auch funktionieren kann. Und für mich ist es ein wichtiges
Thema, dass Sexualität immer noch so merkwürdig und mit einer Doppelmoral
schambehaftet ist: Du darfst nicht abtreiben, aber wenn jemand mal was
geklaut hat, darf er gleich erschossen werden. Und deshalb haben wir Jürgen
Brünnig eingeladen, der das Pornofestival Berlin gegründet hat und es seit
13 Jahren leitet.
Und sie zeigen Filme der pornografischen Filmemacherin Erika Lust.
Ja, denn ich halte sie für eine sehr mutige Frau. Sie bewegt sich in dieser
Branche, die ja nicht einfach ist. Und sie ist wie eine Sonne da drin, sie
macht große Dinge richtig. Sie hat die Pornografie ganz neu besetzt, indem
sie sagt, sie will Filme für Erwachsene machen, die dann zusammen diese
Filme gucken. Es geht ihr darum, dies in Liebe und ethisch korrekt zu tun,
und das ist ein ganz anderer Ansatz als sonst in dieser Industrie. Sie
arbeitet etwa mit Schwarmintelligenz. Sie muss gar nicht alles selber
erfinden, sondern sie lässt sich Fantasien und Vorstellungen zuschicken,
und die setzt sie dann um. Und das finde ich super.
Und wen haben Sie zum Schwerpunkt Zensur eingeladen?
Vladimir Nadein organisiert seit zehn Jahren in Moskau ein experimentelles
Kurzfilmfestival. Er sagt, in Russland fehlt heute eine Avantgarde. Denn da
trauen sich die Künstler zurzeit nicht viel. Wie willst du denn noch
arbeiten, wenn vieles zensiert wird und du verfolgt wirst?
Bietet der queere Filmemacher Popo Fan einen ähnlich deprimierenden Blick
auf China?
Die sagen beide, sie würden gerne mit den Menschen ins Bett gehen, auf die
sie Bock haben, und würden gerne das sagen, was sie denken. Und ich finde,
da ist ja nun nichts dran falsch. In China darfst du ganz viel machen, aber
das muss auf Linie sein. Popo Fan hat einen 45 Sekunden langen Kurzfilm
darüber gemacht, dass er in China nicht so leben darf, wie er möchte.
Gehört dieser Film zu dem Projekt „Cut it out!“, das Sie auf einem Forum
vorstellen?
Ja. Angeregt wurde das Filmprojekt von Dr. Wolf Iro, dem Leiter des
Goethe-Instituts Israel.Mit ihm haben wir diese Reihe ausgeschrieben, für
die wir Filmemacher aus 20 Ländern gebeten haben, kurze Filme über die
Zensur zu machen. Die sind wirklich bemerkenswert und man kann alle online
sehen.
Sie sind selbst auch Filmemacherin. Was reizt Sie daran, Kurzfilme anderer
zu zeigen?
Wenn ich ein Programm mache, ist das für mich wie selber einen Film machen,
weil ich da Bögen gestalten kann. Ich erzähl da auch was. Ich hänge ja
nicht einfach was hintereinander, sondern die Filme stehen in einem Bezug
zueinander. Das ist wie Szenen hintereinander zu setzen. Und ich schätze
diese Form. Ich halte es für eine hohe Kunst, so verdichtet auf den Punkt
zu kommen. Für mich hat der Kurzfilm diese Freiheit, diese Forderung, dass
er immer neu sein muss. Man fragt sich, warum der Langfilm das nicht mehr
hat. Und das versuche ich auch abzubilden, indem in meinen Programmen die
unterschiedlichsten ästhetischen Herangehensweisen Platz finden.
2 Jun 2019
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Kurzfilm
Film
Porno
Zensur
Freiheit
Sexuelle Freiheit
Kurzfilm
Pornografie
Filmfestival
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