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# taz.de -- Schädling im Brandenburger Forst: Zwischen den Schützern der Wald
> Oberverwaltungsgericht stoppt Einsatz des umstrittenen Insektizids
> „Karate Forst“ in Brandenburg. Ein Wochenkommentar.
Bild: Licht schafft Schatten: Brandenburger Wald im Zwiespalt
Dieser Kampf ist irgendwie aus dem Ruder gelaufen. Der Brandenburger
Landesforstbetrieb hatte das Insektizid „Karate Forst flüssig“ gegen die in
diesem Jahr besonders präsente Raupe des Nonnenfalters in den Ring
geschickt. Der Naturschutzbund Nabu hatte dagegen geklagt, in der ersten
Runde am Verwaltungsgericht Potsdam verloren, das Oberverwaltungsgericht
gab dem Eilantrag aber schließlich statt. Seit dieser Woche darf Karate
Forst flüssig nicht mehr über Brandenburgs Wäldern versprüht werden. Ein
wichtiges Urteil.
Für den Waldschutzlaien ist die [1][Geschichte schwer zu fassen]. Die Raupe
des Nonnenfalters ist ein Kiefernschädling, der sich nach anhaltender
Trockenheit rasant vermehrt hat und laut Landesforstbetrieb in diesem Jahr
so zahlreich auftritt, dass er Brandenburgs Kiefernmonowälder gleich
mehrfach kahlfressen könnte. Der Einsatz des Pflanzenschutzmittels Karate
Forst sei daher Ultima Ratio. Auch für ausgewiesene Waldökologen ist zum
Erhalt des CO2-Speichers der Einsatz chemischer Mittel gerechtfertigt – ein
zerstörter Wald, auch wenn es nur ein schnöder Kiefernforst ist, bräuchte
schließlich mindestens sieben Jahrzehnte, um halbwegs nachzuwachsen.
Demgegenüber steht die Einschätzung von Naturschutzverbänden wie Nabu oder
Bund und einzelner Waldbesitzer, die den Einsatz so eines Totalinsektizids,
das dann neben der schädlichen Raupe auch andere durchaus nützliche
Tierchen plattmacht, nicht als unumgänglich, sondern als unzumutbar und
unnötig für das Ökosystem Wald betrachten. Rund 90.000 Menschen haben eine
entsprechende Onlinepetition unterzeichnet.
Und während das Verwaltungsgericht Potsdam den Nabu nicht einmal als
antragsberechtigt sah, gab das Oberverwaltungsgericht nicht nur der
Verbandsklage recht, sondern erteilte der Argumentation der für den Einsatz
zuständigen Behörden auch eine klare Absage: Die erforderlichen
naturschutzrechtlichen, insbesondere artenschutzrechtlichen Prüfungen habe
es nicht gegeben. Das Nervengift Karate Forst vernichtet laut Nabu nicht
nur den Schädling, sondern auch dessen natürliche Gegner.
Nun aber darf es nicht mehr ausgebracht werden, das Urteil ist
unanfechtbar. Für beide Seiten ein Kampf mit herben Verlusten: Die
Naturschützer werden die 5.000 Hektar Wald betrauern, die schon chemisch
behandelt wurden, und die Forstbehörden die 2.700 Hektar, die laut ihrer
Überzeugung nun ratzekahl gefressen werden.
Das Szenario bietet aber auch die Gelegenheit zu beobachten, ob die
Naturschützer recht behalten, die darauf bauen, dass sich der Wald aus
eigener Kraft erholt. Und weil die Nonne nur einer der Schädlinge ist, die
auf der Welle des Klimawandels surfen, werden Waldverwalter und -bewahrer
immer wieder vor ähnlichen Szenarien stehen. Insofern ist die Strenge des
Urteils in Sachen Arten- und Naturschutz wegweisend.
25 May 2019
## LINKS
[1] /Insektizid-in-Brandenburgs-Waeldern/!5592693
## AUTOREN
Manuela Heim
## TAGS
Brandenburg
Schädlinge
Forstwirtschaft
Insektizide
Nonne
Naturschutz
Umweltschutz
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