Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Anwohner-Demo für das Fusion-Festival: Ein Ort der Freiheit
> In Mecklenburg-Vorpommern haben am Sonntag Anwohner gegen eine
> Polizeiwache auf dem Gelände des Fusion-Festivals protestiert.
Bild: Hartmut Lehmann, Bürgermeister von Lärz, ist gegen die Pläne der Poliz…
Lärz taz | Hartmut Lehmann steht auf einer kleinen Standleiter, in der
rechten Hand hält er ein Megafon. „Für alle, die sich jetzt fragen, wer ich
bin: Ich bin hier der Bürgermeister“, beginnt er seine Rede und lacht. Bei
strahlendem Sonnenschein haben sich diesem Sonntagvormittag mehr als 100
Menschen unter den blühenden Kastanien vor der Dorfkirche des
500-Einwohner-Örtchens Lärz in Mecklenburg-Vorpommern versammelt.
Nicht zum Gottesdienst, sondern zu einer Kundgebung: Sie protestieren für
den Erhalt des Fusion-Festivals in seiner bisherigen Form und gegen [1][die
Pläne der Polizei], in diesem Jahr erstmals eine Polizeiwache direkt auf
dem Festivalgelände einzurichten und dort anlasslose Kontrollen
durchzuführen. Bis zu 1.000 Polizisten könnten für das Festival
zusammengezogen werden.
„Hier wird ein fiktives Bedrohungsszenario aufgebaut, dass es gar nicht
gibt“, sagt Lehmann, der ehrenamtliche Bürgermeister von der CDU, im
Hauptberuf Busfahrer. Eine Wache auf dem Fusion-Gelände ergebe gar keinen
Sinn, wenn überhaupt, könne die Polizei im Bürgerzentrum in Lärz eine
Zentrale einrichten, das sei völlig ausreichend. Die Zusammenarbeit mit den
Veranstaltern laufe hervorragend, die Fusion sei ein „überaus friedliches“
Festival.
Für diese Worte gibt es lauten Applaus. Das seit 1997 auf dem ehemaligen
Militärflughafen am Rand des Ortes stattfindende Festival hat unter den
Anwesenden, die aus Lärz und den umliegenden Ortschaften zur Kundgebung
gekommen sind, einen hervorragenden Ruf. War die Fusion in ihren
Anfangsjahren noch eher wie ein Ufo in Lärz gelandet, ist sie heute längst
mit dem Dorf verwachsen. Martin Eulenhaupt, Vorsitzender des
Veranstalter-Vereins Kulturkosmos, auch hier von allen nur Eule genannt,
ist mittlerweile Teil des Lärzer Ortsbeirats, die freiwillige Feuerwehr hat
ihn zum Ehrenmitglied ernannt.
## Rund 70.000 Gäste
„Die Fusion ist ein wunderbarer Ort, ein Ort der Freiheit“, sagt eine Frau
aus der nahegelegenen Kleinstadt Mirow. Vor zwanzig Jahren sei sie das
erste Mal dort gewesen, seitdem komme sie immer wieder: „Auf der Fusion
habe ich meinen ersten Milchkaffee getrunken, auf der Fusion habe ich das
erste Mal Falafel gegessen“, sagt sie strahlend. Sonja Suntrup vom
Grünen-Ortsverband Röbeln erzählt, wie sie der Fusion jedes Jahr mit ihren
Kindern einen Besuch abstatte, „die sind sozusagen mit dem Festival groß
geworden“.
Die Fusion soll in diesem Jahr vom 26. bis 30. Juni stattfinden, erwartet
werden erneut rund 70.000 Gäste. Bisher fehlt jedoch die Genehmigung für
das eingereichte Sicherheitskonzept. Für Streit sorgt vor allem die
Forderung des neuen Polizeipräsidenten von Neubrandenburg, Nils
Hoffmann-Ritterbusch, der die Wache auf dem Festivalgelände und die
„anlasslose Bestreifung“ durchsetzen will.
Rückendeckung bekommt er dafür aus dem CDU-geführten Innenministerium
Mecklenburg-Vorpommerns. In der Region haben sich hingegen Politiker fast
aller Parteien auf die Seite der Festival-Veranstalter vom Kulturkosmos
e.V. gestellt, [2][die diese polizeilichen Maßnahmen unbedingt verhindern
wollen], so wirbt etwa ein CDU-Kandidat aus Neustrelitz auf seinen Plakaten
für die Kommunalwahl am 26. Mai mit seiner Unterstützung für die Fusion.
## „Grob abwegig“
Auch der ehemalige Leiter der Polizeiinspektion Neubrandenburg, Siegfried
Stang, der bis 2015 für die polizeiliche Begleitung der Fusion zuständig
war, hat das Festival in einem Gastbeitrag in der Regionalzeitung
Nordkurier verteidigt, den diesjährigen Vorstoß der Polizei bezeichnet er
als „grob abwegig“.
Am Montag treffen sich Vertreter des Kulturkosmos mit dem zuständigen Amt
Röbel/Müritz, um das Sicherheitskonzept nachzuverhandeln. Am kommenden
Donnerstag könnte dann die Entscheidung über die Genehmigung fallen,
möglicherweise gibt es aber auch noch einmal eine Fristverlängerung für
Nachbesserungen.
„Niemand hat die Absicht, die Fusion kaputt zu machen“, steht auf einem
Schild, das eine Demonstrantin in die Höhe hält. Genau das befürchten die
Veranstalter und Sympathisanten: Dass es den Sicherheitsbehörden und dem
Innenministerium darum geht, der Fusion einen Riegel vorzuschieben und
damit nicht nur ein beliebtes Festival, sondern auch ein wichtiges Stück
linker Infrastruktur zu zerstören.
## „Bevölkerung gezielt verunsichert“
Auch der dahinterstehende Recht-und-Ordnung-Diskurs wird auf der Kundgebung
kritisiert: Mit dem Argument, dass es um Sicherheit gehe, wolle die Polizei
sich immer weitergehende Rechte verschaffen, sagt eine Rednerin. „Es sieht
so aus, als ob die Bevölkerung mit den neuen Forderungen der Polizei
gezielt verunsichert werden soll“, formuliert es Gerhard Schneider aus
Lärz, der die Kundgebung gemeinsam mit dem Mirower Buchhändler Peter
Schmitt organisiert hat.
Ein Vertreter des Kulturkosmos bedankt sich Ende der Kundgebung bei den
Anwesenden: „Dass ihr hier an unserer Seite steht, das bedeutet uns viel
mehr als die bundesweite Aufmerksamkeit, die es gerade gibt, das ist uns
das Allerwichtigste“, sagt er. Über die vergangenen 22 Jahre, das wird an
diesem Vormittag deutlich, hat sich die Fusion hier in der Region einiges
an Sympathien erworben. Geht man davon aus, [3][dass der diesjährige Streit
auch politisch geführt wird], ist noch nicht so klar, ob die Polizei
tatsächlich am längeren Hebel sitzt.
13 May 2019
## LINKS
[1] /Polizei-beim-Fusion-Festival/!5594036
[2] /Fusion-Festival-will-keine-Polizei/!5592545/
[3] /Gastkommentar-Polizei-auf-der-Fusion/!5589763/
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Fusion
Open-Air-Festival
Polizei
Musikfestival
Mecklenburg-Vorpommern
Fusion
Fusion
Fusion
Fusion
Fusion
Polizei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Polizei auf dem Fusion-Festival: Polizei- und störungsfrei
Ein Wildunfall, zwei Fundsachen: die Polizei hatte beim Fusion-Festival
wenig zu tun. Überschattet wird das Festival jedoch von einem Todesfall.
Gutshäuser in Mecklenburg Vorpommern: Anreize und neue Ansprüche
Sie beleben als Hotels, Restaurants und Veranstaltungsorte die ländliche
Struktur: Viele Herrenhäuser wurden wieder aufgebaut, liebevoll
restauriert.
Die Zukunft des Musikfestivals: Frage der Fusion
Polizei und Veranstalter streiten heftig über die Sicherheitsvorkehrungen
auf dem Festival. Mitte nächster Woche soll die Entscheidung fallen.
Polizei auf dem Fusion-Festival: Keine Wasserwerfer gegen Raver
Räumpanzer und Wasserwerfer – das sahen Pläne der Polizei für das
„Fusion“-Festival vor. Jetzt rudert sie zumindest bei diesen beiden Dingen
zurück.
Kommentar Polizei und „Fusion“-Festival: Kanonen gegen Konfetti
Die Sicherheitsbehörden bereiten sich auf das „Fusion“-Festival vor wie auf
einen Aufstand. Dahinter verbirgt sich ein Kulturkampf.
Polizei beim Fusion Festival: Gefahrenabwehr ohne Gefahr?
Über das Sicherheitskonzept des Fusion Festivals ist ein Streit entbrannt.
Polizei, Landrat und Veranstalter haben nun ihre Positionen dargelegt.
Gastkommentar Polizei auf der Fusion: Tanzen ist kein Verbrechen
Die Fusion ist ein Ausflug in eine freie Welt. Dass der Polizeipräsident
mit einem höheren Gewaltaufkommen rechnet, ist rein politisch motiviert.
Fusion Festival will keine Polizei: „Wir werden nicht kapitulieren“
Die Polizei will auf dem Gelände des linken Fusion Festivals eine mobile
Wache errichten. Die Veranstalter*innen verweigern das.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.