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# taz.de -- Blick über den Tellerrand: Die Hoffnung auf den Promifaktor
> Die Grünen in Österreich wie die Linken in Frankreich hoffen, mit der
> EU-Wahl aus der Krise zu kommen. In Italien sieht es für beide düster
> aus.
Bild: Hoffnungsträgerin der Alpen-Ökos: Sarah Wiener, hier mit zwei Grünen-V…
Berlin taz | Während sich die deutschen Grünen mit ihrem Spitzenduo Ska
Keller und Sven Giegold im Umfragehoch sonnen, würde sich ihre
Schwesterpartei in Österreich schon darüber freuen, wenn sich die Verluste
bei der Europawahl einigermaßen in Grenzen hielten. Vor vier Jahren noch
bei 14,5 Prozent gelandet, flogen die österreichischen Grünen bei der
Nationalratswahl 2017 mit 3,8 Prozent aus dem Parlament.
Unter dem Wahlkampfmotto „Zurück zu den Grünen“ haben sich die kriselnden
[1][Alpen-Ökos] nun prominente Verstärkung geholt: Auf Platz 2 ihrer
EU-Wahlliste haben sie die parteilose Starköchin Sarah Wiener platziert.
„Die Zukunft fängt ja nicht nur beim Essen an“, verkündete die 56-jährige
deutsch-österreichische Gastronomin hoffnungsfroh im Wahlkampfstart Ende
April in Wien.
In den Umfragen rangieren die Ösi-Grünen derzeit immerhin wieder bei sieben
Prozent. Das wäre genug für den Wiedereinzug ins Straßburger Parlament –
jedoch zu wenig, damit neben Parteichef Werner Kogler auch
[2][taz-Kolumnistin Wiener] mit dabei sein könnte.
## Französische Unübersichtlichkeit
Ebenfalls um den Parlamentseinzug zittern muss der Journalist und
Filmregisseur Raphaël Glucksmann in Frankreich – und mit ihm sein gesamtes
Wahlbündnis. Der 39-jährige Sohn des Philosophen André Glucksmann ist
Spitzenkandidat von [3][Envie d’Europe].
Dahinter verbergen sich vor allem die Reste des einst stolzen Parti
Socialiste (PS). Bei der Präsidentschaftswahl 2017 wurde die einstige
Partei François Mitterrands beinahe atomisiert. Unter dem Wahlspruch
„ökologisch und sozial“ hat sie sich jetzt für die EU-Wahl mit
verschiedenen kleineren linken und linksliberalen Gruppen zusammengetan.
In den letzten Umfragen bewegt sich die Liste Envie d’Europe – („Lust auf
Europa“) hart an der in Frankreich gültigen Fünfprozenthürde. „Unsere Li…
ist der Embryo dessen, was die Linke in den kommenden Jahren
wiederherstellen wird“, sagte Glucksmann junior hoffnungsfreudig bei der
Vorstellung des Wahlprogramms.
Gerne hätte Glucksmann die erst im Sommer 2017 gegründete [4][Génération.s]
von Benoît Hamon mit in sein Wahlbündnis geholt. Doch der wollte mit seiner
kleinen Truppe lieber alleine kandidieren.
Hamon gehörte bis vor zwei Jahren noch zum linken Flügel des Parti
Socialiste und [5][war dessen Kandidat bei der vergangenen
Präsidentschaftswahl], wo er mit 6,4 Prozent bitter abschmierte. Nachdem
der frühere Bildungsminister bei der Wahl zur Nationalversammlung im Juni
2017 auch noch seinen Wahlkreis verloren hatte, verließ er die PS und
gründete die ökosozialistische Génération.s, die sich der paneuropäischen
DiEM25-Bewegung des früheren griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis
angeschlossen hat.
Der von ihr propagierte „europäische Frühling“ lässt allerdings zumindest
in Frankreich auf sich warten. Ob die eigenständige Kandidatur von
Génération.s eine kluge Idee war, ist fraglich. Zurzeit noch mit drei
Ex-PS-Abgeordneten im EU-Parlament vertreten, liegt die Hamon-Truppe in
Umfragen gleichauf mit dem traditionsreichen, aber schon länger
schwächelnden [6][Parti Communiste Français] (PCF) bei knapp drei Prozent –
und ist damit weit entfernt, die in Frankreich gültige
5-Prozent-Sperrklausel zu überwinden.
Besser sieht es für [7][La France insoumise] („Unbeugsames Frankreich“)
aus. Die Partei des Linksnationalisten [8][Jean-Luc Mélenchon] wird von den
DemoskopInnen gegenwärtig auf neun Prozent taxiert und liegt damit um einen
Prozentpunkt vor den französischen Grünen. Bei der vergangenen
Präsidentschaftswahl hatte Mélenchon mit 19,6 Prozent nur knapp die
Stichwahl verpasst.
Wie auch immer die EU-Wahl ausgeht: Der 67-jährige Mélenchon wird dem
kommenden EU-Parlament nicht angehören. Denn seine Kandidatur ist nur eine
symbolische: Der „Thatcher der Linken“ (Glucksmann) steht auf dem 78., dem
vorletzten Platz seiner Wahlliste.
Was eine Gemeinsamkeit mit einer anderen gescheiterten französischen
Präsidentschaftskandidatin ist, und zwar der Grünen Eva Joly, die auf ihrer
Liste den gleichen hinteren Platz einnimmt. Die Juristin hatte sich 2012
vergeblich um die Präsidentschaft beworben.
Eine gewisse internationale Bekanntheit erlangte Joly, die vor ihrer
Politkarriere oberste Untersuchungsrichterin im französischen
Finanzministerium war, durch ihren unermüdlichen Kampf gegen Korruption und
Wirtschaftskriminalität.
## Italienische Tristesse
Dass die 75-jährige Europaabgeordnete nun in den Ruhestand geht, dürfte
besonders einen Politiker freuen: Silvio Berlusconi. In den vergangenen
sechs Jahren wegen Steuerbetrugs mit einem Ämterverbot belegt, feiert der
viermalige Ministerpräsident Italiens bei der EU-Wahl sein Comeback als
Spitzenkandidat von Forza Italia.
An der Seite des 82-jährigen Bunga-Bunga-Cavaliere steht eine nicht minder
schillernde Persönlichkeit: Alessandra Mussolini, die sich bis heute dem
Erbe ihres Großvaters Benito eng verbunden fühlt.
Und noch eine andere Partei hat Mussolini im Angebot: Die faschistische
Fratelli d’Italia, die laut Umfragen ebenfalls mit dem Einzug ins
EU-Parlament rechnen kann, schickt Caio Giulio Cesare Mussolini ins Rennen,
Urenkel des „Duce“ und Alessandras Cousin zweiten Grades. Da auch noch die
rechtspopulistische Lega von Matteo Salvini sehr gute Aussichten hat, bei
der EU-Wahl stärkste Partei zu werden, herrscht bei der Rechten in Italien
beste Stimmung.
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums sieht es hingegen noch
schlechter aus als in Frankreich: Das linke Wahlbündnis [9][La Sinistra]
sehen die DemoskopInnen im Moment gerademal bei knapp drei, die
[10][Grünen] sogar nur bei einem Prozent. Beide stehen damit in der großen
Gefahr, unter der in Italien geltenden 4-Prozent-Hürde zu bleiben.
Schade ist das nicht zuletzt deswegen, weil La Sinistra das personifizierte
Gegenmodell zur italienischen Rechten bietet. Denn deren bekanntester
Kandidat ist Adelmo Cervi, [11][Sohn des legendären antifaschistischen
Widerstandskämpfers Aldo Cervi]. Zusammen mit seinen sechs Brüdern wurde
Aldo Cervi Ende 1943 von den Faschisten erschossen.
Möglicherweise stünden die Chancen von La Sinistra besser, wenn sich der
italienische Ableger von DiEM 25 dem Zusammenschluss mehrerer linken
Parteien angeschlossen hätte. Doch ein entsprechendes Angebot lehnte die
Varoufakis-Truppe ab. In einer europaweiten Online-Abstimmung unter den
Mitgliedern sprachen sich zwar 48,5 Prozent dafür, aber 51,5 Prozent
dagegen aus. Stattdessen tritt DiEM25 nun in Italien gar nicht an.
Die Erfolgsaussichten für Linke und Grüne in Italien sind also ähnlich
düster wie die der sozialdemokratischen Kleinpartei Nationale Union für den
Fortschritt Rumäniens. Dabei tritt die immerhin mit einem Spitzenkandidaten
an, der mal wusste, wie man gewinnt.
Allerdings hat die rumänische Tennislegende Ilie Năstase seine beste Zeit
schon einige Jahrzehnte hinter sich. In jüngster Vergangenheit sorgte der
72-Jährige nur noch mit [12][verbalen Ausfällen] und handfesten Raufereien
für Schlagzeilen. Es gibt attraktiveres für Wählerinnen und Wähler.
Prominenz alleine reicht nicht.
12 May 2019
## LINKS
[1] https://www.gruene.at/
[2] /!s=&Autor=Sarah+Wiener/
[3] https://enviedeurope.eu/
[4] https://www.generation-s.fr/
[5] /!5412073/
[6] http://www.pcf.fr/
[7] https://lafranceinsoumise.fr/
[8] /!5398995/
[9] http://www.sinistraeuropea.eu/
[10] http://verdi.it/
[11] https://resistenza.de/adelmo-cervi-meine-7-vaeter/
[12] https://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/ilie-nastase-sorgt-mit-seinen…
## AUTOREN
Pascal Beucker
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