Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Abschiebungen aus Deutschland: Europarat kritisiert Vorgehen
> Deutschland informiere Menschen in Abschiebehaft zu spät über die
> Abschiebung, sagt das Anti-Folter-Komitee des Europarats. Auch die
> Unterbringung wird kritisiert.
Bild: Gefängnishof der Abschiebehaftanstalt in Eichstätt
Straßburg dpa | Das Anti-Folter-Komitee des Europarats (CPT) hat
kritisiert, dass Abschiebungen aus Deutschland den Betroffenen häufig zu
kurzfristig angekündigt werden. Es sei unerlässlich, dass den Menschen
rechtzeitig mitgeteilt werde, dass sie Deutschland verlassen müssten,
erklärte das CPT in einem am Donnerstag veröffentlichten [1][Bericht (hier
geht es zum Pdf)]. Nur so könnten sich die Menschen psychisch mit der
Situation auseinandersetzen.
In dem Papier hieß es, deutsche Behörden benachrichtigten die Betroffenen
in Abschiebehaft erst spät oder in letzter Minute über ihre bevorstehende
Abschiebung. Auch in Fällen, bei welchen die Betroffenen nicht in Haft
waren, war die Benachrichtigung nach Darstellung des Komitees nicht immer
eine Woche vor dem Ausweisungsdatum erfolgt.
Die CPT-Experten machten ihre Beobachtungen bei der Begleitung einer
Abschiebung von München in die afghanische Hauptstadt Kabul im August
vergangenen Jahres. Der Ablauf der Ausweisung sei generell gut vorbereitet
und professionell gewesen, erklärte das Komitee.
Einige der Menschen gaben nach Darstellung im Bericht aber an, dass ihnen
nicht genügend Zeit gegeben wurde, um sich auf ihre Abschiebung
vorzubereiten. Sie seien erst kurz davor von der Polizei abgeholt worden,
teilweise nachts, und hätte auch nicht ausreichend Zeit gehabt, alle ihre
Habseligkeiten zusammenzupacken.
Das CPT besteht aus Experten des Europarats und hat seinen Sitz im
französischen Straßburg. Die Berichte zu den Besuchen sind keine
Ermittlungen gegen einen Staat. Sie dienen lediglich dazu, die Einhaltung
der Menschenrechte in Gefängnissen in den 47 Mitgliedsstaaten des
Europarats zu überprüfen.
Betroffene in Abschiebehaft im ehemaligen Gefängnis in Eichstätt seien erst
informiert worden als die Polizei sie abholte, um sie zum Flughafen in
München zu bringen, berichtete die Delegation. Aus der [2][Antwort des
Bundesjustizministeriums (hier geht es zum Pdf)] auf den Report ging
hervor, dass die Abschiebung in der Regel eine Woche vor dem Termin
angekündigt werden soll – auch den in Haft sitzenden Betroffenen.
Bayern vertrete jedoch die Auffassung, dass den Menschen in Abschiebehaft
nicht das genaue Datum genannt werden müsse. Da sie sich in Abschiebehaft
befänden, seien sie dadurch über ihre anstehende Ausweisung bereits
informiert, hieß es in der Antwort.
Das Anti-Folter-Komitee, das Haftbedingungen in Europa überprüft,
bemängelte zudem die Einrichtung des besuchten Abschiebegefängnisses in
Eichstätt. Das Wachpersonal dort sei nicht speziell geschult, außerdem
würden die dort untergebrachten Männer mehr wie Strafgefangene behandelt.
So dürften sie beispielsweise nicht ihre eigene Kleidung tragen und hätten
nur eingeschränkten Zugang zu Mehrzweckräumen, um sich die Zeit zu
vertreiben. Außerdem könnten die Insassen nicht direkt einen Arzt sprechen,
sondern müssten einen Termin erst bei einem der Aufpasser anmelden, wie der
Bericht bemängelte.
In ihrer Antwort erklärte das Ministerium, dass die Männer in Abschiebehaft
meist nicht genügend eigene Kleidung besäßen, um diese regelmäßig zu
wechseln – deshalb werde auf Kleidung der Haftanstalt zurückgegriffen.
Die in Eichstätt eingerichtete Freizeithalle könne zudem erst länger
geöffnet werden, wenn es für die zusätzliche Zeit Sicherheitspersonal gebe.
Dass ein direkter Arztbesuch für die Insassen nicht möglich sei, wies das
Justizministerium zurück.
Die Delegation forderte in ihrem Bericht, dass an Abschiebungen beteiligte
Polizisten eine Kennzeichnung tragen müssen. Bei der begleiteten Ausweisung
aus Bayern sei das nicht der Fall gewesen.
9 May 2019
## LINKS
[1] http://docs.dpaq.de/14814-cpt-bericht.pdf
[2] http://docs.dpaq.de/14813-stellungnahme_justizministerium.pdf
## TAGS
Europarat
Abschiebung
Abschiebehaft
Schwerpunkt Flucht
Justiz
Folter
Abschiebung
Schwerpunkt Flucht
Abschiebung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Urteil des Bundesgerichtshofs: Zu strenge Abschiebehaft in Hof
Abschiebehaft soll möglichst wenig gefängnisähnlich sein. 14 Stunden in
einer Zelle eingeschlossen zu sein, ist zu viel, sagt der
Bundesgerichtshof.
Therapeut über Folter-Überlebende: „Sie haben noch einen Lebenswillen“
Der Psychotherapeut Michael Brune arbeitet mit Menschen, die Folter
erlitten haben. Ein Gespräch über dunkle Schrecken und leuchtende Kraft.
Abschiebegewahrsam für Flüchtlinge: Mehr statt weniger Abschiebehaft
Die SPD will in Berlin und Brandenburg die Abschiebehaft ausweiten.
Flüchtlingsinitiativen rufen zum Protest am geplanten neuen Knast auf.
Zivilcourage gegen Abschiebepolitik: Kein Abflug für Abschiebungen
2018 scheiterten 506 Abschiebungen an PilotInnen. Der Bundespolizei-Chef
übt Kritik, Pro Asyl lobt die „Zivilcourage“.
Vietnamesischer Autor aus Nürnberg: Behörde verteidigt Abschiebung
Das Flüchtlingamt hält die Abschiebung eines Menschenrechtlers immer noch
für richtig. Dessen Bedeutung als Schriftsteller sei übertrieben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.