# taz.de -- Hamburger Rolling-Stones-Affäre: Wo ist Tschentscher? | |
> Hamburgs Bürgermeister will von der Rolling-Stones-Affäre nichts | |
> mitbekommen haben und sich nicht dazu äußern. SPD und Grüne fordern | |
> Akteneinsicht. | |
Bild: Untergetaucht: zur Rolling-Stones-Affäre will Bürgermeister Tschentsche… | |
Hamburg taz | Er hat von alldem nichts gewusst. Er hat mit alldem nichts zu | |
tun. Und er möchte zu alldem nichts sagen. Wenn es um die | |
Rolling-Stones-Kartenaffäre geht, taucht Bürgermeister Peter Tschentscher | |
(SPD) seit Monaten komplett ab und wird es auch heute in der Bürgerschaft | |
tun. Und das, obwohl er in gleich zwei damaligen Funktionen ganz dicht am | |
Thema dran war. | |
Als Finanzsenator oblag ihm im September 2017, dem Zeitpunkt des | |
Stones-Konzerts, die Aufsicht über die Bezirke. Seine langjährige rechte | |
Hand, die Finanz-Staatsrätin Elke Badde (SPD), musste er später als | |
Bürgermeister entlassen, weil diese noch zu seiner Amtszeit als | |
Finanzsenator eine rückdatierte Genehmigung der nicht ganz legalen | |
Kartenverteilung für Bezirkschef Harald Rösler (SPD) unterschrieben und | |
sich selbst bei Rösler mit Vorzugskarten eingedeckt hatte. | |
Als SPD-Kreischef in Nord war Tschentscher zudem der oberste Sozialdemokrat | |
des Kreises, in dem sich vor allem seine Parteifreunde schamlos aus den von | |
Rösler beim Veranstalter georderten Kartenkontingenten bedienten. Während | |
viele Nord-Genossen zugriffen, will der Obergenosse von allem nichts | |
mitbekommen haben. Auch das spräche aus Sicht der Opposition nicht gerade | |
für ihn. | |
CDU-Chef André Trepoll fordert deshalb, dass Tschentscher während der | |
heutigen Bürgerschaftssitzung „im Rahmen einer Regierungserklärung Stellung | |
bezieht und Licht in die Angelegenheit bringt“. Trepoll weiter: „Der | |
Bürgermeister als damals zuständiger Senator muss endlich Klarheit | |
schaffen, der größte Skandal auf Bezirksebene seit Jahren noch vor der | |
Bezirkswahl aufgeklärt werden.“ | |
Doch der Appell stößt auf taube Ohren. Peter Tschentscher ist fest | |
entschlossen, auch am heutigen Mittwoch weiter zu schweigen. Senatssprecher | |
Marcel Schweitzer betonte gestern gegenüber der taz: „Herr Tschentscher | |
war an der Planung und Entscheidung zur Freigabe des Stadtparks für das | |
Konzert nicht beteiligt und hat keinen Einfluss auf die Entscheidung | |
genommen. Er erfuhr über die Annahme von Freikarten im Nachhinein aus | |
Medienberichten.“ | |
Das mag die Opposition kaum glauben. Rösler hatte die ihm vom Veranstalter | |
zugesagten 100 Frei- und 300 Vorzugstickets für das Stones-Konzert den | |
„Freunden des Hauses“ angeboten, zu denen faktisch alle Personen aus dem | |
Dunstkreis des Amtes mit SPD-Parteibuch gehörten. Dass ausgerechnet der | |
Kreischef der Partei „nicht zu den Freunden des Hauses gezählt haben soll“, | |
hält etwa der FDP-Bezirksabgeordnete Claus-Joachim Dickow „für eigentlich | |
undenkbar“. Sicher ist nur: Tickets angenommen hat Tschentscher definitiv | |
nicht. „Er gehört im Rahmen unserer Ermittlungen nicht zu den | |
Beschuldigten“, stellt Staatsanwaltschafts-Sprecherin Nana Frombach klar. | |
Die FDP fordert nun volle Einsicht in alle zu diesem Komplex vorliegenden | |
Akten. Ihr aber will – gemeinsam mit den Grünen – die Regierungsfraktion | |
der SPD zuvorkommen, die sich nicht weiter dem Vorwurf aussetzen will, zu | |
verschleiern, statt aufzuklären. Nach Informationen der taz wollen beide | |
Parteien am 5. Juni in der Bürgerschaft die Einsicht des Parlaments in die | |
Rolling-Stones-Akten beantragen. | |
Bereits am späten Dienstag verkündeten die Bezirksfraktionen der beiden | |
Regierungspartner in Nord ebenfalls, „Einsicht in die Akten des Bezirksamts | |
zu Vermietungen bezirklicher Flächen und Räume für kommerzielle | |
Veranstaltungen“ zu verlangen. Die Vorlage der Akten, sie könnte ein erster | |
Schritt sein, die Ticket-Affäre politisch aufzuklären. | |
22 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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