# taz.de -- Verdacht auf Volksverhetzung: Streit um rechte Wahlplakate | |
> Hetzerische Wahlwerbung sorgt im Norden für Protest. In | |
> Mecklenburg-Vorpommern wurden NPD-Plakate abgehängt, die Stadt Osnabrück | |
> wartet noch ab. | |
Bild: Offenbar finden nicht nur Städte und Gemeinden, dass NPD-Plakate entfern… | |
HAMBURG taz | Ein Feuer haben Unbekannte in der Nacht zum Samstag vor dem | |
Wohnhaus eines jüdischen Ehepaares in Hemmingen bei Hannover gelegt. Zudem | |
seien das Gebäude und das Tor zu einem nahen Schrebergarten der Opfer mit | |
dem Wort „Jude“ beschmiert worden, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei | |
am Montag mit. Verletzt wurde niemand, die Flammen vor dem Haus erloschen | |
von allein. Dennoch nehme man den Fall sehr ernst, sagt Oberstaatsanwalt | |
Thomas Klinge. | |
Der Brandanschlag macht deutlich, wie brisant die aktuelle Debatte um | |
rechte Wahlplakate ist, mit denen die Parteien zur Europawahl und zu | |
Kommunalwahlen gegen Jüdinnen und Juden sowie Migrantinnen und Migranten | |
hetzen. | |
Auch in Hannover waren antisemitische Plakate der rechtsextremen Partei | |
„Die Rechte“ aufgetaucht, die bundesweit für Empörung sorgen. Auf ihnen | |
steht: „Israel ist unser Unglück! Schluss damit!“ Jüdische Gemeinden | |
protestierten öffentlich gegen die Plakate. | |
Bereits am 10. Mai hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft Hannover bei | |
der örtlichen Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet. | |
Bisher habe es noch keine Antwort gegeben. „Die Parolen der Neonazis sind | |
schlimm. Die ausbleibenden angemessenen Reaktionen von Staat und | |
Gesellschaft sind schlimmer“, heißt es in der Stellungnahme. | |
Wie sie mit den umstrittenen rechten Wahlplakaten umgehen sollen, darüber | |
sind sich die Städte und Kommunen im Norden derzeit offenbar uneins. | |
Nachdem auch in Osnabrück NPD-Wahlplakate mit der Aufschrift: „Stoppt die | |
Invasion: Migration tötet“ aufgetaucht sind, verhält sich die | |
Stadtverwaltung dort zunächst passiv. Zwar sei in der Stadt von | |
Bürger*innen gegen die NPD Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet worden, | |
wie der Pressesprecher der Polizeiinspektion, Frank Oevermann, bestätigte. | |
Der Stadt selbst seien die Plakate jedoch nicht bekannt. Man wolle dort die | |
Stellungnahme der Staatsanwaltschaft abwarten. Die rechnet nicht mit einem | |
baldigen Ergebnis, die Untersuchung werde wohl noch Wochen, eher Monate | |
dauern. | |
Das Verwaltungsgericht Schwerin war in der Sache bereits am Freitag zu | |
einem Ergebnis gekommen. Einen Eilantrag der NPD mit dem Ziel, die | |
Entfernung der Plakate in Parchim zu verhindern, lehnte es ab. „Das | |
Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Ordnungsverfügung eine | |
rechtmäßige Gefahrenabwehr darstellt“, urteilten die Richter, „die | |
aufgehängten Plakate erfüllten den Straftatbestand der Volksverhetzung“. | |
[1][Zu dieser Auffassung war auch der Landkreis Vorpommern-Greifswald | |
gelangt.] Laut Rechtsamt und Ordnungsbehörde stellen die Plakate „eine | |
gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ dar und | |
erfüllen den Tatbestand der Volksverhetzung. Die Kreisverwaltung ließ die | |
Plakate deshalb entfernen und stellte Strafanzeige gegen die NPD. | |
Auch die Landkreise Vorpommern-Rügen, Ludwigslust-Parchim, Mecklenburgische | |
Seenplatte und Rostock sowie die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin | |
hatten am Donnerstag angekündigt, die entsprechenden Plakate abzuhängen. | |
Das Innenministerium stärkte den Landkreisen und Städten daraufhin den | |
Rücken. Die „Hetzplakate“ seien verfassungsfeindlich und „ein klarer | |
Missbrauch der Meinungsfreiheit im Kommunal- und Europawahlkampf“, sagte | |
Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Damit sei ein Anfangsverdacht einer | |
Straftat begründet und das Entfernen der Plakate gerechtfertigt. | |
Das Innenministerium in Thüringen hatte die Plakate ebenfalls untersagt und | |
die NPD aufgefordert, diese abzuhängen. Das Landesverwaltungsamt hat am | |
Montagnachmittag in einem Erlass die Ordnungsämter gebeten, die NPD dazu | |
aufzufordern. Die Kommunen können zudem selbst entscheiden, wann | |
Wahlwerbung eine „gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und | |
Ordnung“ darstellt. | |
Dass Osnabrück nicht gegen die Plakate vorgeht, hält Tim Zumloh, 1. | |
Vorsitzender des Vereins „Exil – Osnabrücker Zentrum für Flüchtlinge“,… | |
falsch. „Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, aber solche Plakate sollte | |
man verbieten, da ist die Grenze bei weitem überschritten. Da muss eine | |
Stadt ganz klar zeigen, wie sie zu den Rechten steht.“ | |
21 May 2019 | |
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[1] /Kommunalwahl-in-Mecklenburg-Vorpommern/!5596076&s=NPD/ | |
## AUTOREN | |
Till Wimmer | |
Harff-Peter Schönherr | |
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