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# taz.de -- Baerbock und Habeck über Palmer: Rassismus wartet nicht vor der T�…
> Die Vorsitzenden der Grünen empfehlen Boris Palmer, die „Tür zum
> rassistischen Weltbild“ schnell wieder zu schließen. Wenn es denn so
> einfach wäre.
Bild: Im Großen und Ganzen ist ihr Haus okay. Aber den Boris treffen Sie nur u…
Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einem großen Mietshaus. Es ist ein
schönes Gebäude. Vielleicht ein Altbau mit Stuck und hohen Decken, vor dem
Krieg gebaut, dann teilweise zerstört und schließlich mit viel Schweiß und
Hoffnung auf eine friedliche Zukunft wieder aufgebaut. Sie wohnen dort
schon länger, manchmal reden Sie im Flur kurz mit Annalena und Robert von
nebenan über das Wetter und machen sich Sorgen um den Klimawandel.
Natürlich ist in Ihrem Haus nicht alles paletti, das wissen Sie. Manchmal
schmiert jemand menschenfeindliche Parolen an die Wände im Hausflur, das
ärgert Sie. Manchmal sagt [1][Boris aus dem ersten Stock] Sätze wie „Wir
müssen denen mal erklären, wie Erziehung funktioniert“ nachdem er das Kind
einer kopftuchtragenden Nachbarin im Hof hat weinen sehen.
Neulich hat er einen Zettel ans schwarze Brett gepinnt, einen Ausdruck der
aktuellen Startseite der Deutschen Bahn. Darauf sind Fahrgäste zu sehen und
die meisten von Ihnen sind People of Color. Boris hat mit Filzstift darüber
geschrieben „Welche Gesellschaft soll das abbilden?“.
Darüber können Sie nur den Kopf schütteln. Aber Sie mögen Ihr Haus, und die
meisten Nachbar*innen sind ja auch okay. Annalena und Robert zum Beispiel.
## Wo ist hier die Tür?
Die beiden konnten die Aktion von Boris nämlich nicht einfach so stehen
lassen. Sie sagen also: „Er hat Menschen nach äußeren Merkmalen beurteilt
und die Frage, wer zu unserer Gesellschaft gehört, daraus abgeleitet.
Beides ist nicht richtig“. Und: „Er hat eine Tür zu einem rassistischen
Weltbild aufgestoßen – er sollte sie schnell wieder schließen.“
Sie finden das erst einmal gut. Schließlich muss man sich gegen solche
menschenfeindlichen Botschaften wehren. Aber Sie haben trotzdem ein
komisches Gefühl, wenn der Hausmeister zum fünften Mal in diesem Monat die
hasserfüllten Parolen von der Wand im Hausflur schrubbt. Weil die schon da
waren, bevor Boris wieder für Aufregung gesorgt hat.
[2][Rassismus wartet nicht vor der Haustür]. Und ein Boris Palmer ist nicht
derjenige, der diese Tür auf- oder zumachen kann. Für den Rassismus ist die
Haustür vollkommen irrelevant. Weil er immer schon hier war, mitten in
diesem Haus.
## Reißt die Teppiche raus, die Tapeten ab!
Das rassistische Weltbild war schon beim ersten Spatenstich dabei. Und es
war auch da, als das Haus nach dem Krieg mit Schweiß und Hoffnung wieder
aufgebaut wurde. Rassismus zieht sich durch die Wände und liegt im
Fundament. Er füllt die Flure und die Küchen und die Kinderzimmer.
Ein Haus von Rassismus zu befreien, ist mühsam. Eine ganze Gesellschaft
davon zu befreien erscheint oft fast unmöglich. Rassismus lässt sich nicht
weglüften. Man muss Teppiche rausreißen und viele alte Schichten
Raufasertapete abkratzen. Viele dieser Arbeiten schafft man nicht allein.
Besonders dann nicht, wenn manche Nachbar*innen immer wieder rassistische
Sprüche an die Wände schmieren oder durch die Flure zischen.
Vielleicht haben Sie das Privileg, an den Schmierereien vorbeigehen zu
können. Vielleicht hat Rassismus keine Auswirkungen auf Ihr Leben,
abgesehen von kurzen Momenten der Empörung oder des Kopfschüttelns. Für
viele Ihrer Nachbar*innen ist das anders. Deswegen ist es gefährlich, wie
Annalena und Robert zu behaupten, das rassistische Weltbild würde draußen
vor der Tür warten.
Sie müssen keine Energie darauf verschwenden, einem Boris zu sagen, er
solle die Türen schließen. Unterstützen Sie lieber diejenigen, die ständig
den Dreck wegmachen, nur um am nächsten Tag neuen vorzufinden. Schütteln
Sie nicht nur den Kopf, sondern hängen Sie den Ausdruck am schwarzen Brett
ab. Laden Sie Ihre neuen Nachbar*innen mal zum Grillen ein. Hören Sie zu.
Es ist schließlich nicht nur ein Haus, es ist ein Zuhause.
26 Apr 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-Tuebinger-OB-Boris-Palmer/!5587804
[2] /Mobbing-in-Hellersdorf/!5587699
## AUTOREN
Lin Hierse
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Annalena Baerbock
Robert Habeck
Bündnis 90/Die Grünen
Boris Palmer
Erneuerbare Energien
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Security
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Boris Palmer
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