# taz.de -- Hauptversammlung des Energiekonzerns: RWE verspricht, öko zu werden | |
> Auf seiner Hauptversammlung zeigt sich RWE kompromissbereit. Für Tagebaue | |
> will er aber weiter Dörfer abreißen. | |
Bild: RWE? Öko? Das wird nichts, meinen so manche DemonstrantInnen | |
ESSEN taz | Tausende junge Leute von Fridays for Future, dazu | |
Anwohner*innen des rheinischen Braunkohlereviers, Waldschützer*innen und | |
Atomkraftgegner*innen: Vor der Hauptversammlung des Kohle- und | |
Atomstromkonzerns RWE am Freitag in der Essener Grugahalle war der Protest | |
unübersehbar. | |
„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“ und | |
„Kohlebagger raus aus dem Rheinland“ skandierten die Demonstrant*innen bei | |
starker Polizeipräsenz und machten so Druck auf das Unternehmen, das | |
zwischen Köln und Aachen nicht nur große Teile des Hambacher Walds, sondern | |
auch Dörfer, Flüsse und damit ganze Landstriche entweder bereits zerstört | |
hat oder weiter bedroht. | |
Unüberhörbar war der Protest auch in der Grugahalle: „Kein Konzern in ganz | |
Europa trägt mehr Verantwortung [1][für die Klimakrise] als RWE“, hielt die | |
Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer, die vielen als deutsches „Gesicht“ | |
von Fridays for Future gilt, den Investor*innen vor: Die trügen | |
„Verantwortung für das Desaster, das heute schon an den planetaren Grenzen | |
rüttelt“, verkauften „ihre Verantwortung für ein paar Cent Rendite“, kl… | |
Neubauer, die wie viele weitere Aktivist*innen dank Übertragung des | |
Rederechts kritischer Aktionär*innen bei der Hauptversammlung sprechen | |
konnte. | |
Denn trotz Abschaltung unrentabler Kraftwerksblöcke ist RWE Europas | |
Klimakiller Nummer 1. Rund 118 Millionen Tonnen des Treibhausgases CO2 hat | |
der Konzern allein 2018 in die Atmosphäre geblasen. Davon entfielen mehr | |
als 58 Millionen Tonnen auf die beiden Kraftwerke Neurath und Niederaußem | |
im rheinischen Revier – Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger | |
überhaupt. | |
## Die Vision der „neuen RWE“ | |
Für die Menschen in den durch die [2][bis zu 500 Meter tiefen Tagebaue | |
Hambach] und Garzweiler von „Devastierung“ bedrohten Dörfer berichtete | |
Marita Dresen vom „Psychoterror“ der RWE: „Riesige Bagger erleuchten unser | |
Land rund um die Uhr taghell“, klagte die 52-Jährige, deren Familie seit | |
1863 auf einem Bauernhof in Kuckum lebt. „Wir werden gegen unseren Willen | |
von RWE aus unserer Heimat vertrieben“, sagte Dresen. Doch trotz | |
Ausstiegsempfehlung der Kohlekommission schaffe RWE nicht nur mit dem | |
Abriss der Dörfer, sondern auch am Hambacher Wald Fakten, warnte auch der | |
Waldpädagoge Michael Zobel: „Vor einem halben Jahr waren die Bagger auf der | |
obersten Sohle noch 600 Meter vom Wald entfernt“, kritisierte Zobel: „Jetzt | |
sind es noch 120 Meter.“ | |
RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz dagegen hatte sich in seiner | |
Auftaktrede nur formell verhandlungsbereit gezeigt. „RWE steht zu den | |
nationalen und europäischen Klimaschutzzielen“, versicherte Schmitz, der | |
in der vergangenen Woche verkündet hatte, nicht mehr in neue | |
Kohlekraftwerke investieren zu wollen. Die Übernahme des Ökostromgeschäfts | |
des Konkurrenten Eon hatte der Vorstandsvorsitzende schon im März 2018 | |
bekannt gegeben. „Sauberen und sicheren Strom zu erzeugen – dieses Ziel | |
treibt uns an“, beteuerte Schmitz deshalb. | |
Von einem Ende des Abrisses ganzer Dörfer wollte der Vorstand aber ebenso | |
wenig wissen wie von einer Bestandsgarantie für den Hambacher Wald über den | |
Herbst 2020 hinaus – und erntete heftige Kritik vonseiten wichtiger | |
Investoren: Der Vorstandschef produziere damit einen „Reputationsschaden“, | |
statt „RWE möglichst schnell in eine kohlefreie Zukunft“ zu führen, meinte | |
etwa Winfried Mathes von der Sparkassentochter Deka Investment. Mathes warb | |
deshalb dafür, den RWE-Vorstand nicht zu entlasten. | |
Kritisiert wurde der Konzern auch von Atomkraftgegner*innen. Solange RWE | |
die Atomkraftwerke Emsland und Gundremmingen weiterbetreibe und ein | |
Sechstel des einzigen deutschen Urananreicherers Urenco halte, bleibe die | |
Vision der „neuen RWE“ nicht mehr als eine Fiktion, meinte Matthias | |
Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Noch heute | |
stammten 12 Prozent des RWE-Stroms aus Atomkraft – und 38 Prozent aus | |
Braun- sowie 16 Prozent aus Steinkohle. | |
„Wir schauen nicht tatenlos zu, wie Konzerne unsere Zukunft verfeuern“, | |
erklärte deshalb Kathrin Henneberger, Sprecherin der Klimaschützer*innen | |
von Ende Gelände, die in den Braunkohlerevieren immer wieder Tagebaue | |
besetzen. Die nächsten „Massenaktionen des zivilen Ungehorsams“ werde es ab | |
dem Juni 2019 im Rheinland geben: „Wir Klimaaktivisten werden Verantwortung | |
übernehmen, die Notbremse ziehen und RWEs Braunkohletagebaue stilllegen.“ | |
3 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
Anett Selle | |
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