| # taz.de -- Nach neun Jahren Haft in Deutschland: Präsident der FDLR-Rebellen … | |
| > Ignace Murwanashyaka war Führer der im Kongo kämpfenden ruandischen | |
| > Hutu-Rebellen. Nun ist er schwerkrank in Mannheim gestorben. | |
| Bild: Ignace Murwanashyaka bei der Eröffnung seines Prozesses in Stuttgart, 4.… | |
| Berlin taz | Der in Deutschland inhaftierte Präsident der ruandischen | |
| Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), Ignace | |
| Murwanashyaka, ist tot. Wie die taz aus mehreren Quellen erfuhr und seine | |
| Anwältin bestätigte, starb der 55jährige Ruander am Dienstag in der | |
| Universitätsklinik Mannheim, wohin er wenige Tage zuvor aus der | |
| JVA-Krankenstation transferiert worden war. | |
| Murwanashyaka war seit 2001 der politische Führer der FDLR, die in Jahr | |
| zuvor im Kongo von flüchtigen Verantwortlichen des Völkermordes an Ruandas | |
| Tutsi gegründet worden war, um vom Kongo aus gegen Ruandas heutige | |
| Regierung zu kämpfen. Er lebte als politischer Flüchtling in Deutschland, | |
| wo er studiert hatte, und war bereits jahrelang in der ruandischen | |
| Hutu-Exilszene aktiv gewesen. | |
| Die ruandischen Hutu-Generäle im Kongo wählten Murwanashyaka als vom | |
| Völkermord unbelastetes [1][politisches Aushängeschild] für die | |
| internationale Gemeinschaft, um ihrem bewaffneten Kampf einen zivilen | |
| Anstrich zu geben. | |
| Als Präsident – ein Amt, das er formal bis zu seinem Tod bekleidete – war | |
| Murwanashyaka formell der Oberbefehlshaber der FDLR-Kampftruppen im Kongo, | |
| die in den Wäldern der ostkongolesischen Kivu-Provinzen einen Quasi-Staat | |
| errichtet hatten und sich mit [2][brutaler Gewalt an Zivilisten] wehrten, | |
| wenn die Armeen Kongos oder Ruandas gegen sie vorgingen. | |
| ## Jahrelang vor Gericht in Stuttgart | |
| Sein realer Einfluss auf das Kriegsgeschehen bleibt allerdings umstritten | |
| und ist jahrelang Thema vor Gericht in Deutschland gewesen, ohne endgültige | |
| Klärung. | |
| Denn wegen mutmaßlicher Vorgesetztenverantwortung für Verbrechen der FDLR | |
| an kongolesischen Zivilisten war Murwanashyaka im November 2009 in | |
| Deutschland festgenommen worden, ebenso sein Stellvertreter Straton Musoni. | |
| Zwischen 2011 und 2015 wurde ihm am Oberlandesgericht Stuttgart der Prozess | |
| gemacht. Es war der erste Prozess in Deutschland nach dem | |
| Völkerstrafgesetzbuch, das das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs | |
| in deutsches Recht überführt. | |
| Am 28. September 2015 [3][verurteilte ihn das OLG Stuttgart] zu 13 Jahren | |
| Haft wegen Rädelsführerschaft einer terroristischen Vereinigung im Ausland | |
| und Beihilfe zu Kriegsverbrechen – die Vorgesetztenverantwortung war vom | |
| Tisch. In der Revision hob der [4][Bundesgerichtshof am 20. Dezember 2018] | |
| das Urteil teilweise auf und verwies das Verfahren an das OLG Stuttgart | |
| zurück. | |
| Die Bundesrichter bestätigten zwar die Feststellungen der ersten Instanz | |
| zum Geschehen im Kongo und auch die Verurteilung wegen Rädelsführerschaft, | |
| sahen aber den Vorwurf der Beihilfe als unzureichend erwiesen an und | |
| werteten zudem die Verbrechen der FDLR als Verbrechen gegen die | |
| Menschlichkeit, nicht nur als Kriegsverbrechen. | |
| Ein neuer Prozess in Stuttgart, um die Frage der Beihilfe zu klären, hätte | |
| voraussichtlich im Mai 2019 beginnen sollen. Das ist jetzt hinfällig. Der | |
| ebenfalls 2015 verurteilte Vizepräsident Musoni lebt weiter in Deutschland; | |
| er war zu acht Jahren Haft verurteilt worden und nach seiner Verurteilung | |
| freigekommen, da er schon fast sechs Jahre in Untersuchungshaft verbracht | |
| hatte. | |
| ## Isoliert im Gefängnis | |
| Murwanashyaka hat nun neun Jahre und fünf Monate in Untersuchungshaft | |
| verbracht – unter erschwerten Bedingungen der Isolation. „Die | |
| Haftbedingungen waren unmenschlich und eines Rechtsstaats unwürdig“, sagt | |
| seine Verteidigerin Ricarda Lang gegenüber der taz. | |
| Sein Gesundheitszustand galt schon während des Prozesses gegen ihn in | |
| Stuttgart als schlecht. Er war damals im Terroristentrakt des | |
| Hochsicherheitsgefängnis JVA Stuttgart-Stammheim in Einzelhaft, ohne jeden | |
| Kontakt zu anderen Gefangenen. | |
| Diese verschärften Haftbedingungen, einschließlich Einzel-Hofgang und | |
| Kontaktsperre beim Gottesdienst, wurden auch beibehalten, als er nach der | |
| erstinstanzlichen Verurteilung 2015 nach Mannheim verlegt wurde. | |
| Erst vor zwei Wochen wurde eine Lockerung der Haftbedingungen verfügt. Da | |
| war es aber schon zu spät. Ignace Murwanashyaka war bereits bettlägerig. Am | |
| 11. April wurde er in die Uniklinik verlegt, wo er fünf Tage später starb – | |
| mitten in der für den strenggläubigen Katholiken besonders bedeutsamen | |
| Karwoche. | |
| 17 Apr 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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