# taz.de -- Krankenhaus-Security unter Verdacht: Patient ins Koma geprügelt? | |
> Laut Augenzeugen haben Sicherheitsleute einen kamerunischen Patienten des | |
> Hamburger Uniklinikums zusammengeschlagen. | |
Bild: Nicht überall am UKE geht es so idyllisch zu wie vor dem Haupteingang | |
Hamburg taz | Eigentlich wollte er nur eine Zigarette vor dem Eingang | |
rauchen. Jetzt liegt der Patient des Universitätsklinikums | |
Hamburg-Eppendorf (UKE) im künstlichen Koma. Drei Sicherheitsmitarbeiter | |
hatten ihn am Ostersonntag gegen seinen Willen fixiert, eine Mitarbeiterin | |
des UKE verabreichte ihm Beruhigungsmittel. Augenzeugen beschreiben das | |
Vorgehen gegen den Kameruner als äußerst brutal. Laut dem Cousin des | |
Betroffenen seien dessen Überlebenschancen gering. | |
Laut den AugenzeugInnen, die ebenfalls PatientInnen im UKE sind, habe der | |
Betroffene sich im offenen Bereich der psychiatrischen Abteilung des UKE | |
aufgehalten. Er habe draußen gesessen, als eine Mitarbeiterin der Klinik | |
sowie drei Männer des Sicherheitsdienstes ihn aufforderten, ein Medikament | |
zu nehmen. Als er sich verweigerte, seien sie auf ihn losgegangen. | |
Zwei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hätten ihn am Boden fixiert. „Ein | |
anderer ist immer wieder mit dem Knie aus einem halben Meter Höhe in den | |
Rücken und die Nieren rein. Du konntest sehen, dass der Mann Angst hatte“, | |
berichtet ein Augenzeuge in einem Video, das bei Facebook und Whatsapp | |
verbreitet wurde. | |
Nach minutenlangen Wiederbelebungsversuchen hätten Sanitäter den | |
bewusstlosen Patienten auf die Intensivstation gebracht. Umstehende | |
PatientInnen riefen die Polizei. Warum der Sicherheitsdienst den Mann | |
angriff, ist unklar. Laut den AugenzeugInnen ging von ihm keine Gefahr aus. | |
Zudem war er nicht im geschlossenen Teil des Klinikums, sondern in der | |
Tagesklinik. | |
Auf Nachfrage der taz äußert sich eine Pressesprecherin des UKE zu dem | |
Vorfall: „Der Patient hatte sich der Anordnung der Unterbringung widersetzt | |
und musste vom Sicherheitsdienst fixiert werden, als er aus bisher | |
ungeklärten Umständen zusätzliche medizinische Hilfe benötigte.“ | |
Auf die Nachfrage, ob der Patient dieser Anordnung überhaupt hätte folgen | |
müssen, da er ja nicht in einer geschlossenen Unterbringung war, verwies | |
die Sprecherin auf den Datenschutz. | |
Ein anderer Mitarbeiter des UKE, der anonym bleiben möchte, spricht von | |
seinen Erfahrungen mit dem Sicherheitsdienst „Klinik Logistik & | |
Engineering“ (KLE), einer Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums. | |
Einer der an dem Übergriff beteiligten Sicherheitsmänner sei | |
stellvertretender Leiter des Wachdienstes. Dieser und zwei andere Kollegen | |
seien wegen des Vorfalls für zwei Wochen beurlaubt worden. Einer von ihnen | |
habe die Aussage gegenüber der Polizei verweigert. | |
Der anonyme Mitarbeiter berichtet von Einschüchterungsversuchen einiger | |
Kollegen, die durch UKE-MitarbeiterInnen gedeckt würden. Einige | |
KLE-Mitarbeiter sollen schwarze Menschen regelmäßig rassistisch beleidigen. | |
„Ich bin mir sicher, wenn es kein Schwarzer gewesen wäre, wären sie nicht | |
so hart ran gegangen“, sagt er über den Vorfall vom Sonntag. „Es war nur | |
eine Frage der Zeit, bis was passiert.“ | |
Die AktivistInnengruppe „Black Community Hamburg“ zeigt sich entsetzt über | |
das brutale Vorgehen des Sicherheitsdienstes und sieht das Ereignis nicht | |
als Einzelfall. „Solche Begegnungen finden viel zu oft statt und spiegeln | |
die rassistische und menschenverachtende Wahrnehmung gegenüber schwarzen | |
Menschen als aggressiv und gewalttätig wider“, schrieb die Gruppe in einem | |
Statement auf Facebook. „Ihnen wird unabhängig von äußeren Umständen oder | |
persönlichen Situationen eher mit tödlicher Gewalt als mit Mitgefühl | |
begegnet.“ Die Gruppe arbeitet zu Rassismuskritik und setzt sich für die | |
Rechte von People of Color ein. | |
## Mahnwache vor dem UKE | |
„Es ist schlimm, dass solche Vorfälle unter den Teppich gekehrt werden, | |
obwohl sie alltäglich sind“, sagt Sonja Collison, ein Mitglied von „Black | |
Community Hamburg“. „Es ist an der Zeit, dass so etwas öffentlich | |
thematisiert wird.“ | |
Ein anderes Mitglied der Gruppe sagt: „Man denkt eigentlich, dass gerade | |
das Personal in einer psychiatrischer Klinik geschult ist für Eskalationen. | |
Selbst bei aggressiven Verhalten gibt es keine Rechtfertigung, jemanden | |
totzuschlagen.“ | |
Die Gruppe will sich jetzt jeden Nachmittag vor dem UKE treffen und mit | |
Gedanken und Gebeten Beistand für die Familie des Betroffenen leisten. „Für | |
uns ist dieser Fall nicht anders zu bewerten als die von Oury Jalloh und | |
Achidi John, wo Gewalt angewendet und die Wahrheit vertuscht wurde.“ | |
Jalloh war 2005 im Dessauer Polizeigewahrsam verstorben, John 2001 nach | |
einem Brechmitteleinsatz der Polizei in Hamburg. Black Community Hamburg | |
fordert die Aufklärung der Vorfälle sowie die sofortige Suspendierung und | |
polizeiliche Ermittlungen gegen die beteiligten Sicherheitskräfte des UKE. | |
25 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Philipp Effenberger | |
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