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# taz.de -- Kommentar Brexit-Gipfel in Brüssel: Apocalypse later
> In Sachen Brexit scheint das Schlimmste vorerst abgewendet. Doch ein
> Aufschub bedeutet auch: Der Schrecken endet so schnell nicht.
Bild: Rein oder raus? Das Gezerre um den Brexit geht weiter, geholfen ist damit…
Die Apokalypse wurde gerade noch einmal abgewendet. Am 12. April droht nun
doch kein Kollaps an Europas Häfen und Flughäfen. Der Worst Case – ein
ungeordneter Austritt Großbritanniens aus der EU mit allen negativen Folgen
für Verkehr und Handel – wurde beim Sondergipfel in Brüssel am Mittwoch
vorerst ausgeschlossen. Zumindest bis zur Europawahl Ende Mai soll Ruhe
sein; der gefürchtete No Deal ist bis auf Weiteres abgewandt.
Und noch eine gute Nachricht kommt aus Brüssel: Die Briten erhalten genug
Zeit, um doch noch ein zweites Referendum über den Brexit abzuhalten. Die
Hoffnung auf ein „People's Vote“ bekommt damit neuen Auftrieb. Die Zeit bis
zum 31. Oktober – der neuen Deadline für die Ratifizierung des
Austrittsvertrags – ist zwar knapp bemessen. Doch wenn sich die
Pro-Europäer anstrengen, könnten sie eine neue Abstimmung organisieren.
Damit enden aber auch schon die guten Nachrichten. Der Rest ist traurige
Gipfelroutine. Sechsstündige, zähe Verhandlungen. Eine schlecht
vorbereitete, planlose britische Premierministerin. Eine Kanzlerin, die die
„historische Verantwortung“ beschwört und damit doch nur meint, den Status
quo zu wahren und [1][den Brexit auf die lange Bank zu schieben]. Und am
Ende ein Kompromiss, der keinen wirklich zufrieden stellt, aber alles offen
hält.
Der 31. Oktober ist ein ziemlich willkürliches Datum – auf halbem Weg
zwischen dem 30. Juni, den Theresa May beantragt hatte, und dem 31.
Dezember, den Angela Merkel und viele andere Staats- und Regierungschefs
bevorzugt hatten. Er kam zustande, weil Emmanuel Macron den Druck auf die
Briten aufrechthalten wollte – und weiter denkt als Merkel: Im Herbst, so
Macrons Ziel, soll der Neustart der EU beginnen, mit neuer Kommission und
neuem Programm.
Allerdings stand Macron mit diesem Ziel ziemlich allein. Der Krisengipfel
hat gezeigt, dass Merkel und die meisten anderen EU-Chefs kein Interesse an
einer „Renaissance“ Europas haben. Alles soll weitergehen, wie bisher, wenn
möglich sogar mit den Briten. Je länger sie bleiben, desto besser, denken
viele. Selbst die Europawahl ist für die meisten EU-Granden nicht so
wichtig. Solange die Briten teilnehmen, ist doch alles in Ordnung, oder?
Ist es aber nicht, im Gegenteil. Denn nun [2][wird die Europawahl], wenn
nicht noch ein Wunder geschieht und der Austrittsvertrag doch noch
rechtzeitig ratifiziert wird, zu einem zweiten Referendum über die EU. Für
die Brexiteers und andere EU-Gegner ist das ein Konjunkturprogramm. Sie
mobilisieren schon jetzt gegen den „Verrat“ aus London und Brüssel – und
könnten das neue Europaparlament nach der Wahl für ihre Zwecke
umfunktionieren.
Klar, auch die Remainers und Pro-Europäer machen sich Hoffnungen. Auch sie
dürfen bei der Europawahl auf Zugewinne setzen. Doch was nützt das, wenn
die EU keine Zukunftsvision hat, wenn sich alles nur noch um den Brexit und
die Verteidigung des Status quo dreht? Ein Ende mit Schrecken, da hat
Macron recht, wäre immer noch besser als ein Schrecken ohne Ende. Doch
genau das droht nach diesem erschreckend planlosen Krisengipfel.
11 Apr 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Eric Bonse
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