# taz.de -- Bericht von Amnesty International: Weniger Todesurteile | |
> Die Todesstrafe wird besonders im Iran nicht mehr so oft ausgesprochen | |
> wie in den Jahren davor. Es gibt aber auch Dunkelziffern. | |
Bild: Todeszelle in den USA. Im Jahr 2018 wurden weltweit weniger Todesurteile … | |
Berlin dpa | Weltweit ist die Zahl dokumentierter Hinrichtungen im | |
vergangenen Jahr um etwa ein Drittel gesunken und hat nach Angaben von | |
Amnesty International den niedrigsten Stand seit zehn Jahren erreicht. Die | |
Menschenrechtsorganisation verzeichnet in ihrem am Mittwoch | |
veröffentlichten Bericht zur Todesstrafe im Jahr 2018 mindestens 690 | |
Hinrichtungen in 20 Staaten. Im Vorjahr waren es noch 993 Exekutionen in 23 | |
Staaten. Eine erhebliche Dunkelziffer gebe es aber vor allem in China, wo | |
auch 2018 mutmaßlich mehrere Tausend Menschen hingerichtet worden seien, | |
heißt es in dem Jahresbericht. | |
„Der Trend zur Abschaffung der Todesstrafe ist nicht mehr umzukehren. Jedes | |
Jahr wird der Kreis derjenigen Staaten, die auf die Todesstrafe verzichten, | |
größer“, stellt die Organisation fest. Vier Länder waren demnach für 78 | |
Prozent der dokumentierten Exekutionen verantwortlich: Iran (mindestens | |
253), Saudi-Arabien (149), Vietnam (mindestens 85) und der Irak (mindestens | |
52). | |
„Wo Staaten an der Todesstrafe festhalten, sollte die Staatengemeinschaft | |
zumindest darauf dringen, dass das völkerrechtliche Verbot der Verurteilung | |
und Hinrichtung von Minderjährigen beachtet wird und diese Urteile | |
umgewandelt werden“, forderte Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty | |
International in Deutschland. „Auch müssen, gerade in Staaten mit der | |
Todesstrafe, die Einhaltung des absoluten Folterverbotes sowie grundlegende | |
rechtsstaatliche Standards wie das Recht auf Anhörung, auf einen | |
Rechtsbeistand und ein faires Verfahren gewährleistet und unabhängig | |
überprüfbar sein.“ Dies sei in den wenigsten Ländern, die heute noch | |
hinrichten, gegeben. | |
Die insgesamt erhebliche Abnahme der Hinrichtungen hat nach Angaben von | |
Amnesty im Wesentlichen zwei Ursachen: „Zum einen haben einige derjenigen | |
Länder, die weltweit immerfort für das Gros der Hinrichtungen | |
verantwortlich sind, wie Irak, Iran, Pakistan und Somalia, die Anwendung | |
der Todesstrafe zurückgefahren“, stellt die Organisation fest. „Zum anderen | |
verringerte sich auch die Zahl der Länder, von denen bekannt wurde, dass | |
sie Hinrichtungen durchgeführt haben.“ | |
## Urteile, die auf Foltergeständnissen beruhen | |
In der Mehrheit der Länder, die Menschen zum Tode verurteilen oder | |
hinrichten, werde die Todesstrafe nach Prozessen verhängt, die nicht den | |
internationalen Rechtsstandards für ein faires Gerichtsverfahren | |
entsprechen, berichten die Autoren. In einigen Fällen basierten Urteile auf | |
Aussagen, die durch Folter oder Misshandlung erpresst worden sein könnten – | |
so in Ägypten, Bahrain, China, Irak, Iran und Saudi-Arabien. | |
Amnesty habe 2018 auch Rückschritte dokumentieren müssen, erklärte Beeko | |
der Deutschen Presse-Agentur. In Thailand fand demnach im Juni die erste | |
Hinrichtung seit 2009 statt. Botsuana (2), Sudan (2) und Taiwan (1) | |
vollstreckten zum ersten Mal nach 2016 wieder Hinrichtungen. | |
In den USA, wo Präsident Donald Trump die Todesstrafe ausweiten will, sei | |
die Zahl der Hinrichtungen zwar leicht auf 25 gestiegen (2017: 23). | |
Allerdings haben zwanzig Bundesstaaten die Todesstrafe inzwischen | |
abgeschafft, das seien „mehr als je zuvor“, sagte Beeko. Weitere vier | |
Bundesstaaten haben demnach ein Hinrichtungsmoratorium erklärt. In 2018, | |
wie auch 2017, seien „nur“ in acht Staaten Exekutionen durchgeführt worden. | |
Hintergrund dafür sei, dass der Präsident nicht für die Todesstrafe in den | |
einzelnen Bundesstaaten zuständig ist. Die letzte Hinrichtung nach | |
Bundesstrafrecht war am 18. März 2003 und die letzte Exekution nach | |
Militärstrafrecht am 13. April 1961. | |
Der Grünen-Politiker Kai Gehring, Mitglied im Bundestagsausschuss für | |
Menschenrechte und humanitäre Hilfe, forderte am Mittwoch, Deutschland | |
müsse sich aktiver für die Abschaffung der Todesstrafe und deren | |
Vollstreckung einsetzen. „Auch das staatliche Verschweigen zigtausender | |
Hinrichtungen wie in China darf nicht hingenommen werden“, erklärte er. | |
„Dass Brunei die Todesstrafe für Homosexuelle einführt, muss zu massivem | |
Druck der Staatengemeinschaft führen.“ | |
10 Apr 2019 | |
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