# taz.de -- Aufstand gegen Sudans Machthaber: Die Unbeugsamen | |
> 21 Menschen sind bei Protesten in Khartum bisher getötet worden, doch die | |
> Tausenden Dauerdemonstranten lassen nicht locker. Sie setzen auf die | |
> Armee. | |
Bild: Die Demonstration dauert seit dem 6. April an. Menschen versammeln sich T… | |
Soldaten, die sich mit Demonstranten verbrüdern. Geigenspieler, die | |
Protestlieder begleiten. Eine junge Frau im weißen Gewand und goldenen | |
Ohrschmuck der nubischen Königinnen der Antike, die von einem Autodach aus | |
zur Menge spricht und deren auf Twitter verbreitetes Foto um die Welt geht | |
und zur Ikone wird. Der Dauerprotest in Sudans Hauptstadt Khartum vor der | |
Zentrale des herrschenden Militärs wird zum Happening – und zum Fokus der | |
Hoffnung eines Landes. | |
Seit seinem Beginn am 6. April ist der [1][Protest vor der Armeezentrale] | |
mal kleiner, mal größer. Nachts sind es weniger, zu manchen Tageszeiten | |
sammeln sich mehrere hunderttausend Menschen auf dem riesigen | |
kilometerlangen Boulevard. Der Protest endet nicht, trotz mehrfacher | |
Aufforderungen und Befehle, ihn aufzulösen. Die Demonstranten wollen | |
ausharren, bis Militärmachthaber [2][Omar Hassan al-Bashir], seit 1989 | |
Sudans Präsident, geht. Die Hoffnung ist, dass die Armee ihn zum Rückzug | |
bewegen kann. | |
Offensichtlich stehen Teile der Streitkräfte auf der Seite des Protests. | |
Jedes Mal, wenn Sicherheitsorgane – meist solche unter direktem Befehl der | |
Präsidentschaft – nachts oder im Morgengrauen auf Demonstranten schießen, | |
gibt es andere Sicherheitskräfte, die die Demonstranten schützen. Die | |
Beschüsse forderten bis Dienstag nach Angaben einer Ärztevereinigung 21 | |
Tote, darunter fünf Soldaten, und 153 Verletzte, einige davon schwer. | |
Sudans greiser Oppositionsführer Sadiq al-Mahdi sagte, jeden Morgen würde | |
maskierte Männer die Demonstrierenden angreifen und Menschen töten. | |
Am Dienstag erklärte Sudans Polizeisprecher Hashim Ali Abdelrahim, die | |
Polizei sei jetzt angewiesen worden, „von Angriffen auf friedliche | |
Versammlungen abzusehen“ – am gleichen Tag erklärte Armeesprecher Ahmd | |
Khalifa al-Shami, der Nationale Sicherheitsrat habe befohlen, den | |
Sitzprotest vor der Armeezentrale aufzulösen, „weil er die Sicherheit | |
untergräbt und negative Phänomene hervorruft“. Außerdem würden | |
„Infiltratoren unter den Demonstranten“ Schüsse abfeuern. | |
## Die Armee als „Hebamme“ | |
Auf al-Shamis Ankündigung folgte aber die erste friedliche Nacht vor der | |
Armeezentrale seit Beginn der Proteste. Entweder der Kommunikationsstrang | |
oder die Befehlskette im Militär funktioniert also offensichtlich nicht | |
mehr. Die Exil-Internetzeitung Sudan Tribune berichtete am Mittwoch von | |
einem Video, auf dem Sudans berüchtigter Geheimdienstchef Salah Gosh sich | |
vor Führungsmitgliedern der Regierungspartei NCP (National Congess Party) | |
über das Versagen der Armee beschwert. | |
Sudans Machtsystem beruht darauf, dass NCP und Geheimdienste über eigene | |
bewaffnete Verbände verfügen, die sie auf Geheiß des Präsidenten zur | |
inneren Repression auch unabhängig vom Generalstab der Armee einsetzen | |
können. | |
„Die Armee war im Sudan immer der Schlüssel zum Erfolg eines Aufstands“, | |
zitiert die Nachrichtenagentur AFP den US-amerikanischen Sudan-Spezialisten | |
Eric Reeves. „Es gibt viele Anzeichen von Unzufriedenheit. Die niederen | |
Ränge sind wütend darüber, dass sie Sudanesen töten sollen.“ Das Militär | |
wolle zwar nicht die vom Bashir-Regime verursachte Wirtschaftskrise des | |
Landes lösen müssen, doch eine vom Militär eingesetzte zivile | |
Übergangsregierung würde von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung | |
unterstützt werden. | |
Die Protestbewegung selbst habe keine Strategie jenseits des Protestes, | |
wird der sudanesiche Ökonom Magdi al-Gizouli vom Think-Tank Rift Valley | |
Institute zitiert. Sie hoffe, dass die Armee „die Rolle der Hebamme spielt, | |
Bashir absetzt und die Macht dem Volk überträgt. Die Ereignisse haben die | |
moralische Autorität der Armee rehabilitiert und ihr politisches Gewicht | |
bekräftigt.“ | |
10 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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