# taz.de -- Offener Brief zur Seenotrettung: NGOs fordern Notfallplan | |
> Nichtregierungsorganisationen haben sich an die Regierung gewandt. Sie | |
> appellieren für mehr Unterstützung der Rettung auf dem Mittelmeer. | |
Bild: Europa begegnet Flüchtlingen nicht mit offenen Armen – im Gegenteil | |
BERLIN taz | Mehr als 250 zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich | |
mit einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewandt und | |
die Unterstützung der Seenotrettung gefordert. „Wir sind erschüttert | |
angesichts der gegenwärtigen europäischen Politik, die immer stärker | |
[1][auf Abschottung und Abschreckung setzt] – und dabei tausendfaches | |
Sterben billigend in Kauf nimmt“, heißt es in dem Schreiben, das neben | |
Organisationen wie Pro Asyl, dem Paritätischen Gesamtverband, dem DGB oder | |
Caritas und Diakonie auch zahlreiche lokale Gruppen unterzeichnet haben. | |
Angesichts der Kriminalisierung ziviler Seenotretter*innen drängen sie auf | |
eine „Neuausrichtung der deutschen und europäischen Politik“. Die | |
Unterzeichnenden fordern einen „Notfallplan für Bootsflüchtlinge“ zur | |
Verteilung der Geretteten in der EU. Den inzwischen über 60 Städten und | |
Gemeinden, die [2][sich zu „sicheren Häfen“ erklärt haben], soll es | |
ermöglicht werden, freiwillig zusätzliche Geflüchtete aufzunehmen. | |
Zudem fordern sie ein Ende der Rückführungen nach Libyen sowie der | |
Ausbildung und Unterstützung der „sogenannten libyschen Küstenwache“ durch | |
Deutschland und die EU. | |
Allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 verloren laut UN-Angaben | |
311 Menschen ihr Leben bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu | |
gelangen. Im Jahr 2019 waren es rund 2.300 Menschen. Ende März hatte die EU | |
angekündigt, [3][ihre Mittelmeer-Marinemission Sophia auszusetzen]. | |
Deutlich mehr Menschen als diese retteten zwischen Januar 2016 und Juni | |
2018 aber die italienische Küstenwache und zivile Rettungsschiffe. | |
## Ein rapider Anstieg der Toten | |
Seit Länder wie Italien und Malta aber im Sommer 2018 begannen, Schiffen | |
mit Geflüchteten an Bord die Einfahrt in ihre Häfen zu verweigern, hat ein | |
sich wiederholendes Tauziehen um die Verteilung der Geretteten begonnen, | |
die teils wochenlang auf den Schiffen ausharren mussten. Die Schiffe | |
privater NGOs wurden beschlagnahmt oder an der Ausreise gehindert, | |
Crewmitglieder juristisch belangt. | |
Die zivile Seenotrettung ist nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. In | |
der Statistik ist seitdem ein rapider Anstieg an Toten zu verzeichnen. Ende | |
November formte sich im Bundestag die Parlamentsgruppe „Seenotrettung“, in | |
der sich mehrere Dutzend Abgeordnete aller Fraktionen außer der AfD in | |
regelmäßigen Abständen mit dem Thema auseinandersetzen. | |
Ein Regierungssprecher erklärte auf Nachfrage, offene Briefe würden | |
„grundsätzlich nicht kommentiert“. Die Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg | |
begrüßte den Aufruf. Man versuche, diesem „breiten gesellschaftlichen | |
Konsens“ mit der Parlamentsgruppe Rechnung zu tragen, indem man sich um | |
eine „Versachlichung der Debatte im Parlament“ bemühe und für ein breites | |
Bekenntnis zur Seenotrettung werbe. | |
Wohl erst mal keine. Der Brief ist allerdings nur eine von mehreren | |
Aktionen, um den Druck auf die Politik zu erhöhen. | |
3 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kriminalisierung-der-Seenotrettung/!5520342 | |
[2] /Sichere-Haefen-fuer-Fluechtlinge/!5562536 | |
[3] /EU-Mittelmeermission-Sophia/!5567836 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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