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# taz.de -- Schweinemastanlage in Spanien: Gefahr für Wasser und Tourismus
> In Südspanien will ein Investor eine riesige Mastanlage für Schweine
> bauen. Die BewohnerInnen fürchten um die Zukunft ihrer dünn besiedelten
> Region.
Bild: Bald durch die Gülle von 50.000 Mastschweinden bedroht? Die südspanisch…
Madrid taz | In Cuevas del Campo drehen sich seit Monaten alle Gespräche um
eine riesige Schweinerei. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. „Keine 2,5
Kilometer entfernt soll die größte Schweinemastanlage Spaniens entstehen“,
berichtet Alicia Ruiz. Die 39-Jährige sieht ihre Zukunft gefährdet. Sie
besitzt einige für die Region in Südspanien so typische Wohnhöhlen und baut
sie gerade zu Touristenunterkünften um. „Jetzt habe ich alles gestoppt“,
sagt sie. „Wer kommt schon in eine Gegend, in der 50.000 Schweine gehalten
werden?“
Gestank, Jauche, Insektenplagen – das sind einige der Gründe, warum Ruiz
vergangenen Dezember mit anderen aus Cuevas del Campo und zehn umliegenden
Dörfern eine Bürgerinitiative, die Plattform zum Schutz des Guadiana Menor,
gegründet hat. Der Guadiana Menor fließt durch die ansonsten trockene
Landschaft. „Die Schweinemast bedroht das Grundwasser“, ist sich Ruiz
sicher.
Die Schweineproduktion boomt in Spanien. 2015 hat das südeuropäische Land
Deutschland von Platz 1 der europäischen Schweinezucht verdrängt und zieht
seither mit jährlichen Wachstumsraten von bis zu 3 Prozent davon. Ende 2017
meldete Spanien einen Bestand von 30 Millionen Schweinen. In Deutschland
waren es 27,5 Millionen. Jedes fünfte europäische Schwein kam damit aus
Spanien.
„Die Mastbetriebe suchen gezielt dünn besiedelte Gegenden, um Protesten aus
dem Weg zu gehen“, sagt Ruiz. Hier in der Gegend zwischen den
Provinzhauptstädten Jaén und Granada tun sie den Betreibern diesen Gefallen
nicht. Seit Jahresbeginn hat die Bürgerinitiative in einer Region mit
gerade einmal 15.000 Einwohnern über 6.000 Unterschriften gesammelt.
## In drei Monaten von 20 auf 100 Kilogramm
Die Mastanlagen sind das letzte Glied in der Kette. In ihnen werden Ferkel
im Alter von zwei Monaten eingepfercht und in nur drei Monaten von 20 auf
100 Kilogramm gemästet. „Insgesamt werden pro Jahr rund 125.000 Schweine
die Anlage durchlaufen. Es werden sieben Gebäudekomplexe mit jeweils vier
Hallen entstehen“, erklärt José Antonio Cabrera das ganze Ausmaß des
Projekts. #
Cabrera gehört der Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción an und
hat ein Widerspruchsverfahren eingeleitet, das jetzt von den zuständigen
Umweltbehörden geprüft werden muss. „Die Feldwege, die als Zufahrt dienen,
werden den Lkw-Verkehr einer Autobahn aushalten müssen“, fügt er hinzu. Die
Mastanlage ist von Naturschutz- und Vogelschutzgebieten umgeben.
Wer hinter dem Betreiber mit dem Namen Vagido Alto steckt, weiß keiner so
genau. Das Unternehmen gehört laut Register einer einzelnen Person und hat
ein Grundkapital von 3.010 Euro. Bei ihren Protesten tragen die Menschen
immer wieder Transparente gegen El Pozo, den größten
Fleischwarenproduzenten Spaniens, der in anderen Regionen mit ähnlichen
Projekten an Bürgerprotesten scheiterte.
„Wir haben erst vom Projekt erfahren, als es im November öffentlich gemacht
wurde“, beschwert sich die Bürgermeisterin von Cuevas del Campo, Carmen
Rocio Martínez. Elf Arbeitsplätze soll die Anlage schaffen. Die Mast läuft
weitgehend vollautomatisch. „Wir werden weit mehr Arbeitsplätze in der
kleinen Viehzucht und Landwirtschaft sowie im Tourismus verlieren“, sagt
die 38-jährige Krankenschwester.
Ein Mastschwein produziert täglich vier bis sieben Liter nitrat- und
ammoniakhaltige und mit Medikamtenrückständen verseuchte Jauche. Das
Unternehmen hat nach eigenen Angaben 225 Hektar, um diese auszubringen.
„Das ist viel zu wenig“, sagt Martínez. Die Betreiber werden große Becken
für die Zwischenlagerung der Jauche errichten. „Wenn es stark regnet,
können diese überlaufen“, ist sie sich sicher.
Die Bürgermeisterin befürchtet, dass das gesamte Grundwasser der Gegend und
damit der Guadiana Menor, der wiederum den Guadalquivir und damit die
Wasserversorgung der andalusischen Hauptstadt Sevilla speist, verseucht
wird.
Marco und Janet Kriener werden regelrecht in diese Jaucheseen schauen.
Weniger als 500 Meter trennen das Anwesen der deutschen Familie mit einer
12-jährigen Tochter von der künftigen Mastanlage. „Unser Paradies“, sagt
Marco Kriener und berichtet stolz, was sie in 15 Jahren aufgebaut haben.
Sie leben vom Anbau von Biogemüse und Gelegenheitsjobs. „Das Trinkwasser
kommt aus Quellen. Der Boden ist unbelastet“, sagt Marco Kriener. Es ist
das einfache, ländliche und vegane Leben, das das Paar aus Unterfranken
gesucht und hier in Andalusien gefunden hat. „Wenn sie ihre Pläne umsetzen,
müssen wir gehen“, sagt Kriener.
1 Apr 2019
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Schweinemast
Protest
Landwirtschaft
Lesestück Recherche und Reportage
Tierquälerei
Massentierhaltung
Landwirtschaft
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