# taz.de -- Wisente in Deutschland: Wildrinder künftig weniger wild | |
> Die Wisentherde in NRW wird eingezäunt. Für Artenschützer ist das eine | |
> Übergangslösung. Andere hoffen, dass es dabei bleibt. | |
Bild: Die sich sonnende Wisentherde kurz nach Start des umstrittenen Auswilderu… | |
Die [1][wilden Wisente in Nordrhein-Westfalen] werden erst einmal | |
eingezäunt. Das hat die Koordinierungsgruppe des Projekts aus Behörden, | |
Waldbauern und Artenschützern am Mittwochabend auf einem Treffen in Siegen | |
beschlossen. Demnach sollen die rund 20 Wisente mit gezielter Fütterung in | |
ein 1.500 Hektar großes Gebiet gelockt werden, das mit einem Zaun umgeben | |
wird. Dieser soll für Tierarten wie Hirsche oder Wildschweine durchlässig | |
sein, für die bis zu 1,90 Meter großen Wildrinder aber nicht. [2][Seit 2013 | |
streifen sie im Rahmen eines Auswilderungsprojektes durch das | |
Rothaargebirge]. Künftig sollen sie sich ausschließlich in NRW-Landeswald | |
aufhalten. | |
Der Kreis Siegen-Wittgenstein bezeichnet den Zaun als „Übergangslösung“ f… | |
die nächsten drei bis fünf Jahre, in denen das Land NRW ein | |
wissenschaftliches Gutachten über das Freisetzungsprojekt erstellen lässt. | |
Auf dessen Basis soll dann über die Zukunft der Wildrinder entschieden | |
werden. An dem Treffen hatte extra NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser | |
(CDU) teilgenommen, um mit ihrem Vorschlag den lange schwelenden Konflikt | |
um die Wisente zu lösen. Er beschäftigt seit Jahren verschiedene Gerichte; | |
derzeit laufen Verfahren am Verwaltungsgericht Arnsberg und am Karlsruher | |
Bundesgerichtshof. | |
Kern des Streits ist, ob die Wittgensteiner und Sauerländer Waldbauern es | |
dulden müssen, dass freie Wisente ihre Buchenbestände anfressen. Zwar | |
werden die Waldbesitzer insgesamt aus einem Fonds mit jährlich bis zu | |
50.000 Euro entschädigt; doch „wir wollen dieses Geld nicht“, sagt Lucas | |
von Fürstenberg von der Interessengemeinschaft „Pro Wald“ aus dem | |
sauerländischen Schmallenberg. Die Entschädigungszahlungen berücksichtigen | |
nicht die langfristigen Folgen, die die Tiere an den wertvollen Buchen | |
hinterließen. Von Fürstenberg lobt den Vorschlag; wichtig sei, dass „die | |
Tiere nun dauerhaft hinter dem Zaun bleiben und nicht nach den nächsten | |
Landtagswahlen oder in zwei Jahren wieder rausdürfen“. | |
Genau das Gegenteil verspricht sich der Trägerverein des Projektes. „Wir | |
stimmen der Lösung zu, doch der Prozess muss ergebnisoffen bleiben“, sagt | |
Michael Emmrich von der Wisent-Welt Wittgenstein. Erst in drei bis fünf | |
Jahren müsse entschieden werden, ob die Tiere wieder freigelassen werden | |
oder ob das Projekt beendet werde. „Langfristig wollen wir hier kein | |
Gatterprojekt“, sagt Emmrich. | |
Diana Pretzell, Leiterin Biodiversitätspolitik beim WWF, hält den Zaun | |
zwar für misslich, zunächst einmal aber für sinnvoll, um die Lage zu | |
beruhigen. „Aus Sicht der Tiere wird jetzt schnell eine größere Fläche | |
nötig“, sagt Pretzell, „die gibt die Landschaft dort auch her.“ In der | |
Wildnis benötige eine Wisentherde je nach Geländebeschaffenheit 5.000- bis | |
7.000 Hektar Platz. Die Rinder in NRW müssten also zugefüttert werden. | |
Besser als ein Zaun sei ein gutes Management der Herde, sagt die | |
Artenschützerin. So zeigten Erfahrungen mit Wisenten in Polen, dass die | |
Tiere mittels GPS-Sendern überwacht und notfalls durch Rufe oder | |
Gummigeschosse vergrämt, also verscheucht werden könnten, wenn sie | |
unerwünschte Gebiete betreten. „Natürlich können Wisente auch in | |
Gefangenschaft leben“, sagt Pretzell, „aber das Ziel des Projekts war ein | |
anderes.“ Zu zeigen, dass für die großen Wildtiere mitten in Deutschland | |
Platz sein kann. | |
29 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Prozess-zu-europaeischen-Bisons/!5551200/ | |
[2] /Wisente-im-Rothaargebirge-freigelassen/!5069605/ | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
## TAGS | |
Wisent | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
Wildnis | |
Biodiversität | |
Artgerechte Tierhaltung | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Wisent | |
Wisent | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
Bundesamt für Naturschutz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wisente in Nordrhein-Westfalen: Eine Herde hinter Gittern | |
Letzte Eskalation eines langen Streits: Der Umweltverband BUND will den | |
Kreis Siegen-Wittgenstein verklagen. Er hat freie Wisente eingesperrt. | |
Veterinäramt beendet Weideprojekt: Tote Kälber und offene Fragen | |
Ein Nabu-Weideprojekt steht in der Kritik. Zwei Kälber sind tot, aufgrund | |
unglücklicher Umstände, sagt der Nabu. Der Landkreis Leer sieht das anders. | |
Wildtiere im Rothaargebirge: Ein 900 Kilo schweres Problem | |
Im Sauerland gibt es wilde Wisente. Die Region vermarktet sie als | |
Attraktion, zugleich knabbern sie Bäume an. Ein Ortsbesuch. | |
Wisente in Nordrhein-Westfalen: Waldbauern müssen duldsam sein | |
Freilaufende Wildrinder mindern den Wert von Buchenwäldern. Der | |
Bundesgerichtshof gibt nun einer Herde in NRW eine Chance. | |
Wisente vor Gericht: Ordnung im deutschen Wald! | |
Wir erwarten, dass anderswo Tiger, Krokodile und Elefanten gefälligst | |
geschützt werden, streiten aber über ein paar Wisente in Deutschland. Irre. | |
Artenschutzprojekt in NRW: Zwei Experten, drei Meinungen | |
Die Wisente im Rothaargebirge dürfen frei bleiben – erstmal. Der | |
Endlos-Rechtsstreit geht wohl in die nächste Runde. | |
Bedrohte Arten in Deutschland: Multikulti auf absterbendem Ast | |
Die Biodiversität in Deutschland ist stark gefährdet. Ein Drittel aller | |
Tier- und Pflanzenarten ist bedroht. Aber es gibt auch positive | |
Entwicklungen. |