# taz.de -- Wisente in Nordrhein-Westfalen: Waldbauern müssen duldsam sein | |
> Freilaufende Wildrinder mindern den Wert von Buchenwäldern. Der | |
> Bundesgerichtshof gibt nun einer Herde in NRW eine Chance. | |
Bild: Rinde knabbernde Wisente sind bei Forstwirten nicht gern gesehen | |
Einsperren, freilassen, einsperren, freilassen – das [1][Hin und Her um die | |
Wisentherde in Wittgenstein im Rothaargebirge] geht in eine neue Runde. Die | |
Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom Frühjahr, die Rinder müssten | |
hinter Gatter, um den Buchenforst der ansässigen Waldbauern zu schützen, | |
hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe nun kassiert. | |
Die obersten Zivilrichter halten es für denkbar, dass die Waldbesitzer | |
ihren Widerstand gegen das Artenschutzprojekt aufgeben müssen. Sie könnten | |
zur Duldung der lange ausgerotteten Wildrinder verpflichtet sein, | |
entschieden sie am Freitag. Die Tierschutzorganisation WWF Deutschland | |
begrüßte, dass mit dem Urteil des BGH „weiteren Projekten zur | |
Wiederansiedlung bedrohter heimischer Tierarten höchstrichterlich keine | |
Grenzen gesetzt“ werden. | |
Nun liegt das Verfahren wieder in Hamm. Das Oberlandesgericht dort müsse | |
wohl einen Gutachter bestellen, sagt Michael Emmrich, Sprecher des | |
Trägervereins „Wisent-Welt Wittgenstein“. Dieser müsse prüfen, ob die | |
Rinder für die Betriebe der Waldbauern existenzgefährdend seien – und | |
freilaufend somit nicht zumutbar. Die inzwischen mehr als 20 Tiere fressen | |
die Rinde der Buchen und mindern so deren Wert. Dafür werden die Bauern | |
zwar aus einem Fonds entschädigt, die Waldbesitzer halten das aber nicht | |
für sinnvoll, weil die langfristigen Folgen der Wertminderung der Forste | |
nicht berücksichtigt würden. | |
Während diese Frage von Sachverständigen untersucht werden muss, geht | |
gleichzeitig der politische Prozess einer „Befriedung“ der Situation | |
weiter. Moderiert vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium beraten die | |
Beteiligten darüber, wie sie die Rinder für drei bis fünf Jahre einzäunen | |
können. In dem naturschutzrechtlich sensiblen FFH-Gebiet keine triviale | |
Sache: Zu bauen sind kilometerlange Zäune, die von anderen Wildtieren wie | |
Hirschen, Rehen oder Wildschweinen passiert werden können. | |
Der Streit über die Wisente geht vor Gericht, in Arbeitsgruppen des | |
Ministeriums weiter. Allerdings: Die eigentliche Auseinandersetzung kommt | |
noch. Denn der gesamte Rechtsstreit – und damit auch das BGH-Urteil – | |
bezieht sich nur auf die sogenannte Erprobungsphase. Was danach passiert, | |
muss noch entschieden werden. Entweder werden die Wisente dann endgültig in | |
die Freiheit entlassen und für „herrenlos“ erklärt. Niemand wäre dann me… | |
für sie und ihr Tun verantwortlich – wie bei anderen Wildtieren, etwa | |
Kaninchen. Oder das Projekt wird für gescheitert erklärt. (mit dpa) | |
21 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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