| # taz.de -- Zum Tod von Okwui Enwezor: Ein Plädoyer für Vielfalt | |
| > Okwui Enwezor, der Afrika auf die Weltkarte der Kunst setzte und der | |
| > Documenta ihre erste postkoloniale Erfahrung bescherte, ist tot. | |
| Bild: Okwui Enwezor in seinem Antrittsjahr 2011 bei einer Pressekonferenz im Ha… | |
| Im Juni vergangenen Jahres erst legte er aus gesundheitlichen Gründen sein | |
| Amt als Leiter des Münchner Hauses der Kunst nieder. Am Freitag ist der | |
| weltweit einflussreiche und geachtete Kurator Okwui Enwezor im Alter von | |
| nur 55 Jahren gestorben. | |
| Enwezor, der 1963 in nigerianischen Calabar geboren wurde, zog 1982 nach | |
| New York, um dort Politikwissenschaft zu studieren. Doch dann kam er – was | |
| in New York leicht möglich ist – auf die Kunst und gründete 1993, zusammen | |
| mit Salah Hassan von der Cornell University und Chika Okeke-Agulu von der | |
| Princeton University, das dreimal jährlich erscheinende Magazin NKA: | |
| Journal of Contemporary African Art, mit dem er und seine Mitstreiter für | |
| Diversität im internationalen Kunstbetriebs argumentierten, den sie als | |
| viel zu stark auf Europa und die USA konzentriert sahen. | |
| Das Plädoyer für Vielfalt machte ihn für das International Center of | |
| Photography in New York interessant, das ihn als außerordentlichen Kurator | |
| bestellte. Nach der Leitung der zweiten Johannesburg Biennale in Südafrika | |
| 1996/97 wurde er zum Leiter der elften Documenta in Kassel berufen, die er | |
| in den Jahren 1998 bis 2002 gleich mal um sogenannte HUBs oder Plattformen | |
| in Afrika und Asien erweiterte. Damit war die Kunstschau in der hessischen | |
| Provinz am Ende einfach die Plattform 5. Und hatte ihre erste postkoloniale | |
| Documenta-Erfahrung gemacht. | |
| 2015 kuratierte Okwui Enwezor – als erster in Afrika geborener Kurator – | |
| die Hauptausstellung der 56. Biennale von Venedig, die mit gemischten | |
| Reaktionen aufgenommen wurde. Aufreger war unter anderem die Lesung von | |
| Karl Marx’ „Kapital“ im zentralen Pavillon in den Giardini über die | |
| Laufzeit der Kunstausstellung hinweg. | |
| Drei Jahre zuvor war er zum Leiter des Münchner Hauses der Kunst berufen | |
| worden, und die bayerische Metropole war zunächst stolz, einen so | |
| weltläufigen Mann des internationalen Kunstbetriebs in ihren Fängen zu | |
| haben. Das änderte sich mit der Zeit, als deutlich wurde, dass die | |
| Ausstellungen des immer überaus elegant gekleideten, attraktiven, aber auch | |
| etwas distanziert wirkenden Mannes durchweg anspruchsvoll und eben auch | |
| sperrig waren. | |
| Aber: Das Münchner Publikum verfolgte nun in Echtzeit im Haus der Kunst ein | |
| international ausgerichtetes Ausstellungskonzept der globalen Avantgarde. | |
| Den Ruf als Bühne für zeitgenössische Positionen aus aller Welt wollte man | |
| denn auch mit seiner Vertragsverlängerung im letzten Jahr verteidigen. | |
| Es hat nicht geklappt. Denn seitdem sich Okwui Enwezor aufgrund seiner | |
| schweren Erkrankung Mitte 2018 zurückzog, hat im Münchner Haus der Kunst | |
| hinsichtlich der Ausstellungspolitik wieder ein provinzielles Netzwerk | |
| alter Männer das Sagen. Die in der letzten Woche eröffneten und von Okwui | |
| Enwezor mitkuratierte Retrospektive des ghanaischen Künstlers El Anatsui im | |
| Haus der Kunst ist nun sein Vermächtnis. | |
| 15 Mar 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Brigitte Werneburg | |
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