# taz.de -- Strafbefehle gegen Flüchtlinge aufgehoben: Razzia in Ellwangen woh… | |
> Auch Wohnräume in Flüchtlingsunterkünften darf die Polizei nicht ohne | |
> Durchsuchungsbefehl betreten. So sieht es das Amtsgericht. | |
Bild: Zweifelhafte Rechtsgrundlage: Razzia in der Flüchtlingsunterkunft Ellwag… | |
BERLIN taz | Das Amtsgericht in Ellwangen hat vorerst Strafbefehle gegen | |
drei Flüchtlinge aus Nigeria aufgehoben. Die Männer sollten Geldstrafen in | |
Höhe von mindestens 70 Tagessätzen bezahlen, weil sie bei einer Razzia in | |
der Ellwanger Landeserstaufnahmestelle LEA Widerstand gegen Polizeibeamte | |
geleistet haben sollen. Rund 500 Polizisten hatten die Unterkunft in der | |
schwäbischen Kleinstadt am frühen Morgen des 3. Mai vergangenen Jahres | |
durchsucht, nachdem Heimbewohner kurz zuvor eine Abschiebung verhindert | |
hatten. [1][Die Aktion hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt]. | |
Im Fall der drei Nigerianer hat nun das Amtsgericht in Ellwangen Zweifel an | |
der Rechtmäßigkeit der Razzia insgesamt geäußert. Das berichtete zuerst die | |
Schwäbische Zeitung. Demnach ist das Gericht der Auffassung, dass die | |
Zimmer in der LEA grundgesetzlich geschützte Wohnungen und die Flüchtlinge | |
deren Wohnungsinhaber seien. | |
Demnach hätte es für die Razzia eines richterlichen | |
Durchsuchungsbeschlusses bedurft. Genau den hatte die Polizei aber nicht. | |
Das Gericht argumentierte nun, dass wenn die Durchsuchung nicht rechtmäßig | |
gewesen sei, die Angeklagten sich auch nicht strafbar gemacht hätten. Es | |
forderte laut Schwäbischer Zeitung die Staatsanwaltschaft zu weiteren | |
Ermittlungen auf. | |
Nach Angaben von Rex Osa vom Verein Flüchtlinge für Flüchtlinge in | |
Stuttgart waren mindestens zwei Männer an jenem Tag aus einem Fenster in | |
der Unterkunft gesprungen, statt sich der Polizei zu stellen. „Alle hatten | |
Panik, keiner wusste, wer da in ihre Räume kam und warum“, sagt Rex Osa. | |
Die Männer wurden nach der Razzia in andere Heime in Baden-Würtemberg | |
verteilt. | |
## Polizei hält Vorgehen für rechtens | |
Die Polizei wies die Auffassung des Gerichts zurück. Nach ihrer Überzeugung | |
sei die Razzia ohne Durchsuchungsbefehl rechtens gewesen. „Wir stützen | |
unsere Maßnahme auf das Polizeigesetz“, sagte der Sprecher des zuständigen | |
Präsidiums in Aalen, Robert Kreidler, der Schwäbischen Zeitung. Ein | |
richterlicher Durchsuchungsbeschluss sei nicht erforderlich gewesen. | |
„Eigentümer der Lea ist das Regierungspräsidium Stuttgart, und von dort gab | |
es Zustimmung zum Betreten und Durchsuchen“, so Kreidler. „Alles weitere | |
muss die Justiz entscheiden, das müssen wir abwarten.“ | |
Insgesamt haben nach diesem Tag nach Angaben von Osa rund 25 Flüchtlinge | |
Strafbefehle erhalten. Vier von ihnen haben Widerspruch eingelegt, in einem | |
Fall sei das Verfahren bereits am 24. Januar eingestellt worden. „Die | |
anderen haben teils bezahlt, weil sie Angst hatten, dass sie ansonsten | |
weitere Probleme bekommen.“ | |
Laut Osa sind am 30. Januar weitere Flüchtlinge im Zusammenhang mit den | |
Ereignissen des vergangenen Jahres in Untersuchungshaft genommen worden. | |
Sie sollen an der Verhinderung der Abschiebung eines Togoers am 30. April | |
2018 aus der LEA in Ellwangen beteiligt gewesen sein. Diese hatte die | |
Großrazzia vier Tage später ausgelöst.Es sei offensichtlich, dass die | |
Polizeirazzia keine rechtliche Grundlage hatte, sagt Osa. Die Prozesse | |
gegen die Flüchtlinge müssten eingestellt, die Inhaftierten freigelassen | |
werden. | |
14 Mar 2019 | |
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[1] /Urteile-gegen-Fluechtlinge-aus-Ellwangen/!5530218 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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