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# taz.de -- EU-Urheberrechtsreform: YouTube haftet für seine NutzerInnen
> Ein Kneipenvideo mit Hintergrundmusik? Das und vieles mehr könnte künftig
> dem Uploadfilter zum Opfer fallen, befürchten KritikerInnen.
Bild: Bisher lautete auf Youtube die Devise: Wo kein Kläger, da kein Richter
„Ein Desaster“ nennt Philipp Otto die [1][Entscheidung der EU für die
Urheberrechtsreform]. „Unternehmen müssen Filterpflichten erfüllen, die
unmöglich sind.“ Den Bürgern wiederum werden weniger digitale
Informationsquellen zur Verfügung stehen, glaubt Otto, Direktor des
Thinktanks iRights.Lab. „Die Urheber verlieren einen Großteil ihrer
Einnahmen an Großkonzerne.“ Die Richtlinie werde das Gegenteil dessen
bewirken, wofür sie gemacht ist.
Vor allem am sogenannten [2][Uploadfilter] scheiden sich die Geister. Die
Richtlinie vermeidet zwar dieses Wort, doch sie zwingt die Betreiber von
Plattformen wie Google und Facebook, jedes Mal sehr genau hinzusehen, wenn
ein Nutzer etwas einstellen will. Das betrifft Videos, die Leute auf
Facebook teilen ebenso wie Bilder auf Instagram oder Lieder auf
Musikplattformen.
Entscheidend dafür ist nicht etwa eine Änderung des Urheberrechts – das
bleibt in den Grundzügen, wie es war. Die EU-Richtlinie verlagert nun
jedoch die Verantwortung für seine Einhaltung vom Nutzer zu den
Plattformen. Google, Facebook und Co. sind künftig haftbar, wenn dort
Beiträge mit geschützten Inhalten erscheinen. Der Richtlinie zufolge können
sie zwar Lizenzen dafür erwerben. Die Befürchtung lautet jedoch, dass sie
stattdessen das Hochladen verweigern werden. Jede Sekunde erscheinen 2.000
neue Fotos auf Facebook – wer soll einzeln über die Verwaltung der Rechte
entscheiden?
Ein Beispiel: Ein Reisender schießt ein Foto, auf dem vor allem ein Plakat
zu sehen ist. Laut Richtlinie müsste Twitter die Rechte an dem Plakatmotiv
erwerben, bevor das Bild in der Timeline des Nutzers erscheinen kann.
Ähnlich verhält es sich mit einem Video, bei dem im Hintergrund ein
aktueller Song spielt – aufgenommen beispielsweise in einer Kneipe.
## Remixes und Filmschnipsel
Bisher hat Facebook solche Inhalte in der Regel akzeptiert und ist nur
aktiv geworden, falls die Komponistin konkret ihre Rechte angemeldet hat.
Künftig wird die Plattform möglicherweise einen Schnellabgleich
durchführen, den Song als geschützten Inhalt identifizieren und den Upload
verweigern.
Doch damit fangen die Unsicherheiten an. Die Klagen der jugendlichen
Internetnutzer betreffen vor allem die Weiterverarbeitung von Kulturgütern.
Dazu gehört beispielsweise die Nutzung von Schnipseln aus Spielfilmen, die
sie zur Betonung oder Kommentierung ihrer Aussagen in Videos schneiden.
Oder Musik-Remixes, die stellenweise Melodien vorhandener Songs aufgreifen.
Bisher gab es keinen Ankläger, wenn die Leute diese Inhalte geteilt haben.
Nach der Neuregelung müssten YouTube oder Soundcloud sicherstellen, dass
keine Rechte anderer betroffen sind, bevor der Beitrag irgendwo erscheint.
## Mobilisierung mit Hashtags
YouTube hat bisher schon einen Mechanismus, um das platte Weiterverbreiten
raubkopierter Filme und Songs zu verhindern. Wenn der Computer merkt, dass
der Nutzer ein Video hochladen will, das nur aus der sauberen Kopie eines
professionellen Inhalts besteht, dann verweigert das System schon heute die
Veröffentlichung. Klagen der Rechte-Inhaber gehen im Allgemeinen zu deren
Gunsten aus. Die EU-Richtlinie lässt jedoch keinen Raum für Zweifel und
nimmt YouTube sofort in Haftung.
Der nächste Meilenstein ist nun eine Sitzung des Europäischen Rats am 9.
April, bei der sich die Umsetzung der Richtlinie noch aufhalten ließe. Die
Netzgemeinde fordert jedenfalls eine Umkehr der deutschen Position. Bisher
hatte die Bundesregierung den jetzigen Gesetzestext unterstützt. Doch die
rasend schnelle Verbreitung von Hashtags wie #NieWiederCDU und #gehtWählen
in Hinblick auf die bevorstehende Europawahl könnte die Parteioberen
nachdenklich machen.
27 Mar 2019
## LINKS
[1] /Richtlinie-zum-Urheberrecht/!5582962
[2] /Protest-gegen-Uploadfilter/!5582669
## AUTOREN
Finn Mayer-Kuckuk
## TAGS
Schwerpunkt Urheberrecht
Uploadfilter
Youtube
Protest
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Europawahl
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VG Wort
EU-Urheberrechtsreform
Schwerpunkt Urheberrecht
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